Social Distancing soll nun auch für Tiere gelten

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Corona-AnsteckungsrisikoSocial Distancing soll nun auch für Tiere gelten


Ob Hunde und Katzen das Coronavirus übertragen können, ist unklar. Bis Studien vorliegen, sehen Fachleute Social Distancing für Tiere als Option.

Katzen müssen auf Distanz gehen: Sie sollen nicht mehr frei in der Natur herumstreifen, sondern drinnen bleiben, so die amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention.
Hundehalter sollen ihr Tier mit mindestens zwei Meter Abstand zu Passanten ausführen …
… und Spaziergänge an beliebten öffentlichen Plätzen vermeiden.
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Katzen müssen auf Distanz gehen: Sie sollen nicht mehr frei in der Natur herumstreifen, sondern drinnen bleiben, so die amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention.

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Darum gehts

  • Die amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention empfehlen, die sozialen Kontakte von Haustieren einzuschränken.

  • Grund dafür ist, dass noch nicht klar ist, welche Rolle Haustiere bei Ansteckungen mit dem Coronavirus spielen.

  • Social Distancing für Haustiere ist laut einer Tierpsychologin aber nicht tierfreundlich.

Die Empfehlung zum Social Distancing hat auch die Haustiere erreicht: Hundehalter sollen ihr Tier mit mindestens zwei Meter Abstand zu Passanten ausführen und Spaziergänge an beliebten öffentlichen Plätzen vermeiden. Auch Katzen müssen auf Distanz gehen: Sie sollen nicht mehr frei in der Natur herumstreifen, sondern drinnen bleiben.

«Behandeln Sie Haustiere wie andere Familienangehörige, die Sie vor einer möglichen Ansteckung schützen, bis wir mehr über die Auswirkungen des Virus auf Tiere wissen», bringen die amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention ihre Empfehlungen auf den Punkt.

Auch die Schweizer Tierklinikkette Anicura verweist auf ihrer Website auf die Empfehlungen der amerikanischen Gesundheitsbehörde. «Die Centers for Disease Control and Prevention raten Tierhaltern, soziale Distanzierungsregeln auf ihre Haustiere anzuwenden», steht dort zur Frage nach bewährten Verhaltensregeln zur sozialen Distanzierung für Haustiere.

Oberfläche könne Virus übertragen

Jede Oberfläche, mit der eine mit Covid-19 infizierte Person in Kontakt komme, könne das Virus übertragen, schreibt Johannes Kaufmann, Tierarzt im Anicura Netzwerk, auf Anfrage. «Einschliesslich des Fells oder der Nasensekrete von Haustieren.» Es werde daher empfohlen, Haustiere von infizierten Personen räumlich einzugrenzen (siehe Box).

«Social Distancing ist für Haustiere grundsätzlich so sinnvoll wie für Menschen, um sicher zu gehen, dass Haustiere das Virus nicht auf den Menschen oder andere Haustiere übertragen könnten», sagt Volker Thiel, Virologe am Institut für Virologie und Immunologie der Universität Bern und Mitglied der Covid-Taskforce. Es sei allerdings bisher kein Fall einer Übertragung von einem Haustier auf einen Menschen bekannt.

«Tierwohl sollte möglichst nicht darunter leiden»

Thiel begrüsst die Empfehlungen aus den USA. Inwiefern das Social Distancing für Haustiere möglich sei, müsse aber jeder Tierhalter selber entscheiden. «Das Tierwohl sollte möglichst nicht darunter leiden.» Habe jemand etwa eine Katze, die auch glücklich sei, wenn sie weniger oft oder nicht nach draussen gehen könne, sehe er das Social Distancing als Option.

In einem kürzlich aktualisierten Faktenblatt hält der Bund fest, dass besonders Katzen, Hamster, Frettchen oder Nerze am Virus erkranken können und meist milde Symptome zeigen. «In einer chinesischen Studie hatten circa zehn Prozent der untersuchten Tiere Antikörper, in einer italienischen Studie drei bis vier Prozent.» Bei allen gemeldeten Fällen bei Heimtieren hätten sich die Tiere höchstwahrscheinlich aufgrund von engem Kontakt bei einer infizierten Person angesteckt.

Unsichere Datenlage

Dass Simba auf die Streicheleinheiten des Nachbarn verzichten muss und Bello nicht mehr mit Fiffi herumtollen soll, ist der unsicheren Datenlage geschuldet. Welche Rolle Haustiere bei Ansteckungen mit dem Coronavirus spielen, ist noch nicht geklärt.

Derzeit laufen Forschungsprojekte, die den offenen Fragen in Bezug auf Tiere und Sars-CoV-2 nachgehen, wie das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) in einem Dokument schreibt. Derzeit gibt es laut BLV keine Hinweise, dass Hunde, Katzen oder andere Haustiere ein Infektionsrisiko für den Menschen darstellen oder eine Rolle bei der Verbreitung des Virus spielen.

«Freigängerkatzen drehen durch»

Tierpsychologin Anita Müller lehnt die Empfehlungen zum Social Distancing für Haustiere ab: «Dass man jetzt auch noch Tiere wegsperren will, weil sie ansteckend sein könnten, ist sehr fragwürdig.» Die Empfehlungen seien nicht tierfreundlich. «Freigängerkatzen drehen durch, wenn man sie plötzlich wegsperrt, und können auch schon mal die Wohnung auseinandernehmen. Erklären Sie das dem Tier.»

Auch Hunde würden laut Müller darunter leiden. «Als soziale Tiere müssen sie sich mit Mensch und Artgenossen beschäftigen können.» Auch bedeute es Stress für einen Hund, wenn der Kontakt zu einer engen Bezugsperson ausserhalb des Haushalts abgeklemmt werde und er sie nicht einmal mehr begrüssen dürfe. Zudem drohten durch das Haustier-Distancing soziale Probleme, nicht nur für das Tier. «Am Ende können sich alte, einsame Leute nicht mal mehr an ihrem Büsi erfreuen, weil den Haustierbesitzern in der ohnehin schon schweren Zeit ein Knutschverbot für ihre Hunde und Katzen erteilt wird.»

Umgang mit Haustier in Isolation

Befindet sich eine an Covid erkrankte Person in Isolation, empfiehlt der Bund in einem aktualisierten Leitfaden, das Haustier zu Hause durch gesunde Personen betreuen zu lassen. Dabei soll der Kontakt zwischen Patient und Tier möglichst vermieden oder so weit wie möglich reduziert werden. Insbesondere infizierte Personen sollten beim Kontakt zu ihren Haustieren besonders auf Hygiene achten, engen Kontakt möglichst vermeiden, die Tiere nicht anhusten oder anniesen und sich von den Tieren nicht das Gesicht lecken lassen. Auch sollen Katzen aus Isolationshaushalten, soweit möglich, nicht ins Freie gelassen werden. Es werde empfohlen im Umgang mit Tieren von infizierten Personen strikte Hygienemaßnahmen einzuhalten, sagt Johannes Kaufmann, Tierarzt im Anicura Netzwerk. «Das Tier soll aber deshalb nicht ausgegrenzt werden.»

Personen in Quarantäne sollten als Vorsichtsmassnahme beim Kontakt zum Haustier besonders auf Hygiene achten, die Tiere nicht anhusten oder anniesen und sich von den Tieren nicht das Gesicht lecken lassen.

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