Sparmassnahmen beim Bund: So will die Expertengruppe sanieren

Livetickeraktualisiert am Donnerstag, 5. September, 2024

BundeshaushaltKeller-Sutters Expertengruppe setzt die Sparaxt an

Eine von Finanzministerin Karin Keller-Sutter eingesetzte Expertenkommission schlägt umfangreiche Sparmassnahmen vor, um den Finanzhaushalt des Bundes zu sanieren. Die Medienkonferenz im Livestream und Ticker.

Die Bundesfinanzen sind aus dem Gleichgewicht geraten: In den nächsten Jahren rechnet der Bund mit strukturellen Defiziten von rund drei Milliarden Franken pro Jahr. (Archivbild)
Unter der Leitung des ehemaligen Direktors der eidgenössischen Finanzverwaltung, Serge Gaillard, hat eine fünfköpfige Expertengruppe einen Bericht mit Sparmassnahmen verfasst. (Archivbild)
Die Expertengruppe Gaillard schlägt mehr als 60 Massnahmen in sechs Bereichen vor, die ein Sparpotenzial von vier bis fünf Milliarden Franken pro Jahr haben. (Archivbild)
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Die Bundesfinanzen sind aus dem Gleichgewicht geraten: In den nächsten Jahren rechnet der Bund mit strukturellen Defiziten von rund drei Milliarden Franken pro Jahr. (Archivbild)

20min/Matthias Spicher

Sparmassnahmen beim Bund: Darum gehts

  • Der Bund rechnet aufgrund eines starken Ausgabenwachstums mit einem jährlichen strukturellen Defizit von rund drei Milliarden Franken.

  • Eine fünfköpfige Expertengruppe schlägt zahlreiche Sparmassnahmen vor, um den Bundeshaushalt zu bereinigen.

  • Das Gremium empfiehlt über 60 Massnahmen, die ein Sparpotenzial von vier bis fünf Milliarden Franken pro Jahr aufweisen.

  • Im Rahmen von runden Tischen soll nun entschieden werden, welche Massnahmen weiter verfolgt werden.

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Donnerstag, 05.09.2024
14:30

Das Wichtigste in Kürze

Der Bund rechnet in naher Zukunft mit jährlichen strukturellen Defiziten von rund drei Milliarden Franken. Vor diesem Hintergrund hat der Bundesrat in einem ersten Schritt eine fünfköpfige Expertengruppe eingesetzt, um Massnahmen zur Bereinigung des Bundeshaushalts auszuarbeiten.

Die Bundesfinanzen sind aus dem Gleichgewicht geraten: In den nächsten Jahren rechnet der Bund mit strukturellen Defiziten von rund drei Milliarden Franken pro Jahr. (Archivbild)

Die Bundesfinanzen sind aus dem Gleichgewicht geraten: In den nächsten Jahren rechnet der Bund mit strukturellen Defiziten von rund drei Milliarden Franken pro Jahr. (Archivbild)

20min/Matthias Spicher

Am Donnerstag hat die Expertengruppe der Öffentlichkeit einen entsprechenden Bericht präsentiert – dafür hat sie sämtliche Subventionen und Transferleistungen des Bundes auf Herz und Nieren geprüft. «Es ist nicht einfach, Subventionen wieder abzuschaffen», erklärt Studienleiter Serge Gaillard vor den Medien in Bern.

Einsparungspotenzial von vier bis fünf Milliarden

Das Gremium schlägt mehr als 60 unterschiedliche, mehrheitlich ausgabenseitige Massnahmen in sechs Bereichen vor, welche den Bundeshaushalt um jährlich vier bis fünf Milliarden Franken stabilisieren könnten.

So könnten gemäss Bericht beispielsweise alleine in den Bereichen Migrations-, Klima- und Energiepolitik und Verkehrsinfrastruktur bis 2030 gut zwei Milliarden Franken pro Jahr eingespart werden. Mit dem Rückzug des Bundes aus Kantonsaufgaben könnten in demselben Zeitraum demnach weitere eineinhalb Milliarden eingespart werden.

Daneben verlangen die Experten eine Neupriorisierung der Staatsausgaben. Damit könnten weitere 570 Millionen gespart werden. Mit der Kürzung oder Streichung von kleineren Subventionen könnten zusätzliche 120 Millionen Franken gespart werden – viele dieser Subventionen seien nicht zielführend, so Gaillard.

«Umsetzbare Massnahmen»

Gruppenleiter Serge Gaillard betont: «Das sind grosse Beträge.» Dennoch beliefen sich die Einsparungen lediglich auf rund fünf Prozent der Bundesausgaben. «Mit der Unterstützung des Bundesrats sollten alle vorgeschlagenen Massnahmen umsetzbar sein», erklärt Gaillard. Was es dafür brauche, sei politischer Handlungswille vonseiten des Parlaments.

