St. Gallen/BernMann macht im BMW Jagd auf Diebe – Frau und Kleinkinder an Bord
In Bern jagte ein 44-Jähriger zwei Männer mit seinem Auto, die ihm das Portemonnaie gestohlen hatten. Bei der Verfolgungsjagd fuhr er beinahe einen Polizisten an. Am Donnerstag stand er in St. Gallen vor Gericht.
Darum gehts
Ein 44-jähriger Serbe musste sich in St. Gallen vor Gericht verantworten.
Er hatte sich in Bern 2024 eine wilde Verfolgungsjagd geliefert, nachdem ihm sein Portemonnaie gestohlen wurde.
Dabei fuhr er beinahe einen Polizisten an.
Das Gericht verurteilte ihn zu 27 Monaten Haft, wovon er acht absitzen muss.
Am Donnerstag musste sich ein 44-Jähriger in einem abgekürzten Verfahren wegen mehrerer Delikte vor dem Kreisgericht in St. Gallen verantworten.
Im Juni 2024 fuhren der Mann, der die serbische Staatsangehörigkeit hat, seine Frau und zwei Kinder (drei und sechs Jahre alt) mit dem Auto für einen Tagesausflug nach Bern. Die beiden litauischen Kontrollschilder am BMW waren gefälscht – der Beschuldigte hatte sie zuvor selbst gebastelt.
Er wollte Kokain kaufen – dann wird er bestohlen
Am Abend wurde der Beschuldigte bei der Reitschule von einem Mann angesprochen und gefragt, ob er Kokain kaufen wolle. Als der Serbe Bargeld hervornahm, wurde ihm das Portemonnaie von einem zweiten Mann gestohlen. Im Portemonnaie war Bargeld von über 2000 Franken. Der Dieb und der Mann mit dem Kokain flohen beide mit E-Trottinetts.
Der 44-Jährige ging zum BMW zurück und machte Jagd auf die Männer – seine Frau und Kinder waren noch immer mit im Auto. Des Weiteren hatte der Mann mindestens 0,86 Promille im Blut. So kam es in der Stadt Bern zu einer wilden Verfolgungsjagd, bei der der Serbe diverse Verkehrsregeln missachtete und andere Verkehrsteilnehmende gefährdete.

Bei der Reitschule in Bern wollte der Beschuldigte Kokain kaufen, wird aber stattdessen ausgeraubt.
20min/Matthias SpicherPolizist musste sich mit Sprung retten
Bei der Lorrainebrücke holte er den Dieb mit dem Auto schliesslich ein und packte ihn am Arm. Der Beschuldigte fuhr rückwärts los, wobei der Mann mitgeschleift und beinahe überfahren wurde. Als der 44-Jährige in ein parkiertes Auto krachte, wurde der Dieb weggeschleudert und flüchtete anschliessend.
Inzwischen war die Polizei ausgerückt und versuchte, den Mann zu stoppen. Beim Bollwerk signalisierte ein Polizist, dass der Beschuldigte anhalten solle. Der Serbe bremste zuerst, bevor er mit quietschenden Reifen auf den Polizisten zuraste. Dieser konnte sich im letzten Moment mit einem Sprung zur Seite retten.

Mit seinem Auto jagte der 44-Jährige die Diebe quer durch die Stadt Bern.
Tamedia/Urs Jaudas«Ich wusste nicht, was ich tue»
Mehrere Polizeipatrouillen nahmen die Verfolgung auf. Der Beschuldigte krachte in ein ziviles Polizeiauto, bis er schliesslich aufgrund der Schäden an seinem BMW anhalten musste. Neben der Verfolgungsjagd in Bern verübte der 44-Jährige Ende Dezember 2023 zwei Einbruchdiebstähle in St. Gallen.
«Ich war an diesem Tag sehr betrunken, ich wusste nicht, was ich tue», sagte der Mann vor Gericht. Er gestand alle seine Taten. «Ich wollte nur mein Geld zurück, ich wollte keine Probleme machen. Ich entschuldige mich für alles, was passiert ist», sagte er.
Was ist ein abgekürztes Verfahren?
Ein abgekürztes Verfahren kommt dann zum Zug, wenn die beschuldigte Person ihre Taten zugibt und ein entsprechendes Gesuch an die Staatsanwaltschaft stellt. Diese entscheidet über die Durchführung des Verfahrens und teilt den Entscheid den Parteien mit. Weiter setzt sie den Privatklägern eine Frist von zehn Tagen, um Zivilansprüche sowie Forderungen für Entschädigungen anzumelden.
Die Verhandlung selbst findet ohne Beweisverfahren statt.
Das abgekürzte Verfahren wird abgelehnt, falls die Staatsanwaltschaft eine Gefängnisstrafe von mehr als fünf Jahren fordert.
«Die Kinder haben geweint»
«Der Polizist wollte mich anhalten, aber ich bin weitergefahren. Ich habe ihn nicht gesehen», so der Mann. Seiner Familie, die mit im Auto sass, sei es nicht gut gegangen.
«Die Kinder haben geweint und meine Frau hat gesagt, ich solle bei der Polizei anhalten. Warum ich nicht angehalten habe, weiss ich nicht.» Er entschuldigte sich mehrmals bei seinen Kindern. «Gott sei Dank habe ich niemanden überfahren.»
Verfolgungsjagd wurde gefilmt
«Mehrere Anwohner filmten die Verfolgungsjagd», sagte der Staatsanwalt. Der Beschuldigte habe den Dieben eine Lektion erteilen und bestrafen wollen. «Der Polizist und der Angeklagte standen sich wie zwei Duellierende gegenüber. Es war, als ob der Beschuldigte den Abzug der Pistole löste, als er auf den Polizisten zufuhr», so der Staatsanwalt.
«Es war ein wilder Ritt mit dem Fahrzeug», sagte der Verteidiger des 44-Jährigen vor Gericht. Der Beschuldigte habe sich an jenem Abend in einem subjektiv ausserordentlichen Zustand befunden.

Das Kreisgericht verurteilte ihn zu 27 Monaten Haft. Acht Monate davon muss der Mann fix vollziehen.
20min/leoAcht Monate Gefängnis
Das Kreisgericht St. Gallen folgte dem Urteilsvorschlag der Staatsanwaltschaft. Der 44-Jährige wird zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 27 Monaten und zu einer Busse von 600 Franken verurteilt. Acht Monate davon muss er vollziehen, die Untersuchungshaft und die bereits geleistete Haft wird davon abgezogen.
Die restlichen 19 Monate werden mit einer Probezeit von drei Jahren aufgeschoben. Des Weiteren wird der Mann für zehn Jahre des Landes verwiesen. Auch für die Verfahrenskosten und etliche Zivilforderungen muss der Mann aufkommen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Folgst du schon 20 Minuten auf Whatsapp?
Eine Newsübersicht am Morgen und zum Feierabend, überraschende Storys und Breaking News: Abonniere den Whatsapp-Kanal von 20 Minuten und du bekommst regelmässige Updates mit unseren besten Storys direkt auf dein Handy.