Steuerzahler bezahlt Sprachassistenz von Neu-Nationalrat Islam Alijaj

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WintersessionSteuerzahler bezahlt Sprechassistenz von Neu-Nationalrat Islam Alijaj

Drei Rollstuhlfahrer sitzen ab Montag im Parlament. Um ihr Amt ausüben zu können, sind sie teils auf Hilfe durch Betreuungspersonen angewiesen. Die Kosten dafür trägt wohl der Steuerzahler. 

Die Nationalräte Philipp Kutter und Islam Alijaj brauchen Betreuungspersonen, um ihr Amt ausüben zu können.
Islam Alijaj (SP) ist cerebral gelähmt. Er ist angewiesen auf seine Sprechassistentinnen. Im Bild: Emma Basin und Louise Alberti.
Philipp Kutter (die Mitte) braucht eher Hilfe bei alltäglichen Dingen, die er seit seinem schweren Skiunfall nicht mehr selbst erledigen kann.
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Die Nationalräte Philipp Kutter und Islam Alijaj brauchen Betreuungspersonen, um ihr Amt ausüben zu können.

Urs Jaudas

Darum gehts

  • Islam Alijaj braucht eine Sprechassistenz, damit seine Reden verständlich sind.

  • Alijajs Assistenzperson darf auch an geheimen Kommissionssitzungen teilnehmen.

  • Die Kosten für die Assistenz wird voraussichtlich der Staat übernehmen.

  • Auch der gelähmte Philipp Kutter braucht externe Hilfe und auch diese Kosten übernimmt voraussichtlich die Staatskasse.

Mit Islam Alijaj (SP), Philipp Kutter (Mitte) und Christian Lohr (Mitte) sitzen ab Montag drei Rollstuhlfahrer im Parlament. Um ihr Amt ausüben zu können, sind sie teils auf Unterstützung durch Assistenzpersonen angewiesen.

Besonders betrifft das den Zürcher Islam Alijaj. Er kam mit einer Zerebralparese zur Welt und ist unter anderem auf eine Person angewiesen, die seine Worte wiederholt.

Gleich nach der Wahl stellte sich die Frage, ob die Sprechassistentinnen oder -assistenten den Nationalrat beispielsweise auch in Kommissionssitzungen begleiten dürfen. Denn was dort besprochen wird, ist ja vom Kommissionsgeheimnis streng geschützt.

Sprechassistentinnnen dürfen in geheime Sitzungen

Nun steht fest: «Meine Sprechassistentinnen werden mich physisch überallhin begleiten können, wo ich bin, auch in Kommissionen», schreibt Islam Alijaj auf Anfrage von 20 Minuten. Dazu würden sie eine Vertraulichkeitsvereinbarung unterzeichnen müssen, bestätigen die Parlamentsdienste.

Auch der Zürcher Nationalrat Philipp Kutter ist seit einem schweren Skiunfall im letzten Winter auf Hilfe angewiesen. Kutter brach sich den vierten und fünften Halswirbel. Seine Beine und teilweise seine Arme sind seither gelähmt.

Er brauche vor allem Hilfe bei den alltäglichen Dingen des Lebens, sagt er. Und Kutter verrät 20 Minuten, dass er dazu in Gesprächen mit einer externen Betreuungsperson ist. Bisher habe ihn hauptsächlich seine Frau unterstützt, «das ist aber keine Dauerlösung, sie hat schliesslich eigene Verpflichtungen», sagt er. Im Dezember werde er das Arrangement mit der externen Person testen.

Kosten für Assistenzen übernimmt Parlament – voraussichtlich

Wie viel die Betreuung von Kutter und Alijaj kostet, lässt sich noch nicht beziffern. In einem Grundsatzentscheid hätten die Büros von National- und Ständerat, welche den Parlamentsbetrieb leiten, aber beschlossen, dass die Kosten aus dem Budget für den Parlamentsbetrieb, also letztendlich Steuergeld, bezahlt würden – sofern sie keine Versicherung übernehme, bestätigt eine Sprecherin des Parlamentes.

Gemäss den beiden Nationalräten ist es tatsächlich so, dass ihre jeweiligen Versicherungen die Kosten, die wegen des Amtes anfallen, nicht übernehmen. Bei Alijaj ist das die IV und bei Kutter seine Unfallversicherung. Alijaj kündigt bereits an, dass er sich als Nationalrat dafür einsetzen wird, dass diese Kosten künftig ebenfalls von der Versicherung übernommen werden.

Nach aktuellem Stand müssen sich die beiden Nationalräte nicht an den anfallenden Kosten beteiligen, sie können ihre Mandatsentschädigung von rund 130’000 Franken im Jahr also behalten.

Keine externe Hilfe benötigt der Thurgauer Nationalrat Christian Lohr, der Mitte-Politiker sitzt seit 2011 im Nationalrat. Wenn er doch mal Hilfe benötigt, beispielsweise beim Öffnen der Tür zum Ratssaal, greift er auf die Ratsweibel zurück.

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