Unter der Leitung des ehemaligen Direktors der eidgenössischen Finanzverwaltung, Serge Gaillard, hat eine fünfköpfige Expertengruppe einen Bericht mit Sparmassnahmen verfasst. Die Experten schlagen mehr als 60 Massnahmen vor, um die Ausgaben beim Bund um vier bis fünf Milliarden pro Jahr zu senken. (Archivbild)

Unter der Leitung des ehemaligen Direktors der eidgenössischen Finanzverwaltung, Serge Gaillard, hat eine fünfköpfige Expertengruppe einen Bericht mit Sparmassnahmen verfasst. Die Experten schlagen mehr als 60 Massnahmen vor, um die Ausgaben beim Bund um vier bis fünf Milliarden pro Jahr zu senken. (Archivbild)

Tamedia/Raphael Moser

Bei dem Bericht der Expertengruppe Gaillards handelt es sich erst einmal «nur» um eine Reihe von Empfehlungen: In einem nächsten Schritt wird der Bundesrat mit Kantonen, Parteien und Sozialpartnern darüber diskutieren, welche Massnahmen weiter verfolgt werden sollen. Nach diesen runden Tischen wird der Bundesrat beschliessen, welche Massnahmen – voraussichtlich im Januar 2025 – in die Vernehmlassung geschickt werden sollen.

13:50

«Alle Massnahmen umsetzbar»

«Mit der Unterstützung des Bundesrats sollten alle vorgeschlagenen Massnahmen umsetzbar sein», erklärt Gaillard vor den Medien in Bern. Was es dafür brauche, sei politischer Handlungswille vonseiten des Parlaments.

Insgesamt schlägt der Bericht drei unterschiedliche Varianten vor, um den Bundeshaushalt zu bereinigen und das vom Bund ausgewiesene Sparbedürfnis zu erfüllen: Bis 2027 könnten damit 3,9 Milliarden gespart werden – bis 2030 4,9 Milliarden.

«Das sind grosse Beträge», erklärt Gaillard. Dennoch belaufen sich die Einsparungen lediglich auf rund fünf Prozent der Bundesausgaben und dieselben würden dennoch weiter wachsen.

In der zweiten Variante setzen die Experten auf einen langsameren Ausbau der Verteidigungsausgaben: Auf diese Weise könnten dieselben Einsparungen mit weniger Ausgabenkürzungen erreicht werden. Die dritte Variante wiederum setzt auf eine flankierende Erhöhung der Bundeseinnahmen.

Gaillard betont allerdings, dass das Gremium die erste Variante bevorzugt: «Eine Überprüfung der Ausgaben ist einer Erhöhung der Ausgaben vorzuziehen.»

13:35

Diese Sparmassnahmen sollen beim Bund umgesetzt werden

Das fünfköpfige Expertengremium schlägt mehr als 60 unterschiedliche, mehrheitlich ausgabenseitige Massnahmen in sechs Bereichen vor, welche den Bundeshaushalt um jährlich vier bis fünf Milliarden stabilisieren könnten. Der Bundesrat beurteile den Bericht als «gute Grundlage» für die Fortsetzung der Sparbemühungen.

Serge Gaillard, der ehemalige Direktor der eidgenössischen Finanzverwaltung, hat die fünfköpfige Expertengruppe angeführt. (Archivbild)

Serge Gaillard, der ehemalige Direktor der eidgenössischen Finanzverwaltung, hat die fünfköpfige Expertengruppe angeführt. (Archivbild)

Tamedia/Raphael Moser

Effizienzüberlegungen

Hier schlägt die Expertengruppe zahlreiche Massnahmen in den Bereichen Migrations-, Klima- und Energiepolitik vor: Beispielsweise eine Neuausrichtung der Integrationspolitik auf das «prioritäre Ziel» der Arbeitsmarktintegration.

Bis 2027 rechnet die Expertengruppe mit einem Sparpotenzial von 1739 Millionen Franken in dieser Massnahmengruppe – bis 2030 von einem Sparpotenzial von 2046 Millionen Franken.

Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen

In diesem Bereich schlägt die Expertengruppe vor, dass der Bund beispielsweise auf Leistungen für familienergänzende Kinderbetreuung gänzlich verzichtet.

Bis 2027 rechnet die Expertengruppe mit einem Sparpotenzial von 1226 Millionen Franken in dieser Massnahmengruppe – bis 2030 wiederum von einem Sparpotenzial von 1505 Millionen Franken.

