SyrienMacron lädt Al-Scharaa nach Paris
Rebellen in Syrien haben das Assad-Regime gestürzt. Nun versucht eine Übergangsregierung das Land wieder aufzubauen.
In Syrien drangen islamistische Aufständische in den Präsidentenpalast von Baschar al-Assad ein.
20min/dscEnde November 2024 flammte der Bürgerkrieg in Syrien wieder auf.
Mittlerweile hat die islamistische Miliz Hajat Tahrir al-Scham (HTS) die Macht übernommen.
Nach dem Sturz von Langzeit-Machthaber Baschar al-Assad steht die EU vor der Frage, wie es mit den scharfen Wirtschaftssanktionen weitergeht.
Deine Meinung zählt
Emmanuel Macron lädt syrischen Präsidenten nach Frankreich
Als wohl erster europäischer Staats- oder Regierungschef hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit dem syrischen Übergangspräsidenten Ahmed al-Scharaa telefoniert und diesen dabei nach Frankreich eingeladen. Macron habe al-Scharaa für einen Besuch in Frankreich in den kommenden Wochen eingeladen, teilte die syrische Präsidentschaft mit.

Emmanuel Macron in Paris. (4. Februar 2025)
AFPAus Paris gab es für die Einladung zunächst keine Bestätigung. Wie es aus dem Élysée-Palast hiess, habe Macron die Initiative für das Telefonat mit Blick auf die internationale Syrien-Konferenz ergriffen, die am Donnerstag kommender Woche in Paris organisiert wird.
Macron habe den Wunsch geäussert, dass der von den Interimsbehörden eingeleitete Prozess den Bestrebungen des syrischen Volkes in vollem Umfang gerecht wird. Auch habe Macron die Treue Frankreichs zu den demokratischen Kräften in Syrien betont und zu deren vollständiger Integration in den syrischen Übergangsprozess aufgerufen, hiess es in Paris.
Nach syrischen Angaben gratulierte Macron al-Scharaa in dem Telefonat zur Übernahme der Präsidentschaft und zur «Befreiung des Landes». Frankreich bemühe sich, die Sanktionen gegen Syrien aufzuheben, um wirtschaftliche Erholung und Wachstum zu fördern. Al-Scharaa dankte Macron seinerseits für die Unterstützung Frankreichs für das syrische Volk in den vergangenen Jahren.

Al-Scharaa (l.) reiste in die Türkei und traf den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. (4. Februar 2025)
AFPAl-Scharaa war vor wenigen Tagen zum Übergangspräsidenten Syriens ernannt worden. Die von ihm angeführte Islamistenmiliz HTS hatte die bisherige Regierung von Machthaber Baschar al-Assad nach einer Blitzoffensive im Dezember gestürzt. Seitdem reiste al-Scharaa nach Saudi-Arabien und in die Türkei und empfing unter anderem hochrangige Delegationen aus der EU. Über direkten Kontakt mit einem europäischen Staats- oder Regierungschef wurde seit seiner Ernennung zum Präsidenten bisher nichts bekannt. (DPA)
Trump will sich nicht auf Abzug von US-Truppen festlegen
US-Präsident Donald Trump hat den möglichen Abzug von amerikanischen Soldaten aus Syrien im Unklaren gelassen. «Wir werden eine Entscheidung darüber treffen», antwortete Trump Reportern am Donnerstag auf die Frage, ob er beabsichtige, die in Syrien stationierten US-Truppen zur Bekämpfung der Terrormiliz Islamischer Staat in ihrer derzeitigen Stärke beizubehalten. «Wir sind nicht in Syrien involviert. Syrien hat sein eigenes Chaos. Sie haben dort genug Probleme. Sie brauchen es nicht, dass wir uns in alles einmischen», sagte Trump.
Amerikanischen Angaben zufolge waren in den vergangenen Jahren rund 900 US-Soldaten in Syrien stationiert – im Dezember hatte das Pentagon allerdings eingeräumt, dass die Zahl der Soldaten höher ist als bekannt und inzwischen auf etwa 2000 angestiegen ist.
Zwischen den USA und den Nachbarländern Syriens – der Türkei und dem Irak – gibt es seit langem Streit über die anhaltende Präsenz amerikanischer Truppen in Syrien und die Notwendigkeit, sie auf einem bestimmten Niveau zu halten. Israel hat die USA inzwischen unterdessen aufgefordert, ihre Präsenz im Land aufrechtzuerhalten. Vor dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad im Dezember, hatte Trump noch gesagt, das US-Militär solle sich aus Syrien zurückziehen. (DPA)
Al-Scharaa zum Übergangspräsidenten ernannt
Der De-Facto-Machthaber Syriens und frühere Rebellenführer Ahmed al-Scharaa ist zum Übergangspräsidenten Syriens ernannt worden. Das berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Sana am Mittwoch nach einem Treffen ehemaliger Rebellengruppen.
Ein Militärsprecher der Regierung, Hassan Abdul Ghani, sagte laut Sana, al-Scharaa werde die Aufgaben des Staatspräsidenten während einer Übergangsphase übernehmen. Bis eine neue Verfassung stehe, könne al-Scharaa eine Art Übergangsrat bilden. Ghani kündigte auch die Auflösung bewaffneter Gruppen in Syrien auf. Diese sollten in staatliche Verbände eingegliedert werden.

