«So jemand gehört bestraft»

Aktualisiert

Vermeintlich gehörloser Bettler«So jemand gehört bestraft»

Auf dem Weg nach St. Gallen filmte ein Passagier vermeintlich gehörlose Bettler, die um Spenden baten. Für den Mann, der selbst gehörlos ist, eine Sauerei.

von
juu

Murat Kellecioglu wurde im Zug von Rorschach nach St.Gallen von Bettlern zum Spenden aufgefordert. Zwei jungen Männer gaben sich als gehörlos aus und baten um einen Geldbetrag. Dieser solle dem Bau eines Zentrums für behinderte und gehörlose Kinder zu Gute kommen. Mit einem Klemmbrett in der Hand gingen die beiden auf mehrere Passagiere zu. So auch auf Kellecioglu, der die Szenen auf Video festhält.

Für den Mann, der selbst gehörlos ist, eine Frechheit: «So jemand gehört bestraft», äussert er sich gegenüber dem «SRF». Kellecioglu habe sofort gemerkt, dass die beiden Männer keine Gebärdensprache konnten. Für ihn mache sich jemand, der sich als gehörlos ausgibt, obwohl er es nicht ist, genau so strafbar wie jemand, der stiehlt. Es solches Verhalten sei schlicht nicht zu tolerieren.

(Video: SRF/Schweiz Aktuell)

«Nein, das Geld ist weg»

Laut Martina Raschle, Mediensprecherin des Schweizerischen Gehörlosenbund, ist der Vorfall im Zug kein Einzelfall. «Wir bekommen viele solche Meldungen von Gehörlosen», sagt Raschle zum «SRF». Aber auch Anrufe von potenziellen Spendern seien keine Seltenheit. So würden Menschen nach einer Interaktion mit einem solchen Bettler beim Gehörlosenbund anrufen und fragen, ob man wirklich gerade dem Verein das Geld gegeben hat. «Dann müssen wir leider sagen: Nein, das waren nicht wir und das Geld ist leider weg», so Raschle.

Kein Einzelfall

Ähnliches passierte vergangenes Jahr auch einem Leser-Reporter in Herisau AR. Mit einem Zettel in der Hand bettelte ein angeblich Gehörloser um Geld für ein Heim für Behinderte. Der Leser-Reporter fotografierte ihn, worauf dieser fluchend die Flucht ergriff. Der Kantonspolizei St. Gallen gelang es kurz darauf, den Mann beim Betteln in St. Gallen festzunehmen.

Auch in Wil SG trieben angeblich gehörlose Bettler ihr Unwesen. Ein Leser-Reporter wurde im vergangenen Dezember in der Fussgängerzone auf eine singende Roma-Familie aufmerksam. Das Kuriose daran: Ein paar Wochen zuvor sollen die Eltern offenbar noch gehörlos gewesen sein und um Spenden gebettelt haben.

Kürzlich wurde Murat Kellecioglu im Zug von zwei vermeintlich gehörlosen jungen Männern zum Spenden aufgefordert.
Mit einem Klemmbrett in der Hand gaben die beiden vor, Geld für ein Zentrum für behinderte und gehörlose Kinder zu sammeln.
Für Murat Kellecioglu, der selbst gehörlos ist, eine Frechheit. «So jemand gehört bestraft», findet er. Das Bettler vorgeben behindert oder gehörlos zu sein, ist nicht das erste Mal.
1 / 8

Kürzlich wurde Murat Kellecioglu im Zug von zwei vermeintlich gehörlosen jungen Männern zum Spenden aufgefordert.

Screenshot/SRF

Betteln ist strafbar

Bettler, die sich als Gehörlose ausgeben, sind in der Ostschweiz keine Seltenheit. «Wir hatten auch schon mit vermeintlich Gehörlosen zu tun, die dann plötzlich doch reden konnten», sagte Hanspeter Krüsi, Sprecher der Kantonspolizei St.Gallen, damals zu 20 Minuten.

Laut dem Mediensprecher handle es sich bei den Bettlern meist um Fahrende. Diese würden bewusst versuchen, Mitleid zu erregen. «Zum Beispiel durch ihre Kinder, eine angebliche Krankheit oder sonst eine erfundene Leidensgeschichte», so Krüsi. Er betonte, dass in der Schweiz niemand betteln müsse, da man jederzeit Unterstützung beantragen könne, wenn man in einer finanziellen Notlage stecke. Zudem sei Betteln verboten. Wenn man jemanden erwische, könne man die Bettler wegweisen und auch eine Ordnungsbusse in Höhe von 40 Franken verhängen.

Deine Meinung zählt