Konversionstherapie – «Solche Therapien können Leben zerstören» – eine Betroffene erzählt

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Konversionstherapie«Solche Therapien können Leben zerstören» – eine Betroffene erzählt

Nachdem der Regierungsrat eine Motion zum Verbot von Konversionstherapien im Kanton Bern abgelehnt hat, meldet sich nun ein Opfer einer solchen «Therapie» zu Wort.

M.T.* unterzog sich über Jahre verschiedenen Arten von Konversionstherapien. (Symbolbild)
Dass der Berner Regierungsrat die Motion zum Verbot von Konversionstherapien abgelehnt hat, findet sie tragisch. (Symbolbild)
«Besonders politisch ist es enorm wichtig, ein Zeichen zu setzen, dass es nicht falsch ist, homosexuell zu sein», sagt T. 
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M.T.* unterzog sich über Jahre verschiedenen Arten von Konversionstherapien. (Symbolbild)

20min/Simon Glauser

Darum gehts

Sechs Jahre lang versuchte M.T.*, ihre Homosexualität mit Konversionstherapien und anderen Methoden zu bekämpfen. «Wenn man immer wieder hört, dass man nicht gleichzeitig homosexuell und Christin sein kann, empfindet man irgendwann einen gewissen Zwang, in eine solche Therapie zu gehen», erzählt sie. Die Bemühungen der heute 36-Jährigen änderten jedoch keineswegs etwas an ihren Gefühlen für Frauen. Stattdessen fühlte sie sich von der Kirche ausgeschlossen und auf ihre sexuelle Orientierung reduziert.

Der Berner Regierungsrat hat kürzlich eine Motion zum Verbot von Konversionstherapien im Kanton Bern abgelehnt. Diese war von Anna-Magdalena Linder (Grüne) zusammen mit Vertreterinnen und Vertretern aus der GLP, AL, SP, Mitte, FDP und SVP im vergangenen Jahr eingereicht worden. Entscheide wie diese verärgern die Betroffene T. sehr: «Besonders politisch ist es enorm wichtig, ein Zeichen zu setzen, dass es nicht falsch ist, homosexuell zu sein», sagt sie.

«Musste meine Weiblichkeit annehmen»

Über sechs Jahre unterzog sie sich einer «Heilungstherapie», die die Seelsorge in der Kirche übernahm, in der T. Mitglied war. «Sie wurde nicht klar als Konversionstherapie ausgeschrieben oder bezeichnet, aber es war ganz klar, dass das Ziel der Seelsorgerin war, meine sexuelle Orientierung zu verändern», sagt T. «Sie stellte mir Fragen zu meiner Beziehung zu meinen Eltern und suchte in meiner Vergangenheit nach negativen Erfahrungen mit Männern, die meine Liebe für Frauen hätte erklären können. Ausserdem musste ich meine Weiblichkeit annehmen.» Dabei habe sie nach dem klassischen Rollenverständnis von Mann und Frau leben müssen.

Nach etlichen Versuchen habe T. schliesslich gemerkt, dass sie nicht mehr gegen ihre Gefühle ankämpfen konnte – und wollte. «Du weisst, dass du nie dazugehören wirst, wenn du dich nicht änderst», sagt sie. Ihre Mutter habe ihr hingegen immer versichert, dass Gott sie so liebe, wie sie sei. Schliesslich sei T. aus der Kirche ausgetreten. «Es ist noch immer sehr schmerzhaft zu wissen, dass man so stark ausgeschlossen wird, nur weil man anders ist.»

Von der Politik wünscht sich die 36-Jährige, dass sie nicht-heterosexuelle Personen vor Konversionsversuchen schütze. «Solche Therapien können Leben zerstören und Menschen in grosse Verzweiflung stürzen», sagt sie. Trotz der negativen Erfahrung lebt T. heute in einer glücklichen Beziehung – mit einer Frau.

*Name der Redaktion bekannt

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