Al-Scharaa ist der Anführer der Gruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS), die massgeblich am Sturz von Langzeitmachthaber Baschar al-Assad beteiligt war. Seither führt die HTS eine Übergangsregierung mit Funktionären, die zum Teil schon zuvor in der von Rebellen kontrollierten Provinz Idlib regionale Regierungsverantwortung übernommen hatten. (DPA)
Moskau will Militärbasen in Syrien behalten – Syrer wollen Assad
Russland erklärte am Mittwoch, es habe «offene» Gespräche mit dem neuen De-facto-Führer Syriens geführt, um seine beiden Militärstützpunkte im Land zu erhalten, lehnte es jedoch ab, sich zu seinen Forderungen zu äussern, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet.
Eine syrische Quelle, die mit den Gesprächen vertraut ist, sagte gegenüber Reuters, dass der neue Führer, Ahmed al-Sharaa (vormals al-Dschulani), Moskau um die Auslieferung des ehemaligen syrischen Präsidenten Bashar al-Assad gebeten habe, der nach seinem Sturz durch Sharaas Rebellen im Dezember nach Russland geflohen war.
Die syrische Nachrichtenagentur Sana berichtete, Damaskus wolle auch, dass Russland, das Assad im Bürgerkrieg unterstützte, das Vertrauen durch «konkrete Massnahmen wie Entschädigung, Wiederaufbau und Wiederherstellung» wiederherstelle.
Katar fordert Israels Rückzug aus der Pufferzone in Syrien
Katar forderte Israel bei einem Besuch seines Premierministers in Damaskus zum «sofortigen Rückzug» aus seiner «Pufferzone» mit Syrien auf, nachdem israelische Truppen das Gebiet nach dem Sturz von Bashar al-Assad besetzt hatten.

Premierminister Scheich Mohammed Bin Abdulrahman Al Thani (r) bei einem Treffen mit dem Aussenminister der syrischen Übergangsregierung.
IMAGO/APAimages«Die israelische Besetzung der Pufferzone ist ein rücksichtsloser Akt, und sie muss sich sofort zurückziehen», sagte Premierminister Scheich Mohammed Bin Abdulrahman Al Thani auf einer Pressekonferenz mit dem neuen syrischen Führer Ahmed al-Sharaa.
Türkei droht kurdischen Kräften in Syrien mit Militäreinsatz
Die Türkei hat den kurdischen Kräften im Nachbarland Syrien mit einem Militäreinsatz gedroht, sollten sie Ankaras Forderungen nach einem Rückzug aus Syrien nicht nachkommen. «Wir werden tun, was nötig ist», wenn die YPG-Einheiten die Forderungen Ankaras nicht erfüllen, sagte Aussenminister Hakan Fidan am Dienstag dem Sender CNN Türk. Auf die Frage, was das bedeuten könnte, antwortete er: «Ein militärischer Einsatz.»
Das Ultimatum, das Ankara den kurdischen Milizen durch US-Vermittlung gestellt habe, sei «offensichtlich», sagte Fidan. «Die internationalen Kämpfer, die aus der Türkei, dem Iran und dem Irak gekommen sind, müssen Syrien sofort verlassen.» Allerdings sehe die Türkei derzeit «weder eine Vorbereitung noch eine Absicht in dieser Richtung» und warte ab, fügte er hinzu.