Dämpfung des Wachstums bei Sozialausgaben

Diese Gruppe umfasst im Wesentlichen zwei Massnahmen: Statt am Wachstum der Ausgaben auf Seite der AHV sollten sich die Bundesbeiträge künftig am Wachstum der Bundeseinnahmen orientieren. Andererseits sollen sich die Kantone in Zukunft stärker an der Dämpfung des Kostenwachstums im Bereich der obligatorischen Krankenversicherung beteiligen.

Die Kantone sollen sich gemäss der Expertengruppe künftig stärker an der Dämpfung des Kostenwachstums im Bereich der obligatorischen Krankenversicherung beteiligen. (Symbolbild)

Die Kantone sollen sich gemäss der Expertengruppe künftig stärker an der Dämpfung des Kostenwachstums im Bereich der obligatorischen Krankenversicherung beteiligen. (Symbolbild)

20Min/Carole Alkabes

Bis 2027 rechnet die Expertengruppe mit einem Sparpotenzial von 226 Millionen Franken in dieser Massnahmengruppe – bis 2030 wiederum von einem Sparpotenzial von 369 Millionen Franken.

Kürzung und Streichung von Subventionen

Ferner schlägt die Expertengruppe Massnahmen im Bereich von Subventionen vor: Beispielsweise eine Kürzung der freiwilligen Beiträge an internationale Organisationen ausserhalb der internationalen Entwicklungszusammenarbeit um zehn Prozent. «Wir haben alle Departemente gebeten, etwas zu dieser langen Liste hinzuzufügen», erklärt Gaillard.

Bis 2027 rechnet die Expertengruppe mit einem Sparpotenzial von 135 Millionen Franken in dieser Massnahmengruppe – bis 2030 wiederum von einem Sparpotenzial von 121 Millionen Franken.

Neuverteilung der Ausgaben

Hier schlägt die Expertengruppe Sparmassnahmen aus einer ausgabenpolitischen Gesamtschau vor, um zahlreiche Bundesausgaben «im Sinne einer Opfersymmetrie» neu zu priorisieren. So sollten beispielsweise die IZA-Ausgaben bis 2030 gänzlich eingefroren werden.

Bis 2027 rechnet die Expertengruppe mit einem Sparpotenzial von 342 Millionen Franken in dieser Massnahmengruppe – bis 2030 wiederum von einem Sparpotenzial von 571 Millionen Franken.

Eigenbereich beim Bund

Schliesslich schlägt das Expertengremium zahlreiche Massnahmen auf Seite der Bundesverwaltung vor: Personal- und Eigenausgaben könnten demnach deutlich gesenkt werden. Eine Streichung von rund drei Prozent der Vollzeitstellen beim Bund oder die Angleichung von Lohnerhöhungen und Teuerungsausgleich an die Privatwirtschaft werden empfohlen.

Bis 2027 rechnet die Expertengruppe mit einem Sparpotenzial von 200 Millionen Franken in dieser Massnahmengruppe – bis 2030 wiederum von einem Sparpotenzial von 305 Millionen Franken.

13:30

Die Medienkonferenz zu den Sparvorschlägen live im Ticker

Der Bund rechnet in naher Zukunft mit jährlichen strukturellen Defiziten von rund drei Milliarden Franken. Am Ursprung der angespannten Finanzlage steht gemäss Bundesrat ein starkes Wachstum der Bundesausgaben – insbesondere zu Gunsten der AHV und der Armee.

Vor diesem Hintergrund hat der Bundesrat in einem ersten Schritt eine fünfköpfige Expertengruppe eingesetzt, um Massnahmen zur Bereinigung des Bundeshaushalts auszuarbeiten.

Vier bis fünf Milliarden Franken Sparpotenzial

Am Mittwoch hat die Expertengruppe dem Bundesrat einen entsprechenden Bericht vorgelegt – dafür hat sie sämtliche Subventionen und Transferleistungen des Bundes auf Herz und Niere geprüft.

Das Gremium schlägt mehr als 60 unterschiedliche, mehrheitlich ausgabenseitige Massnahmen in sechs Bereichen vor, welche den Bundeshaushalt um jährlich vier bis fünf Milliarden stabilisieren könnten.

Weiteres Vorgehen

Bei dem Bericht der Expertengruppe Gaillard handelt es sich erstmal «nur» um eine Reihe von Empfehlungen: In einem nächsten Schritt wird der Bundesrat mit Kantonen, Parteien und Sozialpartnern darüber diskutieren, welche Massnahmen weiter verfolgt werden sollen.

Nach diesen runden Tischen wird der Bundesrat beschliessen, welche Massnahmen – voraussichtlich im Januar 2025 – in die Vernehmlassung geschickt werden sollen.

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