PreiskampfSwiss verdient auf Kurzstrecken nur 800 Fr
Beim Kurzstreckenflug beträgt die Marge der Swiss ein Zehntel dessen, was die Airline auf der Langstrecke verdient. Trotzdem geht die Rechnung auf.
Ob nach London oder Barcelona: Die Margen der Swiss sind bei Kurzstreckenflügen hauchdünn. Im Schnitt verdient die Airline bei einem solchen Flug 800 Franken. Das zeigt ein Gutachten von HSG-Professor Andreas Wittmer, das er fürs Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) erstellt hat. Auf Langstreckenflügen beträgt die Marge mit bis zu 10'000 Franken teils mehr als das Zehnfache:

Durchschnittliche Margen pro Flug nach Fluggerät. (Quelle: Bazl)
Je nach Auslastung und Ziel unterscheiden sich die Margen für die einzelnen Flugzeuge, sagt Wittmer zu 20 Minuten. Darum handle es sich bei den Zahlen um Schätzungen. Bei der Swiss heisst es auf Anfrage, man nehme zu den Margen grundsätzlich keine Stellung.
Konkurrenz drückt auf die Margen
Laut Wittmer gibt es mehrere Gründe, warum die Margen für Kurzstreckenflüge so tief sind. Auf den Kurzstrecken herrsche ein extremer Verdrängungswettbewerb. Billig-Airlines, die in der Schweiz vor allem im Kurzstreckengeschäft prominent sind, würden die Preisvorstellungen der Passagiere beeinflussen – so erwarten Kunden auch von der Swiss billigere Tickets.
Dazu komme, dass es bei der Airline im Kurzstreckenverkehr zum Teil keine teureren Preisklassen wie Business und First Class gebe.
Kurzstrecke lohnt sich trotzdem
Für die Swiss dürfte sich der Kurzstreckenverkehr aber trotz der dünnen Margen lohnen. Hauptgrund ist laut Aviatik-Experte William Agius von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW), dass die Airlines mit den Kurzstrecken die Langstreckenflüge bedienen.
Passagiere würden mit dem für die Airline weniger lukrativen Flug nach Zürich fliegen, um dann eine längere Reise auf der margenträchtigen Langstrecke anzutreten. «Zweck dieser Zubringerflüge ist es, die Langstreckenflüge zu füllen», sagt Agius.
Die Schweiz profitiert
Die tiefen Margen sind darum kein Grund für die Swiss, ihr Angebot an Kurzstreckenflügen zu reduzieren. Die Verbindungen in die europäischen Zentren seien vor allem für die abends abfliegenden Langstreckenflüge wichtig, sagt Swiss-Sprecherin Karin Müller zu 20 Minuten: «Ohne die Abendwellen könnte man die Langstrecke nicht kommerziell sinnvoll anbieten.» Die Airline betont darum, dass die Betrachtung eines Einzelflugs für die Wirtschaftlichkeit der Swiss zu kurz greife.
Tiefere Margen deuten laut HSG-Professor Wittmer darauf hin, dass die Flüge umso stärker vernetzt sind. «Der daraus entstehende Hub-Effekt führt zu einem volkswirtschaftlichen Nutzen für die Schweiz», erklärt der Experte. Die Schweizer Exportwirtschaft und Firmen hätten durch den Hub viel bessere Verbindungen in die Welt.
Zwei Flüge sind billiger als einer
Das System mit Zubringerflügen hat einen «absurden» Nebeneffekt, sagt Agius von der ZHAW: Um Passagiere anzulocken, komme es oft vor, dass ein Flug mit Umsteigen billiger ist als ein Direktflug – die Kombination eines Kurz- und Langstreckenflugs ist also insgesamt günstiger als der gleiche Langstreckenflug allein.
Ein extremes Beispiel: Ein First-Class-Ticket am Samstagabend von Zürich nach Singapur kostet bei der Swiss 6285 Franken. Bucht man denselben Flug ab London, kostet das Ticket mit Zubringerflug von Heathrow nach Zürich 2939 Franken – der Direktflug allein ist mehr als doppelt so teuer (Stand: Freitagmittag). Die Preise variieren je nach Tarifklasse und Auslastung der Strecken.
Airlines akzeptieren die günstigeren Tickets nur, wenn man den Zubringerflug auch wirklich angetreten hat. Es ist darum nicht möglich, den Flug ab London zu buchen und dann direkt ab Zürich zu fliegen.
Diese Kostenpunkte bestimmen die Marge
Die Marge eines Fluges ist von zahlreichen Kostenpunkten abhängig. Von IT-Spezialisten über Piloten bis zu Flugzeugmechanikern braucht es laut Aviatik-Experte William Agius zwischen 200 und 250 Personen, um einen Flug durchzuführen. Nebst der Bezahlung dieser Arbeitskräfte sind auch Gebühren, etwa für Standplätze an Flughäfen und Treibstoffpreise zu bedenken. Zudem drücken Anschaffungs- und Wartungskosten von Material und Flugzeugen auf die Marge.