Todesfall«Sie war eine Pionierin, wenn es um den Einsatz für Frauenrechte ging»
Die Partei «Die Mitte» trauert – in einem Tweet geben sie den Tod der ehemaligen Luzerner Nationalrätin Judith Stamm bekannt. Stamm verstarb im Alter von 88 Jahren und war bis ins hohe Alter politisch engagiert.
Darum gehts
«Die Mitte Kanton Luzern verneigt sich vor dem Tatendrang dieser unglaublich engagierten Person zugunsten unserer Gesellschaft! Sie war ein Vorbild für viele Politiker/-innen», schreibt die Mitte Kanton Luzern über Twitter am Mittwochabend.
Judith Stamm ist auch heute noch für viele Politikerinnen und Politiker ein Vorbild. «Eine Vorkämpferin für Frauenrechte und Wegbereiterin für viele nachfolgende Politikerinnen ist nicht mehr. Auch ich bin eine davon. Danke Judith Stamm für deinen beherzten Einsatz», schreibt etwa Maya Graf, Ständerätin BL (Grüne Partei).
Stamms Tod kommt für viele überraschend. Trat sie in den letzten Jahren doch immer wieder medial in Erscheinung und äusserte ihre Meinung zu politischen Entwicklungen und der Stellung der Frauen in der Schweiz.
«Auch in der Partei war sie bis zuletzt hochgeschätzt und wurde oft um Rat gefragt», sagt eine Parteikollegin auf Anfrage, die namentlich nicht erwähnt werden möchte. Parteipräsident Gerhard Pfister war am Donnerstag für eine Stellungnahme telefonisch nicht zu erreichen.
Persönlichkeit der Gleichstellung
Die 1934 in Schaffhausen geborene Stamm gilt als Pionierin des Schweizer Frauenrechts. Nicht nur politisch, auch beruflich und persönlich war sie eine Vorreiterin. Sie war die erste Polizeiassistentin der Luzerner Kriminalpolizei und zog, kurz nachdem im Jahre 1970 das Frauenstimmrecht im Kanton Luzern eingeführt wurde, für die CVP in den damaligen Luzerner Grossen Rat, den heutigen Kantonsrat. 1983 schaffte sie den Sprung in den Nationalrat, wo sie 1996 zur Nationalratspräsidentin und somit zur höchsten Schweizerin gewählt wurde.
«Die Frauen sind aber keine Minderheit, sondern eine Mehrheit!»
Zu ihren grössten Verdiensten zählt die Gründung des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann. Die promovierte Juristin war von 1989 bis 1996 Präsidentin der Eidgenössischen Kommission für Frauenfragen und kämpfte lautstark für die Emanzipation der Frauen. Während der 16 Jahre im Nationalrat kämpfte Stamm mit vollem Engagement für die Rechte der Frauen und setzte sich für Themen wie Gleichstellungsartikel und die Fristenlösung bei Schwangerschaftsabbrüchen ein.
Auch nach ihrer politischen Karriere trat sie in Bezug auf Gleichstellungsfragen immer wieder medial in Erscheinung. «Die Frauen sind aber keine Minderheit, sondern eine Mehrheit! Politisch wurden sie bisher häufig als Minderheit behandelt», schreibt Judith Stamm 2018 in ihrer Kolumne auf Luzern60plus.
Bis ins hohe Alter aktiv
Bis zuletzt hielt Judith Stamm Referate und schrieb Kolumnen zu verschiedenen Themen. Erst Anfang Jahr verfasste sie eine Kolumne zu Sterbe- oder Lebensbegleitung.
«Eine lange Lebenszeit bringt unweigerlich immer wieder Begegnungen mit dem Ende des Lebens mit sich.»
In der Kolumne kritisiert sie unter anderem die Sterbebegleitung von alten Menschen, die niemanden mehr an ihrer Seite haben. Anstatt Sterbebegleitung wünscht sie sich mehr Lebensbegleitung. Sie schreibt: «Da lag oft noch eine freudlose Lebensstrecke vor ihnen, die sie allein gehen mussten. Wenn sie dann am Sterben sind, dann kommt ihr rasch und wollt noch ‹begleiten› und euch dabei gut fühlen.» Ihre Botschaft an die Sterbebegleitung lautet daher: «Ihr müsstet früher kommen.»
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