Comic-ZensurSexsüchtige Hausfrau ist zu scharf für Indien
Sie ist eine durchschnittliche indische Hausfrau – die einfach nicht genug Sex bekommen kann. Ausserdem ist sie virtuell und seit neustem höchst verboten.
Savita Bhabhi heisst das kurvige Objekt der Begierde Millionen indischer Männer. Die Homepage der Cartoon-Figur ist so erfolgreich, dass sie inzwischen wichtige Websites wie zum Beispiel diejenige der indischen Börse Bseindia.com hinter sich gelassen hat.
Das Konzept ist pornografischer Standard: Eine vernachlässigte Hausfrau vertreibt sich die Langeweile mit Gelegenheitssex. Die erste Episode heisst «Bra Salesman» ('BH-Verkäufer') und enthält so gloriose Dialoge wie «'Dieser ist zu klein, er wird mir niemals passen!' – 'Probieren Sie ihn doch wenigstens. Er ist aus einem speziell elastischen Material.'» Wohin die Handlung führt, ist wohl offensichtlich.
Sexuelle Phantasie mit Sprengpotenzial
Doch bei den Zeichnungen handelt es sich nicht einfach nur um einen Fummel-Comic. Die sozialen Implikationen sind weitreichender: Die – bis anhin anonym bleibenden – Betreiber von Savitabhabhi.com experimentieren mit einem Mix aus traditionellen Werten und modernen Konzepten. Da wäre die Hauptfigur - eine verheiratete Frau, eindeutig erkennbar an der tiefrot gefärbten Haarscheitel und am goldenen Anhänger an ihrer Halskette. Ausserdem trägt sie das traditionelle Bindi auf ihrer Stirn und kleidet sich im Sari - wobei Letzteres gleich noch ihre üppige Formen bestens zur Geltung bringt.
Zum anderen ist sie als «Bhabhi» betitelt, was wörtlich übersetzt «Schwägerin» bedeutet, in der modernen indischen Gesellschaft aber sinngemäss als «Megaschuss» verstanden wird. Dabei bedienen einige Savita-Comics genau jene spezifisch indischen Inzest-Phantasien, die mit dem Konzept «Bhabhi» einhergehen: Sie stellen eine fast institutionalisierte sexuelle Phantasie dar, die vielleicht mit der «scharfen Lehrerin» in der westlichen Welt oder der «MILF» («Mom I'd like to F***») in den USA verglichen werden kann.
Die sexuelle Freizügigkeit der Cartoon-Figur Savita Bhabhi birgt aber auch Sprengpotenzial. Das Land, das der Welt das Kamasutra geschenkt hat, tut sich immer noch schwer im offenen Umgang mit Sexualität: Die indische Regierung hat deshalb jetzt Savitabhabhi.com verboten. Sämtliche indische Provider wurden vom Ministerium für Kommunikation und Informationstechnologie angewiesen, die Website zu sperren. Seit einer Woche ist nur ausserhalb des Subkontinents Zugriff möglich.
Rechtliche wie kulturelle Frage
«Wow! Indien steht nun in einer Reihe mit China, Iran, Nordkorea und ähnlichen Ländern, in denen das Internet zensiert wird», ereifert sich zum Beispiel Künstler und Autor Sarnath Banerjee, der gewöhnlich gar nichts mit Pornografie am Hut hat. In der Tat könnte das indische Gesetzbuch die Rettung für die unersättliche Savita sein: Laut Pawan Duggal, Experte für Internet-Recht am indischen Bundesgericht, können die Website-Betreiber argumentieren, der Inhalt der Site sei ein Ausdruck ihrer individuellen Ideen und als solche nicht unzüchtig. Zudem: Weshalb wurde ausgerechnet Savitabhabhi.com gesperrt, etliche Porno-Sites aber unbehelligt gelassen?
«Es ist eine sowohl rechtliche wie kulturelle Frage», führt Duggal aus. «Die Gerichte werden entscheiden müssen, ob Savitabhabhi eine unzüchtige Site ist oder nicht. Das Kamasutra und die Skulpturen von Khajuraho sind viel eindeutiger, gelten aber nicht als obszön. Die Betreiber haben hier also einen Punkt.»
Bisher lässt die juristische Begründung für die Sperrung der Website auf sich warten. Derweil rufen Millionen indischer Savita-Bhabhi-Fans die Website unter einem Proxy-Server auf. Andere, wie die Betreiber von SaveSavita.com, bemühen sich aktiv darum, dass die frivole indische Hausfrau Recht bekommt – und dann auch ihren Namen reinwaschen kann.