Keile und KlagenSpielervermittler prügelt auf Journalisten ein
«Plötzlich lagen zwei Männer am Boden.» GC-Sportchef Erich Vogel konnte kaum glauben, was sich da auf dem GC-Campus abspielte. Denn: Ein bekannter Spieleragent und ein renommierter Fussballjournalist prügelten sich.
Die wüste Szene trug sich am Rande eines internen Testspiels der Grasshoppers zu. Gemäss einem Augenzeugen hat der Schweizer Spielervermittler Giacomo Petralito den Tages-Anzeiger-Journalisten Thomas Schifferle (offenbar wegen eines kritischen Artikels vom Herbst 2008) zur Rede stellen wollen. Als ihn Schifferle mehrfach abwies, schlug Petralito zu. Zuerst mit den Fäusten, als der Journalist stürzte, trat er im Jähzorn mit dem Fuss zu.
Petralitos Version
Der schwer unter Druck geratene Petralito formulierte 24 Stunden später seine eigene Version der Vorgeschichte. Schifferle habe ihm indirekt unterstellt, er habe sich 2008 in Argentinien bei Transferverhandlungen als GC-Vize-Präsident vorgestellt. Das sei nachweislich unwahr. Erich Vogel, gewählter GC-Vize, und Chefscout Alexander Radovic bestätigten Petralitos Aussage in einem Schreiben.
Radovic weilte im vergangenen Jahr im Auftrag von Vogel zusammen mit Petralito, der als Vertreter einer Investoren-Gruppe am Trip teilnahm, in Argentinien. Gegenüber der Sportinformation äusserte sich Radovic dazu nun wie folgt: «Petralito stellte sich niemandem als Vize-Präsident vor.»
«Wenn ich GC-Vize-Präsident wäre, hätten Sie hier (auf dem Campus) Zutrittsverbot», will Petralito dann am Mittwochabend im Scherz zum betreffenden Journalisten gesagt haben. Worauf ihn Schifferle als «Sau-Tschingg» beleidigt habe, behauptet der Angeschuldigte.
Am Rande bekam auch GC-Sportchef Vogel «die Balgerei» (Vogel) mit. Er habe nichts gehört und zunächst auch gar nicht realisiert, was sich abgespielt hat. «Bis ich gesehen habe, dass zwei Männer auf dem Boden lagen.» GC-Profi Senad Lulic eilte herbei, und der Alt-Internationale Hansruedi Furrer griff ebenfalls schlichtend ein.
Vorfall wurde fotografiert
Vom tätlichen Angriff liegen belastende Bilder vor. Ein Fotograf des Tages-Anzeigers machte Aufnahmen. Eine der Gewaltszenen wird in der heutigen TA-Ausgabe publiziert. Da Petralito mit einer offiziellen FIFA-Lizenz tätig ist, dürfte der gravierende Vorfall bei einem allfälligen Schuldspruch auch berufliche Konsequenzen haben. Noch will der Weltverband den Fall nicht kommentieren. Man müsse sich zuerst die genauen Fakten beschaffen, erklärte ein FIFA-Sprecher.
Petralito bedauert
Mittlerweile bedauert Petralito seine Entgleisung: «Ich bin seit 46 Jahren in der Schweiz und wurde noch nie tätlich. In der Emotion habe ich die Kontrolle verloren. Die Schläge bereue ich. Ich bin mir bewusst, dass ich nicht hätte handgreiflich werden dürfen.» Er sei aber keinesfalls mit einer entsprechenden Absicht nach Niederhasli gefahren, erklärte Petralito gegenüber der Sportinformation. Er habe sich schlicht in seiner Ehre verletzt gefühlt und plane seinerseits rechtliche Schritte.
Fredy Wettstein, der Sportchef der Zeitung, reagierte betroffen: «Die Bilder zeigen, wie er (Petralito) auf meinen wehrlosen Kollegen einschlägt. Hätte sich ein Spieler so verhalten, würde man ihn mindestens für zwei Jahre sperren. Ein Funktionär würde wohl lebenslänglich aus dem Verkehr gezogen.»
Schifferle will klagen
Das Opfer erlitt Prellungen und liess sich am Donnerstag nochmals ärztlich untersuchen. Schifferle wird gegen seinen Peiniger klagen. Aus rechtlichen Gründen nahm er keine Stellung. Er und Wettstein liegen mit Petralito seit längerer Zeit im Clinch. Der Spielervermittler ging in den vergangenen Jahren zweimal juristisch (aber bislang ohne Ergebnis) gegen die beiden Medienschaffenden vor. Petralito wirft dem Tages-Anzeiger rufschädigende Berichterstattung zu.
Am Tag nach dem Eklat auf dem Areal der Grasshoppers, den mehrere Personen verfolgt hatten, richtete Wettstein einen Appell an die Klubführung von GC: «Ich erwarte von GC, dass sich der Klub von einer solchen Person klar distanziert und die Zusammenarbeit einstellt.»