Stadtberner Stromtarife: Preisüberwacher greift ein
Der Preisüberwacher kritisiert die massive Strompreiserhöhung für Haushalte in der Stadt Bern. Der Gemeinderat widersetzt sich jedoch dessen Empfehlung und beharrt auf den höheren Preisen.
Seit Anfang Jahr bezahlen Privathaushalte in der Stadt Bern teilweise massiv höhere Stromrechnungen - auf Grund des neuen, auf die Förderung von Ökostrom ausgerichteten Tarifmodells.
Wie die «Weltwoche» in ihrer neuesten Ausgabe bekanntmacht, hat der Preisüberwacher bei der Stadt Bern gegen die Preiserhöhung interveniert.
«Auf Grund von Hinweisen aus der Bevölkerung hat uns der Preisüberwacher empfohlen, auf die Preiserhöhung zu verzichten», bestätigte die interimistische Stadtberner Energiedirektorin Barbara Hayoz am Freitag auf Anfrage.
«Unter dem Schweizer Durchschnitt»
Der Preisüberwacher habe gegenüber der Stadt aber kein Weisungsrecht. Der Gemeinderat lehne die Empfehlung ab, die Strompreise würden nicht gesenkt. «Sie liegen weiterhin unter dem schweizerischen Mittel», sagte Hayoz zur Begründung.
Ein Ziel des neuen Tarifmodells war laut der Gemeinderätin, Ungerechtigkeiten zwischen den Privathaushalten und den KMU bei der Preisgestaltung zu eliminieren. Letztere bezahlten früher mehr, mit dem neuen Modell kommen sie besser weg.
Hayoz betonte, das neue Tarifmodell sei nicht eingeführt worden, um die Stadtkasse zu füllen: Durch die Entlastung der KMU erfolgten die Preisanpassungen für das stadteigene Werk Energie Wasser Bern (ewb) und die Stadt «erfolgsneutral».
Gutschrift für ewb-Kunden
Hayoz bestätigte, dass die ewb-Kunden auf der nächsten Stromrechnung eine einmalige Gutschrift erhalten. Diese stehe jedoch «nicht direkt im Zusammenhang» mit der Invervention des Preisüberwachers.
Die Kunden sollten am sehr guten Jahresergebnis des ewb teilhaben. Eine entsprechende Ausschüttung sei bereits vor fünf Jahren gemacht worden. Näheres werde vom ewb am 14. März bekanntgegeben.
Förderung von Ökostrom
Auf Anfang 2007 hatte ewb ein vom Gemeinderat genehmigtes neues Tarifmodell eingeführt. Die Strombezüger können aus verschiedenen Angeboten mit oder ohne erneuerbare Energien auswählen. Mit dem Modell soll ökologisch produzierter Strom gefördert werden.
Für Privathaushalte stiegen die Strompreise damit teilweise massiv: Bewohner einer Zweizimmerwohnung (Verbrauch von 1600 kWh pro Jahr) müssen mit einer monatlichen Stromrechnung von 31 Franken rechnen, 5 Franken oder 19,2 Prozent mehr als bisher.
Für kleine und mittlere Unternehmen sinken die Preise dagegen: Ein KMU mit einem Verbrauch von 8000 kWh bezahlt für das Standardprodukt (überregional produzierter Strom aus Wasserkraft) rund 127 Franken pro Monat erhalten, 9,9 Prozent weniger als bisher. Bei den Grosskunden bleibt das Preisniveau in etwa gleich. (sda)