«Snus ist eine Einstiegsdroge»

Aktualisiert

Umstrittene Snus-Legalisierung«Snus ist eine Einstiegsdroge»

Der Marktanteil von Snus wächst rasant. Nun soll der Mundtabak legalisiert werden. Die Tabakindustrie freuts, Suchtfachleute halten wenig davon.

von
sul
Der Konsum von Tabakersatz-Produkten hat sich in den letzten Jahren verdreifacht.
Noch 2013 hatten lediglich 1,6 Prozent der Jugendlichen solche konsumiert. 2018 waren es 5,1%.
Vor allem der schwedische Lutschtabak findet immer mehr junge Anhänger. «Im Gegensatz zum Schnupftabak ist Snus nicht nur in ländlichen Gebieten, sondern auch in Agglo-Gemeinden stark verbreitet», sagt Markus Wildermuth, Leiter Workshops vom Blauen Kreuz.
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Der Konsum von Tabakersatz-Produkten hat sich in den letzten Jahren verdreifacht.

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Snusen boomt: Zwischen 2013 und 2018 hat sich der Konsum des Lutschtabaks bei Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren verdreifacht, wie Befragungen des blauen Kreuzes Bern–Solothurn–Freiburg aus den entsprechenden Jahren zeigen. Aktuell liegt der Anteil von Snus am gesamten Schweizer Tabakmarkt bei zwei Prozent, in den letzten beiden Jahren ist er um je 40 Prozent gewachsen. «Wir rechnen damit, dass dieser Trend sich weiterhin fortsetzt», sagt Benjamin Petrzilka, Sprecher von British American Tobacco Switzerland (BAT).

Eigentlich ist der Mundtabak in der Schweiz verboten, erlaubt sind jedoch Produkte «zum Lutschen in lehmartiger Form». Das führt dazu, dass lehmartiger Snus aktuell vertrieben werden darf, der schwedische Original-Snus in Pulverform dagegen nicht. Das dürfte sich aber bald ändern: Das neue Tabakproduktegesetz sieht vor, Snus zu legalisieren.

«Weniger schädlich als Zigaretten»

Von Befürwortern wird der Mundtabak als gute Alternative zum herkömmlichen Rauchen angepriesen. «Snus ist zum einen weniger schädlich als Zigaretten, zum anderen kann man es immer und überall konsumieren, ohne jemanden zu stören», sagt Petrzilka. Auch kenne er viele Fälle, bei denen Leute von den Glimmstängeln auf Lutschtabak umgestiegen seien.

Die gesundheitlichen Risiken von Snus stellt BAT Schweiz nicht in Abrede. Daher sei man auch der Überzeugung, dass solche Produkte nur an Volljährige abgegeben werden sollten, so Petrzilka weiter. Ausserdem richte BAT das Marketing zu seinem weissen Epok-Snus «ausschliesslich an bestehende Raucher».

Wie der Tabakgigant ist auch SVP-Nationalrat Lukas Reimann für die Legalisierung des Snus-Verkaufs. Der Politiker lancierte bereits 2013 einen entsprechenden Vorstoss im Parlament. Er sei überzeugt, dass der Oraltabak ein «erfolgreiches Mittel» sei, um der Zigarette abzuschwören. Ebenso falle der Faktor Passivrauch weg. «Es wäre völlig inkohärent, Snus zu verbieten und gleichzeitig schädlichere Produkte weiterhin zuzulassen», sagt Reimann.

Snus als Rauchstopp-Hilfe fraglich

Suchtfachleute stehen der Legalisierung dagegen kritisch gegenüber. «Snus ist ein schädliches Produkt mit krebserregenden Stoffen und negativen Auswirkungen auf Mundgesundheit und Kreislaufsystem», sagt Verena El Fehri, Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft Tabakprä­ven­tion Schweiz. Gerade die Schäden am Zahnfleisch seien «enorm».

Raucher konsumierten zwar ein weniger schädliches Produkt, wenn sie auf den Lutschtabak umsteigen würden, räumt die Tabakpräventionsspezialistin ein. Allerdings seien ihr keinerlei Studien bekannt, die zeigen würden, dass Snus als Rauchstopp-Hilfe tauge.

Auch Lungenarzt Otto Brändli, Präsident der Schweize­rischen Lungenstiftung, bezeichnet das Argument als «Ausrede». Er kenne zwar Raucher, die ihren Zigaretten-Konsum mithilfe von E-Zigaretten hätten verringern können. «Aussteiger sind mir aber keine bekannt.» Weiter habe eine Studie zwar ergeben, dass Menschen mittels E-Zigaretten mit dem Rauchen aufhören könnten. Allerdings würden 90 Prozent das Nikotin weiterhin aus dem Ersatzprodukt beziehen.

«Snus ist eine Einstiegsdroge»

Die starke Abhängigkeit, die Snus verursachen kann, bereitet Brändli am meisten Kopfzerbrechen: «Sie erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Jugendliche später mit dem Rauchen anfangen. Snus ist eine Einstiegsdroge.»

El Fehri stösst sich zudem an den fehlenden Werbebeschränkungen für Tabakprodukte. Geschäfte und Kioske, die Tabak verkaufen würden, seien «die grösste Werbefläche überhaupt». Nach einer Legalisierung, so El Fehri, könnten die Snus-Produkte noch prominenter ausgestellt, Kinder und Jugendliche noch einfacher angesprochen werden. Ihre Befürchtung: «Die Zahl der Snuser wird weiter steigen, während der Raucher-Anteil unverändert bleibt.»

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