Gassenküche am Limit – immer mehr Menschen suchen ihre Hilfe

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St. GallenGassenküche am Limit – immer mehr Menschen suchen ihre Hilfe

Die Gassenküche in St. Gallen spürt, dass die Armut in letzter Zeit zugenommen hat. Leider steigen die Spendeneinnahmen nicht gleich schnell.

Im Linsebühl ist die Gassenküche. Sie bietet ein niederschwelliges Angebot für Menschen in finanzieller Not.

Im Linsebühl ist die Gassenküche. Sie bietet ein niederschwelliges Angebot für Menschen in finanzieller Not.

20min/jad

Darum gehts

  • Fridolin, ein Gast der Gassenküche, erzählt sein Schicksal und die Folgen davon.

  • Die Gassenküche heisst alle Menschen willkommen und unterstützt sie nach Möglichkeit in ihren Bedürfnissen.

  • Die anhaltende Inflation treibt die Betriebskosten in die Höhe und sorgt für mehr Gäste, da immer mehr Menschen das Angebot nutzen.

  • Die Gassenküche braucht mehr Spenden, um weiterhin bestehen zu können.

Fridolin (62) stand einst fest im Leben und war selbständig, bis ihm ein Schicksalsschlag einen Strich durch die Rechnung machte. Bei einem Arbeitsunfall verletzte er sich schwer und wurde arbeitsunfähig. Der 62-jährige Mann, der seit dem Unfall Schrauben im Hals trägt, hatte lange zu kämpfen. Der Verlust seiner Arbeitsfähigkeit nagte an seinem Selbstwert. Hinzu kam, dass der Weg zu einer IV-Rente lang und mühsam war. «Viele Menschen konnten mein Leiden nicht verstehen, da meine körperlichen Beschwerden von aussen nicht sichtbar sind. Sie denken, ich sei einfach zu faul», erzählt Fridolin.

Unter dem Druck der Gesellschaft und dem Gefühl, nichts wert zu sein, wurde Fridolin obdachlos und kämpfte mit Depressionen. Er hatte kein Geld mehr und sein Schlafplatz wurde das UFO – die Unterkunft für Obdachlose – in St. Gallen. Das UFO ist von 19 bis 9 Uhr geöffnet und schliesst tagsüber. «Ohne Geld ist es nicht leicht, sich in der Stadt zu bewegen. Alles kostet», schildert Fridolin eindrücklich. Die Gassenküche im Linsebühl wurde zu seiner Anlaufstelle.

Menü für drei Franken

Diese Gassenküche kann sich nicht über zu wenig Kundschaft beklagen, wie an einem Medientermin am Mittwoch klar wird. «Vor der Corona-Pandemie haben wir etwa 40 Menüs ausgegeben. Heute sind es rund 80», sagt Geschäftsleiterin Regine Rust. Den Preis von 3.- Franken pro Menu könne man nicht erhöhen, da dies für die Menschen untragbar wäre. «Doch auch wir sind von den steigenden Kosten betroffen und brauchen dringend mehr Spenden. Wenn das so weitergeht, wird es für uns schwierig und unsere Existenz ist nicht gesichert», fügt Rust hinzu.

Alle werden akzeptiert wie sie sind

Die Gassenküche ist ein Ort für Menschen am Rand der Gesellschaft – für Menschen in Armut, mit psychischen oder Suchterkrankungen. Hier sind alle willkommen und werden so akzeptiert, wie sie sind. Die Gassenküche bietet die Möglichkeit, ohne Geld im Warmen zu verweilen. Man kann Kleider waschen und duschen. Gespendete Kleider sind kostenlos für Bedürftige erhältlich. Das soziale Miteinander in der Gassenküche gibt den Menschen Halt.

Die Geschäftsleiterin, Regine Rust, spürt die Folgen der Inflation.

Die Geschäftsleiterin, Regine Rust, spürt die Folgen der Inflation.

20min/jad

«Wir helfen Menschen, die den Zugang zur Gesellschaft verloren haben. Manche haben nicht einmal Internet, um eine Wohnung zu suchen», sagt Rust.

Ein Beitrag an die Gesellschaft

Das Zusammensein ist an manchen Tagen lustig, an anderen kommt es zu Streit, bei dem die Probleme der Menschen sichtbar werden. In der Gassenküche haben die Menschen die Möglichkeit sich selbst einzubringen und verschiedene Aufgaben übernehmen, um sich selbst zu erfahren. Fridolin war zum Beispiel als Koch tätig, bis ihm das zu viel wurde. Heute ist er für die Kleiderspenden zuständig und sagt: «Ich kann so noch etwas zur Gesellschaft beitragen. Es ist mir wichtig, eine Aufgabe zu haben.»

Machst du dir wegen der Inflation Sorgen um deine Existenz?

Regelmässige Kleinspenden und Beiträge der Schweizer Tafel bilden die Existenzgrundlage der Gassenküche, die vollständig auf Spenden angewiesen ist. Zurzeit steigt die Zahl der von Armut Betroffenen aufgrund der anhaltenden Teuerung, was sich klar in der Gassenküche zeigt. Immer mehr junge und armutsbetroffene Personen kommen in die Gassenküche. «Der steigende wirtschaftliche Druck führt zusätzlich zu noch mehr Drogenkonsum», sagt Karin.

Hier kannst du für die Gassenküche spenden.

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