EU-AussengrenzeSo vertreiben staatliche Schlägertrupps Migranten auf der Balkanroute
Staatliche Spezialeinheiten wollen verhindern, dass Flüchtlinge in der EU Asylanträge stellen. Sie sollen dabei EU-Recht und die Genfer Flüchtlingskonvention missachtet haben.
Eine Recherche der «Rundschau» zeigt, wie kroatische Schlägertrupps vorgehen, um Flüchtlinge zu stoppen.
RundschauDarum gehts
Kroatische Interventionspolizistinnen und -polizisten misshandeln Flüchtlinge auf der Balkanroute.
«Es handelt sich in Wahrheit um die Politik des kroatischen Grenzschutzes», sagt eine Anwältin.
Das zeigt eine Recherche der «Rundschau» in Zusammenarbeit mit diversen Medien.
Flüchtlinge auf der Balkanroute sind oft Opfer von Gewalt: Schlägertrupps misshandeln sie, berauben sie und schaffen sie nicht selten illegal aus. Die staatlichen Spezialeinheiten wollen so verhindern, dass Flüchtlinge in der EU Asylanträge stellen. Die Aktionen verstossen gegen EU-Recht und die Genfer Flüchtlingskonvention.
Wie brutal die Schlägertrupps dabei vorgehen, enthüllt nun eine Recherche der «Rundschau». Sie entstand in Zusammenarbeit mit ARD Studio Wien, ARD Monitor, Der Spiegel, Libération, Lighthouse Reports, Novosti, Pointer und RTL Kroatien. Das Land hat auf die Vorwürfe reagiert und eine Untersuchung angekündigt.
Polizisten prügeln Migranten aus EU raus
Wer für die Vertreibungsaktionen verantwortlich zeichnet, war bisher unklar. Die Recherche zeigt nun, dass es sich um kroatische Interventionspolizisten handelt. Die Pushbacks seien eine «kontinuierliche Praxis», sagt die Zagreber Anwältin Ana Cuca. «Es handelt sich in Wahrheit um die Politik des kroatischen Grenzschutzes.»
Die Regierungen der betroffenen Länder und die Verantwortlichen in der EU bestritten bisher, dass es in Europa zu solchen Aktionen kommt. Die «Rundschau»-Recherche widerlegt das: Auf Filmaufnahmen ist zu sehen, wie Männer an der kroatischen Grenze mehrere Afghaninnen und Afghanen und Pakistani über einen Grenzfluss nach Bosnien und Herzegowina «aus der EU rausprügeln». Sie dreschen mit Schlagstöcken auf die Migrantinnen und Migranten ein. Die Schlägertrupps nehmen den Asylsuchenden zudem Schuhe, Jacken, Handys und Geld weg.
EU finanziert Schlägertrupps
Doch wie finanzieren die Banden ihre Aktionen? Zum Teil über den Schengen-Fonds für innere Sicherheit, berichtet die «Rundschau». Dieser sei eigentlich dafür gedacht, Staaten zu entlasten, die hohe Kosten für den Schutz ihrer Aussengrenzen tragen. Auch die Schweiz habe 138 Millionen Franken in den Fonds einbezahlt.
«Ein effektiver Grenzschutz darf nicht auf Kosten der Grundrechte erfolgen», sagt das Staatssekretariat für Migration zur «Rundschau». Die Schweiz werde sich auch künftig am Fonds und dem Nachfolgeprojekt «Border Management and Visa Instrument» beteiligen. Ob das Parlament die budgetierten 300 Millionen Euro dafür bewilligt, ist allerdings noch unklar.
Kroatien hat nun angekündigt, die Vorfälle zu untersuchen. Die Regierung werde fehlbare Beamte zur Verantwortung ziehen, sagte eine Sprecherin des Innenministeriums. Die EU gab an, dass man diesen Sommer gemeinsam mit Kroatien die Einführung eines Überwachungs-Mechanismus vereinbart habe.
Mehr dazu in der Rundschau auf SRF 1, Mittwoch 20.05 Uhr.
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