Strafgericht BL«Wir spielen russisches Roulette» – Mann schiesst sich in den Kopf
Eine trinkfreudige Runde zu später Stunde: Der Gastgeber holt seine Glock hervor, sein Kollege schiesst sich damit durch den Kopf und überlebt. Jetzt wird der Fall am Strafgericht verhandelt.
Darum gehts
Ein Mann schoss sich im Baselbiet mit der Waffe seines Freundes in den Kopf.
Die Staatsanwaltschaft sieht die Verantwortung beim Besitzer der Waffe: Er hätte sie dem Opfer nicht mit Munition überlassen sollen.
Der Besitzer muss sich am Dienstag vor Gericht verantworten.
Am Dienstag muss sich ein 34-jähriger Basler wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung und Widerhandlung gegen das Waffengesetz vor dem Baselbieter Strafgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, einem stark alkoholisierten Freund eine halbautomatische Pistole und Munition überlassen zu haben, mit der sich dieser in der Folge den Kopf durchschoss. Er überlebte nur knapp.
Gemäss Anklageschrift ereignete sich der Vorfall im September 2021 in einer Baselbieter Gemeinde. Das Opfer sei mit dem Beschuldigten und einer ebenfalls anwesenden Frau befreundet und bei ihnen zu Besuch gewesen. Die drei sollen eine grössere Menge Bier konsumiert sowie einen Joint geraucht haben. Da die beiden Männer Waffenbesitzer seien, habe sich das Gespräch in diese Richtung entwickelt und der Beschuldigte habe eine auf ihn eingelöste Glock 21C geholt.
Hergang nicht eindeutig, Ergebnis schon
Wann und von wem genau das mit elf Patronen bestückte Magazin eingesetzt und die Waffe durchgeladen wurde, geht aus der Anklage nicht genau hervor. Sie beschreibt mehrere mögliche Hergänge, wie die Glock mit einer Patrone in der Kammer in den Händen des Opfers landete. Bei allen Varianten sieht die Staatsanwaltschaft jedoch die Verantwortung eindeutig beim beschuldigten Besitzer der Waffe und nicht beim Mann, der sie gegen seinen eigenen Kopf richtete.
Ganz sicher ist sich die Strafverfolgung beim Ausgang. Als der Beschuldigte sich abgewandt habe, um in die Küche zu gehen, habe das Opfer gesagt: «Komm, wir spielen Russisch Roulette.» Dann habe er abgedrückt. Laut der Anklageschrift trat das Projektil in die Wange unter dem linken Auge ein und trat rechts oben an der Stirn wieder aus. Dabei wurde Hirngewebe zerstört und beide Augen geschädigt, das linke bis zur vollständigen Erblindung. Nur eine Notoperation verhinderte den Tod durch die resultierende Hirnschwellung. Die langfristigen gesundheitlichen Folgen seien noch nicht abschliessend abschätzbar.
«Pflichtwidrig unvorsichtig»
Der Beschuldigte «hätte aufgrund seiner militärischen Ausbildung an der Waffe» sowie seiner Lebenserfahrung «die Gefahr einer Schussabgabe aufgrund der beträchtlichen Mengen Alkohol und Betäubungsmittel, die im Verlaufe des Abends konsumiert wurden, erkennen müssen» und «verhindern können», so die Anklage weiter. Stattdessen habe er die «Gefahr geschaffen» und somit «pflichtwidrig unvorsichtig» gehandelt.
In den beschriebenen Zuständen hätte keine der Personen mit Waffen oder Munition hantieren sollen. Auf eine mögliche Beeinträchtigung des Urteilsvermögens des Beschuldigten geht die Anklageschrift nicht ein. Es dürfte aber ein Thema werden, wenn die Verteidigung anlässlich der Hauptverhandlung am Dienstag ihre Argumente vorbringt. Bis zu einem rechtskräftigen Urteil gilt die Unschuldsvermutung.
Hast du oder hat jemand, den du kennst, Probleme mit Alkohol?
Hier findest du Hilfe:
Blaues Kreuz Schweiz, Beratungsstellen
Safezone.ch, anonyme Onlineberatung bei Suchtfragen
Anonyme Alkoholiker, Tel. 0848 848 885
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My Drink Control, Selbsttest
Vergiftungsnotfälle, Tel. 145
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Kinderseele Schweiz, Beratung für psychisch belastete Eltern und ihre Angehörigen
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