Schwere Vorwürfe«Wenn das so weitergeht, erhält der Tierschutz keine Spenden mehr»
Die schweren Vorwürfe gegen den Schweizer Tierschutz (STS) schaden den 70 unabhängigen Sektionen in der ganzen Schweiz extrem. Die Vereine fordern den Rücktritt der Präsidentin und einen Neustart für den STS.
Darum gehts
Im Schweizer Tierschutz STS rumort es gewaltig. Schwere Vorwürfe stürzen den Dachverband des Tierschutzes in eine schwierige Situation.
Nun fordern die unabhängigen Sektionen eine Reaktion. Das schlechte Bild des STS schlägt sich in ausbleibenden Spenden und Vertrauen für die lokalen Vereine nieder.
Schweizweit wird ein Rücktritt der STS-Präsidentin und eine Neuaufstellung des Dachverbands gefordert. Ende Januar kommt es zum grossen Showdown.
«Wenn das so weiter geht, entsteht in der Tierschutzsektion ein Flächenbrand und der Tierschutz erhält keine Spenden mehr», so äussert sich Rolf Frischknecht, Präsident des Dachverbands der Berner Tierschutzorganisationen, zur aktuellen Situation beim Dachverband Schweizer Tierschutz (STS). Bei jenem hängt der Haussegen so richtig schief. Die Organisation, die ihren Sitz in Basel hat, wird seit geraumer Zeit mit schweren Vorwürfen, darunter ungetreue Geschäftsführung, fragwürdige Immobiliengeschäfte, Zweckentfremdung von Spenden und Legaten sowie überrissene Spesenbezüge konfrontiert.
Im Zentrum der Kritik seht STS-Präsidentin Nicole Ruch, nicht wenige fordern ihren sofortigen Rücktritt. Vermehrt haben sich nun einzelne der 70 Sektionen zu der aktuellen Situation und den wiederkehrend negativen Berichten geäussert. Die regionalen und vom STS unabhängigen Sektionen trifft die Kritik besonders. Besonders schmerzhaft: Just im spendenfreudigsten Monat Dezember wurde der STS auf die schwarze Liste der Zertifizierungsstelle für Non-Profit-Organisationen (Zewo) gesetzt. Die Unsicherheit im Unterstützerkreis und bei den Spendenden sei beim Stichwort «Tierschutz» gross, erzählt Barbara Fischer vom Tierschutzbund Basel Regional (TSB).
Ebenso siehts bei einer weiteren Basler Organisation aus. In einer Stellungnahme distanziert sich die Stiftung Tierschutz Beider Basel (TBB) von den «momentanen Missständen» beim STS und stellt klare Forderungen: Eine Reorganisation des STS sei zwingend notwendig und es müssten «neue Persönlichkeiten in Präsidium und Zentralvorstand berufen werden.»
Massive Kritik von Vereinen aus der ganzen Schweiz
Ähnlich wie die TBB betrachtet man die desaströse Situation auch in Bern. Wie Rolf Frischknecht, Präsident des Dachverbands der Berner Tierschutzorganisationen (DBT) gegenüber 20 Minuten sagt, bemängelt der DBT «schon seit längerem die Intransparenz und das fehlende Demokratieverständnis im STS.» In einem Antrag, der 20 Minuten vorliegt, hat der DBT an der STS-Delegiertenversammlung von Ende Juli 2023 die Absetzung von Präsidentin Ruch verlangt.
Zudem habe er Ruch damals, noch bevor ein Grossteil der Verfehlungen bekannt wurden, unmissverständlich zum Rücktritt aufgefordert. Für Frischknecht ist deshalb klar: «Ein weiteres Festhalten an Frau Ruch als Präsidentin würde den STS spalten und so vermutlich das Ende dieser relevanten Organisation bedeuten».
Auch in anderen Teilen der Schweiz spüren die Tierschützenden die Folgen der harschen Kritik. So rechnet man beim Tierschutz Luzern mit finanziellen Einbussen und auch in Winterthur spricht man von «erheblichen Spendenrückgängen.» Beim Tierschutzverein Nidwalden geht man von finanziellen Einbussen von rund 5000 Franken aus, wie es auf Anfrage heisst. Bei einem sind sich die Sektionen jedoch einig, die alltägliche Arbeit wird bisher nur wenig beeinträchtigt, denn «das oberste Ziel ist immer das Wohl der Tiere», so Barbara Fischer vom TSB.
«Change-Prozess» soll Neustart ermöglichen
Der STS habe in den vergangenen Monaten «grosse Schritte bezüglich Professionalität und Transparenz gemacht und die Geschäftsleitung neu organisiert», so Jürg Wildberger, im Namen der Präsidentin, auf Anfrage von 20 Minuten. Ab 2024 würde zudem eine modernere und detailliertere Jahresrechnung mit Budgetprozess und ein komplettes, internes Kontrollsystem IKS eingeführt, heisst es weiter. Zudem soll die vielkritisierte Bewirtschaftung des Immobilienportfolios an ein neues Unternehmen ausgelagert und freie Stellen besetzt werden.
Klar ist, an der Delegiertenversammlung vom 27. Januar wird entschieden, wie es mit dem STS weitergeht und wer an dessen Spitze stehen wird. Susanna Ineichen, Präsidentin Tierschutz Luzern, stellt auf Anfrage klar: «Wir sind der Meinung, dass Nicole Ruch als Präsidentin des STS nicht mehr tragbar ist», nach ihr ist aber auch eine komplette Neuerung des Vorstands für einen Neustart nötig.
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