60 MilliardenSo finanzieren die Pensionskassen laut Greenpeace die Zerstörung des Waldes
Pensionskassen beteiligen sich an der Zerstörung der Wälder, anstatt die Lebensgrundlagen für die Versicherten zu erhalten, sagt Greenpeace. Die Pensionskassen wehren sich.
Darum gehts
Pensionskassen haben gemäss Greenpeace Schweiz mindestens 60 Milliarden Franken in Aktien von Firmen investiert, die für die Abholzung von tropischen Wäldern mitverantwortlich sind. In den Unternehmen stecken damit laut der Umweltschutzorganisation rund fünf Prozent der gesamten Vorsorgegelder der Schweiz.
Greenpeace hat die Pensionskassen nun dazu aufgefordert, bis Mitte 2023 eine Nachhaltigkeitsstrategie vorzulegen. Diese müsse zur Erreichung der Klimaziele beitragen sowie die Wiederherstellung der Artenvielfalt und den Schutz der Wälder gewährleisten.
4,4 Millionen Versicherte
Die Waldzerstörung sei eine existenzielle Gefahr, sagt Peter Haberstich, Klimaexperte von Greenpeace: Wald sei Lebensraum, Nahrungsquelle und helfe gegen die Klimaerwärmung. Firmen roden ihn trotzdem, für Ölpalm-, Soja- und Kaffeeplantagen, die Rinderzucht, für Holz und Papier sowie für Eisenerz, Gold, Öl und Gas.
Lebensgrundlage erhalten statt zerstören
Dazu zählen Rohstoffhändler, Online-Versandhändler und Fleischverarbeiter und -produzenten. Die Aktie von Amazon kostete 1997 zum Beispiel 18 Dollar, nun sind es rund 128 Dollar. In solche Aktien investieren auch die Schweizer Pensionskassen. Sie seien darum mitschuldig an der Entwaldung von tropischen Wäldern wie den Regenwäldern in Südamerika, Afrika und Asien, sagt Greenpeace.
Statt nachhaltig vorzusorgen, beteiligten sich die Kassen an der Zerstörung der Wälder und damit unserer Lebensgrundlagen. Dabei sollten sie die Firmen dazu drängen, die Wälder aufzuforsten statt zu zerstören. «Die Vorsorgeeinrichtungen müssen zu Klimaaktivistinnen werden», fordert Haberstich.
Investitionen mit Abholzungsrisiko
Genauer schaute sich Greenpeace die Kassen von Swisscom, TX Group (Eigner von 20 Minuten), Manor und Coop an, wie auch die der Städte Bern und St. Gallen. Greenpeace untersuchte zudem die Kasse der Post, von Gastrosocial und die Basellandschaftliche Pensionskasse. Die letzten drei hätten über eine halbe Milliarde Franken in Firmen mit hohem Abholzungsrisiko investiert.
Greenpeace kritisiert, dass Pensionskassen ihre Rechte als Aktionäre kaum nutzen und fast keinen Druck auf die Unternehmen ausüben, um die Waldvernichtung zu stoppen. Die Pensionskassen der Städte St. Gallen und Bern machten das zwar, aber bloss in Ansätzen, sagt Greenpeace. Dabei sollte das Ziel der Kassen eigentlich sein, mit der beruflichen Vorsorge der Versicherten die Lebensgrundlagen zu erhalten, so der Verband.
Swisscom und Post wehren sich
Die Pensionskasse Complan von Swisscom gibt auf ihrer Website an, bei ihren Investments Klimarisiken zu berücksichtigen. Man investiere das Vorsorgevermögen sorgfältig, verantwortungsbewusst und mit Weitsicht und achte dabei auch auf Kriterien aus den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung.
«Mit Unternehmen im Anlageuniversum, welche diese Kriterien schwerwiegend und systematisch verletzen, suchen wir den Dialog», heisst es auf der Website. «Bleibt dieser erfolglos, wird das Unternehmen auf die Ausschlussliste gesetzt.» Man halte sich zudem an die Schweizerischen Gesetze und sei Gründungsmitglied des Schweizer Vereins für verantwortungsbewusste Kapitalanlagen, sagt Complan.
Die Post sagt auf Anfrage der Redaktion, dass ihr Nachhaltigkeit wichtig sei. «Wir wollen dem Klimawandel konsequent entgegentreten und haben deshalb die Klima- und Energieziele des Konzerns verschärft», heisst es in einer E-Mail. Diese Ziele treibe man auf allen Ebenen voran. Den Greenpeace-Bericht werde man genau anschauen und das Gespräch mit der Pensionskasse der Post suchen, um die Angelegenheit zu prüfen.
Es gibt Alternativen
Greenpeace empfiehlt, dass die Kassen ihre Portfolios nach dem Grundsatz der Nachhaltigkeit ausrichten und Direktinvestitionen in erneuerbare Energien und eine nachhaltige Land- und Forstwirtschaft tätigen. Sie sollten zudem Firmen bevorzugen, die keine problematischen Rohstoffe in ihren Lieferketten aufweisen.
Einige Kassen verfolgen im Ansatz eine passive Anlagestrategie. Das bedeutet, dass das Portfolio möglichst exakt einem Vergleichsindex entspricht. Es sei einfacher und kostengünstiger, sich beispielsweise via Exchange Traded Funds (ETF) oder Indexfonds in einen Aktienindex wie den S&P500 einzukaufen, als ein individuelles Portfolio zusammenzustellen, sagt Matthias Geissbühler, Investment-Chef von Raiffeisen Schweiz. Der S&P 500 bildet die 500 grössten US-börsenkotierten Firmen ab.
«Viele Pensionskassen können oder wollen diesen Aufwand nicht betreiben und kaufen sich in einen breiten Index ein, in dem es solche Umweltsünder gibt», so Geissbühler. Allerdings gebe es immer mehr Aktienindizes, die Kriterien bezüglich Umwelt, Soziales und verantwortungsvoller Unternehmensführung berücksichtigen. «Deshalb ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Pensionskassen mehr in solche Alternativen investieren», sagt Geissbühler.
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