Der Lockdown setzt den Studenten zu

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CoronavirusDer Lockdown setzt den Studenten zu

Wegen der Pandemie haben zahlreiche Studenten ihre Nebenjobs verloren. Betroffene erzählen, wie sie sich über Wasser halten.

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Der Lockdown hat auch viele Studenten finanziell hart getroffen.
Restaurants, Bars Kinos und Museen sind seit sechs Wochen geschlossen, womit für Studenten ein wichtiger Teil zur Finanzierung ihres Lebensunterhalts wegbricht.
Noemi (23) aus Aarburg studiert Betriebsökonomie: «Wegen Corona habe ich meinen Nebenjob als Promotorin verloren, durch den ich im Schnitt 1500 Franken pro Monat verdient habe. Andere Einnahmen habe ich nicht.»
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Der Lockdown hat auch viele Studenten finanziell hart getroffen.

Florin1961

Der Lockdown hat auch viele Studenten finanziell hart getroffen. Restaurants, Bars, Kinos und Museen sind seit sechs Wochen geschlossen, womit für Studenten ein wichtiger Teil zur Finanzierung ihres Lebensunterhalts wegbricht. 20 Minuten hat mit Betroffenen gesprochen.

Noemi (23) aus Aarburg, studiert Betriebsökonomie

«Wegen Corona habe ich meinen Nebenjob als Promotorin verloren, durch den ich im Schnitt 1500 Franken pro Monat verdient habe. Andere Einnahmen habe ich nicht. Der Job war sehr wichtig für mich, da ich eine Wohnung mit meinem Freund (25) habe. Zwar übernimmt er nun die Kosten für die Wohnung komplett, aber mir bleiben ja immer noch Rechnungen wie etwa fürs Handy oder die Krankenkasse. Vieles kann ich aktuell nicht bezahlen, was mir grosse Sorgen macht. Ich habe Angst, dass ich demnächst betrieben werden könnte. Mehr kann mein Freund im Moment nicht für mich übernehmen, weil auch er seinen Job in einem Temporärbüro verloren hat. Im Moment will ja kaum jemand Leute anstellen. Das Geld, das wir im Moment ausgeben, ist unser Erspartes. Weil mein Freund mir aber so hilft, habe ich ihm angeboten, dass ich eine Weile die Wohnung übernehme, wenn ich mein Bachelorstudium diesen Sommer abgeschlossen habe.»

R. M.* (23), ist Studentin für Physiotherapie

«Ich habe einen Nebenjob in einem Fitnessstudio. Vor dem Lockdown arbeitete ich dort stundenweise und verdiente mit Putzen oder Einsätzen als Fitnessinstruktorin pro Monat bis zu 600 Franken. Als der Lockdown kam, führte das Fitnessstudio Kurzarbeit ein. Trotzdem verdiene ich jetzt aber fast nichts mehr. Mein Pech ist, dass ich im Januar und im Februar wegen der Prüfungsphase im Studium viel weniger arbeitete. Dadurch beträgt mein Kurzarbeitslohn jetzt nur 170 Franken pro Monat. Die Kosten für mein Auto und die Miete kann ich deshalb nicht mehr bezahlen. Ich wohne mit meinem Freund zusammen und bin sehr froh, dass er zurzeit meine Miete übernehmen kann. Den Rest bezahle ich mit meinen Ersparnissen. Panik, nicht mehr über die Runden zu kommen, habe ich nicht. Sollte ich meine Ersparnisse aufgebraucht haben, könnte meine Familie mich unterstützen. Natürlich ist es aber nicht toll, finanziell nicht mehr unabhängig zu sein.»

Lara (21) aus Maienfeld GR, studiert ab September Architektur

«Nach der Lehre als Hochbauzeichnerin habe ich mit der Berufsmatura begonnen. Seither unterrichte ich auch in einer Nachhilfe-Schule. Dort kann ich mir super etwas dazuverdienen. Leider musste die Schule jetzt aber schliessen. Wir konnten die Schüler und Lehrlinge per Videochat unterrichten. Seit nun aber die Lehrabschlussprüfungen abgesagt wurden, habe ich keine Schüler mehr. Wer will nun noch für eine Prüfung lernen, die es nicht gibt? Es fallen jetzt rund 400 Franken Verdienst pro Monat weg. Glücklicherweise wohne ich noch bei meinen Eltern, die mir nun finanziell durch diese Krise helfen, bis ich wieder meinen eigenen Lohn habe.»

«Studenten können Miete nicht mehr bezahlen»

Die drei Betroffenen sind keine Einzelfälle. Der Lockdown trifft auch viele andere Studenten finanziell. Durch die aktuelle Situation habe ihr Verband alle Hände voll zu tun, sagt Lea Schlenker, Co-Präsidentin der Verbandes der Schweizer Studierendenschaften (VSS-UNES). «Es erreichen uns viele Telefonate von besorgten Studierenden, die ihr Studium nicht mehr finanzieren können.» Viele Studenten seien extrem auf ihre Nebenjobs angewiesen. «Manche können jetzt zum Beispiel ihre Miete nicht mehr bezahlen.»

Trotz Kurzarbeit in den Betrieben gehen die Studenten laut Schlenker oft leer aus. «Im Service oder Detailhandel könnte es sein, dass man primär auf die Stundenlöhner verzichtet.» Deshalb fordert der VSS-UNES vom Bund, den Kantonen und den Hochschulen einen Hilfsfonds. Der Fonds solle Studierenden in Not unbürokratisch Hilfe gewähren. «Das Ziel ist, pro Studierende oder Studierender den Grundbedarf von rund 2000 Franken sicherzustellen», sagt Schlenker.

Studenten beantragen Kredite

Einige Studenten haben an ihrer Hochschule bereits finanzielle Nothilfe beantragt. «Für die vor zweieinhalb Wochen lancierte Corona-Überbrückungshilfe für Studierende der Universität Luzern sind bis jetzt 18 Gesuche eingegangen. Es werden Beträge zwischen 500 und 1500 Franken gesprochen, die nicht zurückbezahlt werden müssen», sagt Dave Schläpfer, stellvertretender Leiter Öffentlichkeitsarbeit an der Universität Luzern. Die gesuchstellenden Studierenden hätten als Grund die Corona-bedingt verloren gegangenen respektive reduzierten Einnahmen angegeben.

Auch Lara Attinger, Mediensprecherin der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW, sagt: «Wir haben in den letzten Wochen eine Häufung der Anfragen festgestellt, und einige davon nennen die aktuelle Lage als Grund.» Viele der Betroffenen seien im letzten Semester. «Sie haben ihre finanziellen Mittel so kalkuliert, dass sie bis Ende Studium gereicht hätten. Diese Rechnung geht nun in der aktuellen Lage nicht mehr immer auf.» Die ZHAW biete Studierenden in finanzieller Notlage – unabhängig von der Corona-Krise – zinslose Darlehen in der Höhe von insgesamt maximal 15'000 Franken an. «Diese werden unbürokratisch vergeben. In der Regel dauert es etwa zwei Wochen.»

*Name der Redaktion bekannt

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