AlteaSubventioniertes Netzwerk listet umstrittene Long-Covid-Heilmethoden
In der Schweiz leiden seit Ausbruch der Pandemie Tausende an den Folgen einer Covid-Infektion. Für Betroffene stehen mittlerweile verschiedene Angebote zur Verfügung. Das Netzwerk, das diese im Überblick hat, listet auch nachweislich Unnützes auf.
Darum gehts
In der Schweiz leiden seit Ausbruch der Pandemie Tausende an den Folgen einer Covid-Infektion. Gemäss Expertinnen und Experten dürften es rund 100’000 Personen sein. Für Long-Covid-Betroffene stehen mittlerweile verschiedene Angebote zur Verfügung. Das Netzwerk Altea, das diese im Überblick hat, berücksichtigt dabei gemäss einer Recherche der Tamedia-Zeitungen neben etablierten Therapieformen auch Behandlungen wie etwa Klangschalen oder Horoskope, die nachweislich keine Auswirkungen auf die Symptome einer Long-Covid-Erkrankung haben.
Altea, das vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) im vergangenen Jahr 80’000 Franken erhielt, führt ein Register an Methoden aus dem Gebiet der Komplementärmedizin. Rund 200 Angebote listet die Organisation auf. Darunter fallen beispielsweise auch die Leistungen einer Naturärztin aus Zürich, die zu ihren Behandlungen, zu denen auch die Ausleitung gehört, schreibt: «Als dipl. Astrologin in astrologischer Psychologie dient mir das persönliche Geburtshoroskop als Schlüssel zum Wesenskern des Menschen.» Ein Naturheiler aus dem Kanton Schaffhausen gibt an, Long Covid bereits mehrmals «erfolgreich behandelt» zu haben.
Netzwerk entfernt kritische Angaben
Solche Ansagen können gemäss Experten und Expertinnen gefährlich sein, denn keiner dieser Methoden wurde bislang eine Wirkung nachgewiesen. Der Infektiologe Beda Stadler findet denn auch: «Die vorgeschlagenen Verfahren haben noch nie zur Heilung einer ernsthaften Krankheit einen Beitrag geleistet.» Gerade die Ausleitung (auch Drainage genannt) schade zwar nicht an sich, sähe jedoch Zweifel an etablierten Methoden wie Impfungen, schreibt die Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde. Eigentlich hat sich Altea selbst verordnet, nur Therapien in das Register aufzunehmen, die das sogenannte EMR-Label tragen (erfahrungsmedizinisches Register). Dieses sieht Ausbildungsstandards vor und wird von den Krankenkassen zur Überprüfung ihrer Beitragspflichten verwendet.
Die meisten der strittigen Methoden im Altea-Verzeichnis erfüllen die Kriterien für das Label jedoch nicht. Ein Sprecher erklärt gegenüber den Tamedia-Zeitungen, dass man einige Formulierungen noch einmal überdenken werde. Die Einträge für Impfstofftoxine, Astrologie und Kräutertherapien waren nach der Konfrontation mit der Tamedia-Recherche nicht mehr online einsehbar. Andere blieben jedoch bestehen. Es kann nur vermutet werden, dass Geldgeber, wie beispielsweise das BAG, interveniert haben. Mitglied des medizinischen Expertenboards bei Altea ist Infektiologen Jan Fehr. Er ist eine prominente Stimme aus dem wissenschaftlichen Corona-Diskurs der vergangenen beiden Jahre.
Altea teilt in einem Communiqué mit, dass man die strittigen Passagen entfernt oder berichtigt habe. Das Verzeichnis diene als Informationsressource für Betroffene und Hausärztinnen und Hausärzte. Es sei aufgrund einer Bedarfsanalyse unter Betroffenen ins Leben gerufen worden. Man empfehle als erste Anlaufstelle immer die Hausärztin oder den Hausarzt.
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Hier findest du Hilfe:
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BAG-Infoline Covid-19-Impfung, Tel. 058 377 88 92
Dureschnufe.ch, Plattform für psychische Gesundheit rund um Corona
Safezone.ch, anonyme Onlineberatung bei Suchtfragen
Branchenhilfe.ch, Ratgeber für betroffene Wirtschaftszweige
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143