Appellationsgericht BSSie biss ihm in den Penis, und er wurde verurteilt – nun kippt das Verdikt
Ein Schweizer Geschäftsmann wollte die Beziehung mit einer ehemaligen chinesischen Sexarbeiterin beenden. Trotzdem kam es noch zu sexuellen Handlungen zwischen den beiden, wobei sie ihm ins Glied biss. Daraufhin beschuldigte sie ihn der Vergewaltigung und bekam in erster Instanz recht. Das Urteil hielt vor dem Appellationsgericht nicht stand.
Darum gehts
Am 15. Januar 2019 wurde ein Schweizer wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung vom Strafgericht Basel-Stadt schuldig gesprochen und zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt. Ihm wurde vorgeworfen, in der damals noch gemeinsamen Wohnung Sex mit seiner Ex-Partnerin gegen ihren Willen gehabt zu haben. Am Morgen danach soll er die Chinesin, die er wahrscheinlich in einem Sexbetrieb kennen lernte, auch zum Oralverkehr gezwungen haben. Dagegen habe sie sich gewehrt und sich durch einen Biss in seinen Penis schliesslich befreit.
Der Anwalt des Mannes hat das Urteil aber angefochten und in zweiter Instanz gewonnen. Das Appellationsgericht sprach den Mann kostenlos – und inzwischen rechtskräftig – frei. Ausser den Bisswunden am Penis des Mannes und leichten Verletzungen im Gesicht der Frau gab es keine Beweise für die Tat. Das ist bei Sexualdelikten nicht ungewöhnlich, wie im schriftlichen Urteil festgehalten wird. Somit mussten beide Instanzen ihr Urteil anhand der Glaubwürdigkeit des Paares treffen. Während das Strafgericht auf die Aussagen der Frau abstellte, hatte das Appellationsgericht zu viele Zweifel, um eine Verurteilung zu rechtfertigen.
Zweifel an Hergang und Motivation
Zum einen erachtet das Gericht den Vorgang des erzwungenen Oralverkehrs als «eigentümlich unrealistisch» und «praktisch unplausibel», wie der schriftlichen Urteilsbegründung zu entnehmen ist. So wie die Frau die Ereignisse beschrieben habe, sei es unwahrscheinlich, dass der Mann die Tat so habe vollbringen können. Auch sei es unwahrscheinlich, dass er seinen Penis wissentlich und «ohne Verhinderungsmöglichkeit» der Gefahr eines Bisses ausgesetzt hätte.
Auch die Beziehungsdynamik zwischen den beiden plausibilisiere eine Gewalteskalation nicht. Das Gericht erachtet es als denkbar, dass die Frau an der Beziehung festhalten wollte, um ihren Aufenthaltsstatus in der Schweiz zu stärken. Es könne nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden, dass es nicht sie gewesen sei, die die sexuellen Handlungen initiierte, um den Mann an sich zu binden. Als er nur ambivalent darauf eingegangen sei, könnte sie das als Kränkung empfunden und zugebissen haben. Weil diese Zweifel nicht ausgeräumt werden könnten, käme es zum Freispruch.
Weiter wurden dem Mann eine Genugtuung von 2000 Franken für zehn Tage Untersuchungshaft sowie 1500 Franken Erwerbsausfallentschädigung zugesprochen.