Reichsbürger-TerrorSurvival-Experte Peter W. wollte diesen Herbst die deutsche Regierung stürzen
Eine bunte Gruppe aus deutschen Reichsbürgern, Corona-Leugnern und aktiven und ehemaligen Militärs plante in Deutschland einen Putsch. Eine Durchsuchung bei einem Survival-Profi brachte die Ermittler auf die Spur.
Darum gehts
In einer deutschlandweiten Razzia wurden 25 Personen verhaftet, welche Deutschlands Regierung stürzen wollten.
Noch in diesem Jahr wollte man losschlagen. Doch die Ermittler hatten die Verschwörer auf dem Radar.
Möglich machte das die Durchsuchung der Wohnung von Peter W.
Der ehemalige Fallschirmjäger und Survival-Spezialist führte die Ermittler ungewollt auf die Spur.
Eine fast unglaubliche Geschichte: In Deutschland sind 25 Personen aus der Reichsbürgerszene festgenommen worden. Sie planten den Sturz der deutschen Regierung – und waren dabei schon weit fortgeschritten.
Minuten vor Beginn der Razzia, postete einer der Verdächtigen auf Telegram am Mittwochmorgen noch: «Es wird sich alles drehen: die bisherigen Staatsanwälte und Richter sowie zuständigen Leiter der Gesundheitsämter samt Vorgesetzten werden sich bald auf der Anklagebank in Nürnberg 2.0 wiederfinden…».
Survival-Experte Peter W. war oft in den Medien
Unter den 25 Verhafteten sind ein Nachfahre eines deutschen Adelsgeschlechts, eine AFD-Politikerin und Richterin, ein Anwalt, ein Pilot und mehrere Mitglieder der deutschen Bundeswehr, aktive und ehemalige (siehe Bildstrecke).
Dem Netzwerk auf die Spur gekommen waren die Ermittler im April. Wegen Verdachts auf illegalen Waffenbesitzes durchsuchte die Polizei in Bayreuth die Wohnung von Peter W.*.
Dabei stiessen die Beamten auf Schusswaffen, Munition, Magazine, eine Handgranatenattrappe und vor allem auf Kontakte zu ehemaligen Elite-Soldaten des Kommandos Spezialkräfte KSK. Es sollte der Anfang für umfangreiche Überwachungen der Verschwörer werden, die sich seit November 2021 regelmässig trafen.
«In einer Pandemie kommt die Hälfte der Bevölkerung nicht durch»
Dabei war Peter W. in Deutschland nicht unbekannt: Der ehemalige Fallschirmjäger der Bundeswehr tauchte als Survival-Experte immer wieder einmal in den Medien auf. Letztes Jahr etwa gab er seine Expertise dazu ab, wie ein nahe der tschechischen Grenze verloren gegangenes Mädchen zwei Tage im Wald überleben konnte.
2016 antwortete er auf die Frage, ob die Deutschen auf einen Ernstfall vorbereitet wären: «Nicht mal ansatzweise. Der Staat hat in den 90er-Jahren in dieser Richtung ziemlich alles abgebaut. Es fehlt nicht nur an Infrastruktur, sondern auch an Wissen. Wenn ein Katastrophenzustand – sagen wir, eine Pandemie – mehrere Monate anhält, kommt nicht mal die Hälfte der Bevölkerung durch. Möglicherweise nicht mal ein Drittel.»
Stromausfall als Auftakt zum Umsturz
Auch sagte Peter W. vor einigen Jahren in einem Interview voraus: «Schon ein Stromausfall für wenige Tage könnte die öffentliche Ordnung in den Städten zusammenbrechen lassen.» Diese Idee scheint der Survival-Experte auch in die Umsturzkreise hineingetragen zu haben.
Zumindest planten die Umstürzler offenbar, mit elektromagnetischen Impulsen einen Stromausfall zu verursachen. Das sollte der Startschuss für den Umsturz sein.
Darauf sollten der Bundestag angegriffen und Abgeordnete als Geiseln genommen werden. Das sollte der militärische Flügel der Gruppe übernehmen. Allen sei klar gewesen, dass ein Coup «nur durch den Einsatz militärischer Mittel und Gewalt gegen staatliche Repräsentanten verwirklicht werden» könne.
In der Folge rechneten die Männer und Frauen damit, dass in Deutschland Unruhen ausbrechen und sich Teile der Sicherheitskräfte der Terrorgruppe anschliessen würden. Das hätte den Umsturz perfekt gemacht. So überzeugt waren die Aufständler von ihrem Vorhaben, dass sie sogar schon begonnen hatten, ehemalige und noch aktive Polizisten und Soldaten zu rekrutieren.
Tod der Queen als möglicher Termin
Die Umsturzpläne waren schon weit fortgeschritten: So war im Herbst ein Besuch im Reichstag vorgesehen, bei dem das Parlament ausgespäht werden sollte. Dieser Plan habe bei den Sicherheitsbehörden grosse Unruhe ausgelöst, schreibt «Die Zeit». Sie stellten sich auf eine Festnahme der Rechtsextremisten ein – doch diese tauchten nicht auf.
Offenbar wollte die Gruppe noch in diesem Jahr losschlagen und diskutierte seit dem Herbst über den geeigneten Tag. Mehrere mögliche Termine – etwa der Tod der britischen Queen – verstrichen, so dass sich in den vergangenen Wochen die Stimmen mehrten, man solle endlich zur Tat zu schreiten.
Satellitentelefone im Wert von 20’000 Euro
Die Ermittler waren nach eigenen Angaben erstaunt darüber, über wie viel Geld die Gruppe verfügte und wie gut vernetzt sie untereinander war. So standen ihr etwa Satellitentelefone im Wert von 20’000 Euro für eine sichere Kommunikation zur Verfügung, die auch funktionieren, wenn das Handynetz ausfällt.
Sie werden der Mitgliedschaft in oder Unterstützung einer terroristischen Vereinigung verdächtigt. Das Verfahren des Generalbundesanwalts soll auch klären, ob sich mutmassliche Terroristen auch der Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens schuldig gemacht haben.
Insgesamt 52 Beschuldigte
Survival-Spezialist Peter W. und die anderen 24 Festgenommenen sollen am Mittwoch und Donnerstag den Ermittlungsrichtern am Bundesgerichtshof in Karlsruhe vorgeführt werden. Die Ermittlungen richten sich aber gegen insgesamt 52 Beschuldigte – vom Gourmetkoch über einen Tenorsänger, einer Ärztin bis zu einem Anwalt und einem Piloten.
So bunt vermischt die Verschwörerschar auch war – verbunden war sie den Strafverfolgern zufolge durch eine radikale Ablehnung der staatlichen Institutionen und der Demokratie in Deutschland (siehe Box).

Die deutsche Reichsbürgerszene umfasst 21’000 Anhänger und Anhängerinnen.
Getty ImagesWas sind Reichsbürger?
Reichsbürger sind Menschen, die die Bundesrepublik Deutschland und ihre staatlichen Strukturen nicht anerkennen. Sie behaupten, das Deutsche Reich (1871 bis 1945) würde weiter existieren. Sie weigern sich oft, Steuern zu zahlen und stehen im Konflikt mit Behörden. Der Verfassungsschutz rechnet der Szene in Deutschland rund 21’000 Anhänger und Anhängerinnen zu. Bei etwa 1150 von ihnen handelt es sich nach Angaben der Behörden um Rechtsextremisten.
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