So wagt es keiner mehr, blauzumachen

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Absenzen-ManagementSo wagt es keiner mehr, blauzumachen

Krankmelden muss man sich normalerweise beim Chef persönlich. Eine Schwyzer Firma will das ändern: Sie verkauft ein professionelles Absenzen-Management.

von
Kaspar Wolfensberger
In der Badewanne entspannen und ein Bierchen trinken anstatt zur Arbeit zu gehen? Vielleicht keine gute Idee, bei Firmen, die ein spezielles Absenzen-Management haben.

In der Badewanne entspannen und ein Bierchen trinken anstatt zur Arbeit zu gehen? Vielleicht keine gute Idee, bei Firmen, die ein spezielles Absenzen-Management haben.

Der Hals kratzt, die Nase läuft und der Kopf tut weh: Für einen Angestellten ist der erste Schritt in einer solchen Situation meist der Anruf beim Arbeitgeber. Der Chef muss darüber informiert werden, dass man nicht erscheinen wird.

Genau hier setzt der Unternehmer Chris Holzach mit seiner Firma Synaps Care an. Holzachs Geschäftskonzept: Er übernimmt als externer Dienstleister die Betreuung kranker Mitarbeiter, wie die «Handelszeitung» schreibt. Wer krank ist, ruft nicht mehr seinen Chef, sondern Holzachs Firma an, die sich dann um einen kümmert. «Ich will den Angestellten helfen, damit sie möglichst schnell wieder fit sind und arbeiten können», so Holzach.

Gewerkschaften sind dagegen

Doch braucht es dieses Angebot wirklich? Kritiker sehen in dem neuen Modell einen übertriebenen Eingriff in die Privatsphäre der Angestellten. Ausserdem kämen die Mitarbeiter aufgrund der erhöhten Kontrollen aus Angst auch dann arbeiten, wenn sie nicht fit sind.

Zu den Kritikern gehören auch die Gewerkschaften. Pepo Hofstetter von der Unia erklärt: «Wenn ein Arbeitgeber eine Drittfirma beauftragt, um die Absenzen der Angestellten zu überprüfen, ist das Ausdruck eines gestörten Vertrauensverhältnisses.» Oft seien es zudem unternehmensinterne Faktoren wie Stress und Überlastung, die zu häufigen Absenzen führen. «Hier müssten die Unternehmen primär ansetzen und diese Ursachen zusammen mit den Betroffenen direkt angehen», findet Hofstetter.

Diese Argumente lässt Holzach nicht gelten: «Immer wieder fehlen Mitarbeiter längere Zeit am Arbeitsplatz, was zu grossen Verlusten führt.» Wer die Mitarbeiter vom ersten Tag ihrer Absenz an betreue, der könne ihnen die Hilfe geben, die sie wirklich brauchen. «Die Mitarbeiter kehren so nicht nur schneller zur Arbeit zurück, sondern die Firmen können auch ihre Fürsorgepflicht gegenüber den Angestellten besser einhalten», erklärt Holzach.

Hürde Datenschutz

Eine Hürde ist jedoch der Datenschutz. Ein Unternehmen kann einen Angestellten nicht dazu verpflichten, einer externen Firma die Gründe für eine Absenz mitzuteilen. Doch dies sei meist kein Problem: «Oft gelingt es schnell, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Mitarbeiter können uns Dinge mitteilen, die ihnen dem Chef gegenüber peinlich sind», sagt Holzach.

Der Inhalt des Gesprächs sei dabei absolut vertraulich und werde nicht weitergeleitet. Die Unternehmen erhalten nur anonymisierte Auswertungen zu Ursache und Dauer der Absenzen. Je nach Erkenntnis können sie dann Massnahmen ergreifen, um die Gesundheit der Mitarbeiter zu verbessern.

Zufriedene Kunden

Einer der wichtigsten Kunden von Holzachs Firma ist die SBB-Tochter Elvetino. Sie bewirtschaftet Speisewagen und Minibars in Zügen. Elvetino-Personalchef Stefan Wettstein zeigt sich gegenüber 20 Minuten zufrieden mit den Dienstleistungen von Synaps Care. «Gerade weil unsere Mitarbeiter immer unterwegs sind, ist es für uns einfacher, bei den Absenzen auf einen externen Dienstleister zu setzen», so Wettstein.

Laut einer Personalumfrage seien die Elvetino-Mitarbeiter mit dem System zufrieden. Und seit man mit Holzach zusammenarbeite, sei die Gesamtzahl an Fehltagen zurückgegangen, so Wettstein.

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