Giftiger GleisaushubSo steht es um die Trinkwasserqualität beim Blausee
Zehntausende Fische könnten gestorben sein, weil Altschotter in der Nähe des Sees abgelagert wurde. Wegen der «erschreckenden» Wasserproben mache er sich Sorgen um die Talbevölkerung, sagt Stefan Linder von der Blausee AG. Zu Recht?
Stefan Linder von der Blausee AG über die Wasserproben beim Blausee.
sulDarum gehts
- Im Blausee im Berner Oberland starben in den vergangenen zwei Jahren Zehntausende Fische.
- Grund dafür ist kontaminierter Altschotter, der in einer Kiesgrube beim Blausee abgelagert wurde.
- Stefan Linder von der Blausee AG sagte, er mache sich aufgrund der Wasserproben Sorgen um die Talbevölkerung.
- Die Gemeinden beschwichtigen. Verschiedene in der Vergangenheit entnommene Proben hätten keine Anomalien aufgewiesen.
- Die Gemeinde Reichenbach kündigt weitere Proben im Grundwasserpumpwerk an, um Schadstoffe auszuschliessen.
In den letzten zwei Jahren sind Zehntausende Fische im Blausee gestorben. Stefan Linder von der Blausee AG vermutet einen Zusammenhang mit Altschotter aus dem Lötschberg-Scheiteltunnel, der bis Mitte Juni 2020 in einer Kiesgrube beim Blausee abgelagert wurde. Laut den Betreibern der Fischzucht seien wegen der illegalen Aktivitäten krebserregende Giftstoffe im Grundwasser versickert. Wie die Besitzer des Blausees mitteilten, haben sie mittlerweile Strafanzeige eingereicht. Neben der Gewässerverunreinigung geht es um die Verunreinigung von Trinkwasser und Vergehen gegen den Umweltschutz. Der Fall liege nun in den Händen der Staatsanwaltschaft.
Stefan Linder sagte an einer Medienkonferenz am Donnerstag, dass es klar sei, dass krebserregende Stoffe im Umlauf seien. Man habe «ganz erschreckende» Wasserproben aus dem Steinbruch genommen. Messungen im Kieswerk hätten eine 424'000-fache Überschreitung des Grenzwerts bei den sogenannten PAK – polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe – ergeben. Einige von ihnen sind krebserregend. «Wir die Blausee AG haben ganz grosse Sorge um den Gesundheitszustand der Talbevölkerung», sagt Linder gegenüber 20 Minuten. Nicht zuletzt, weil man wisse, dass in Frutigen und in Reichenbach Grundwasser als Trinkwasser genutzt werde.
Gemeinde: «Proben zeigen keine Anomalien»
Simon Hari, Gemeindeschreiber von Reichenbach, betont, dass die Gemeinde vor allem Quellwasser als Trinkwasser benutzt. Grundwasser werde nur entnommen, wenn das Quellwasser nicht ausreiche. «Das in der Gemeinde liegende Grundwasserpumpwerk lassen wir jetzt zur Sicherheit nochmals beproben.» Allerdings hätten die bisherigen Proben keine Anomalien aufgewiesen. Es sei darum «höchst unwahrscheinlich», dass jetzt entnommene Proben Anlass zur Sorge geben werden, sagt Hari. «Frutigen hat erst im Juni das Grundwasser getestet und keine Abnormalitäten feststellen können, daher haben wir ebenfalls keine weiteren Massnahmen getroffen.»
Der Kanton habe im Zusammenhang mit den laufenden Untersuchungen im Juni Wasserproben bei Frutigen entnommen und auf Schadstoffe untersucht, bestätigt der Brunnenmeister der Wasserversorgungsgenossenschaft, Andreas Egger. «Gemäss dem Probebericht vom 8. Juli sind im Wasser keine PAK gefunden worden. Andere schwerflüchtige organische Verbindungen lagen unter dem gesetzlichen Grenzwert.» Die Gemeinde beziehe das Trinkwasser hauptsächlich aus dem Quellwasser – Grundwasser werde nur gepumpt, wenn die Quellen stark zurückgehen, sagt Egger. «Den normalen Tagesbedarf können wir mit Quellwasser abdecken.»
Auch Roman Lanz, Gemeindepräsident von Kandergrund, betont auf Anfrage, dass für die Bevölkerung aufgrund einer allfälligen Verunreinigung des Trinkwassers keine Gefahr bestehe: «Wir verwenden im ganzen Gemeindegebiet Quellwasser als Trinkwasser, Grundwasser wird nicht gepumpt.» Trotzdem sei die Angelegenheit nach den Hiobsbotschaften mit den verschütteten Sprengkörpern in Mitholz ein schwerer Schlag für die Gemeinde. «Und wieder sind wir in den Schlagzeilen, weil Sachen passiert sind, die nicht hätten passieren dürfen – und das Ganze von den grossen Institutionen und Behörden abgenickt wurde.»