Klima-Experte: Skifahren geht irgendwann nicht mehr

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Klima-Experte warntHohe Temperaturen, wenig Schnee – haben Skirennen noch eine Zukunft?

Schlechte Wetterbedingungen sorgen im Skizirkus für eine Rennabsage nach der anderen. 20 Minuten hat mit einem Klimaexperten und der FIS über die klimatechnischen Herausforderungen gesprochen.

Am Matterhorn hätten Ende Oktober erstmals Weltcuprennen stattfinden sollen.
Wegen Schneemangels mussten aber alle vier Rennen abgesagt werden.
Auch die Parallel-Wettbewerbe in Lech/Zürs fallen wegen der zu hohen Temperaturen ins Wasser.
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Am Matterhorn hätten Ende Oktober erstmals Weltcuprennen stattfinden sollen.

Matterhorn/Cervino

Darum gehts

«In vielleicht 40 Jahren werden wir nicht mehr Ski fahren», äusserte Ski-Superstar Mikaela Shiffrin schon vor knapp drei Jahren ihre Bedenken über den Klimawandel und seine Folgen für den Skisport. In der aktuellen Saison mussten nun in der Tat bereits mehrere Rennen wegen zu hoher Temperaturen oder zu wenig Schnee abgesagt werden.

Von den bislang acht angesetzten Rennen konnte bloss der Männer-Riesenslalom in Sölden durchgeführt werden. Der Frauen-Riesen in Sölden fiel den klimatischen Bedingungen ebenso zum Opfer wie die Doppel-Abfahrten der Männer und der Frauen in Zermatt/Cervinia. Auch bei den am kommenden Wochenende angesetzt gewesenen Parallel-Wettbewerben in Lech/Zürs sorgen zu hohe Temperaturen für eine vorzeitige Rennabsage.

FIS sieht keine Probleme

Wieviel Sinn ergibt es daher noch Skirennen im Spätherbst anzusetzen? Bei der FIS stellt man sich diese Sinnfrage offenbar nicht. «Wir mussten in der Vergangenheit selten Veranstaltungen zu Beginn der Saison absagen», heisst es vom Ski-Weltverband gegenüber 20 Minuten. Die FIS erklärt, sie arbeite daran, mit Lösungen wie Snowfarming und effizienten Beschneiungssystemen sicherzustellen, dass die Rennen weiter stattfinden können.

«Die FIS glaubt fest an die Zukunft des Skifahrens», zeigt sich der Verband guten Mutes und lässt verlauten, dass man als Wintersportart im Freien viel Erfahrung im Umgang mit wechselhaften Wetterbedingungen habe und jene akzeptiere als Teil der Durchführung von Winterveranstaltungen.

Klimaexperte warnt vor Risiken

Nicht ganz so optimistisch sieht Reto Knutti das Ganze. «Es war dieses Jahr ein ausserordentlich warmer Oktober», erklärt der Klimaexperte im Gespräch mit 20 Minuten und fügt an, dass durch die Klimaerwärmung häufiger Rennen abgesagt werden müssten. «Irgendwann ist es dann nicht mehr nur Pech, sondern das Ignorieren der Fakten», so der Klimatologe.

Man müsse sich überlegen, ob man weiter Risiken eingehen wolle und die Rennen nicht lieber in höher gelegenen Gebieten im Dezember oder später durchführen wolle, meint Knutti und findet: «Wenn man das Gefühl hat, im Oktober Ski fahren zu müssen, wird das irgendwann nicht mehr funktionieren.»

Der Professor für Klimaphysik an der ETH Zürich erläutert, bei der Ski-Industrie und bei den Bergbahnen habe man manchmal das Gefühl, man könne Probleme mit genügend Geld und Technologien lösen, indem man noch mehr beschneie. Er hält aber fest, dass dies bloss kurzfristige Entlastung bringen könne. «Gegen die Physik kann man nicht argumentieren. Wenn es zu warm ist, ist es einfach zu warm», so Knutti.

Keine Nervosität bei den Lauberhornrennen 

Die Botschaft sei noch nicht überall angekommen, dass die «Natur einfach stärker ist», urteilt der Klima-Experte und weiter: «Man kann punktuell die Gletscher beschneien oder mit Folien abdecken, aber das ist bloss Kosmetik. Das wird in ein paar Jahren nicht mehr funktionieren.» Dass der Mensch gegen die Grenzen der Natur nicht ankommen könne, meinte vor einigen Wochen auch Zermatts OK-Präsident Franz Julen, nach der Absage seiner Rennen.

«Wir sind uns gewöhnt daran, nicht gegen das Wetter, sondern mit dem Wetter zu arbeiten», heisst es derweil bei den Lauberhornrennen, wie Mediensprecher Christoph Leibundgut auf Anfrage erklärt. Zurzeit sei zwar auch in Wengen noch alles grün, aber es gehe schliesslich auch noch über zwei Monate bis zu den Rennen. «Das ist für uns noch kein Grund, um nervös zu werden. Das war in früheren Jahren auch schon so».

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