Der türkische Aussenminister Hakan Fidan bei einem Treffen mit Ahmed al-Sharaa (früher Al-Dschulani), dem neuen Staatsoberhaupt in Syrien.
IMAGO/Newscom / EyePressDie kurdischen YPG-Einheiten in Nordost-Syrien spielten 2019 beim Sieg über die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) eine entscheidende Rolle. Bei ihrem anhaltenden Kampf gegen den IS werden die kurdischen Kämpfer von den USA unterstützt.
Die Türkei betrachtet die zu den Demokratischen Kräften Syriens (SDF) gehörenden kurdischen YPG-Einheiten als Ableger der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), die von Ankara wie von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft wird. Die PKK kämpft in der Türkei seit Jahrzehnten gewaltsam gegen die türkische Armee und für die Rechte der Kurden.
Die SDF kontrollieren grosse Teile des Nordosten Syriens und Teile der östlichen Provinz Deir Essor, wo die Kurden nach dem Rückzug der Regierungskräfte zu Beginn des Bürgerkriegs 2011 eine autonome Verwaltung eingerichtet haben. Aus der Sicht Washingtons ist die SDF entscheidend, um ein Wiedererstarken des IS zu verhindern – zumal die SDF auch Gefängnisse und Gefangenenlager kontrollieren, in denen IS-Dschihadisten interniert sind.
Aus Sicht des türkischen Aussenministers könnte diese Aufgabe künftig jedoch die Türkei übernehmen. Sein Land sei in der Lage, die Verwaltung entsprechender Einrichtungen zu übernehmen, falls die neue Führung dazu nicht in der Lage sei, sagte Fidan.
USA lockern Sanktionsbedingungen für Syrien
Die USA lockern vorübergehend die Sanktionsbedingungen zur Erleichterung humanitärer Hilfe in Syrien. Die weitreichenden Sanktionen gegen das Land an sich bleiben jedoch bestehen. Die Massnahme gelte für sechs Monate, teilte das US-Finanzministerium in Washington mit. Hilfsorganisationen und Firmen, die lebenswichtige Güter liefern, wird eine Ausnahmegenehmigung erteilt. Solange unklar ist, in welche Richtung sich die neue Führung bewegt, hält das Weisse Haus vorerst an den Sanktionen fest. Syriens neue Regierung geht aus der islamistischen Rebellengruppe HTS hervor, die von den USA als Terrororganisation eingestuft wird.
US-Aussenminister Antony Blinken bekräftigte in einem Gespräch mit seinem saudiarabischen Kollegen Prinz Faisal bin Farhan al-Saud die Unterstützung der USA für einen friedlichen politischen Übergang in Syrien, wie ein Sprecher des US-Aussenministeriums mitteilte. Die Rechte und fundamentalen Freiheiten aller Syrer, einschliesslich Angehöriger von Minderheiten, müssten respektiert werden. Zugleich betonte Blinken demnach die Notwendigkeit, dass die internationale Gemeinschaft den Fluss humanitärer Hilfe in Syrien erleichtert. (DPA)
Aktivisten: Erneut israelischer Luftangriff in Syrien
Israels Luftwaffe hat nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten erneut Ziele in Syrien angegriffen. Kampfflugzeuge hätten in der Nacht militärische «Verteidigungsfabriken» der gestürzten syrischen Regierung südlich von Aleppo angegriffen, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte in der Nacht mit. Angaben zu möglichen Opfern gab es zunächst nicht. Das israelische Militär schwieg sich zunächst aus. Es seien gewaltige Explosionen zu hören gewesen, teilte die Beobachtungsstelle mit Sitz in Grossbritannien in der Nacht weiter mit.
Nach dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad am 8. Dezember hatte Israel seine Angriffe in dem Nachbarland massiv ausgeweitet. Seither habe die israelische Luftwaffe rund 500 Angriffe in dem Land geflogen, teilten die Menschenrechtsaktivisten mit. Israels Armee erklärte, bis zu 80 Prozent der militärischen Kapazitäten in Syrien zerstört zu haben. (DPA)

Durch Israel zerbombte Gebäude in Syrien. (Archivbild)
AFP/Omar Haj KadourSyrien: Übergangsregierung ernennt Frau zu Gouverneurin
Die von Islamisten dominierte Übergangsregierung in Syrien hat einer weiteren Frau einen wichtigen offiziellen Posten verliehen. Muhsina al-Mahithaui wurde zur Gouverneurin der Provinz Suwaida im Süden des Landes ernannt, wie die syrische Nachrichtenagentur Sana berichtete. Die Angehörige der drusischen Gemeinde studierte an der Universität Damaskus und leitete zuvor eine grössere Bank in der Provinz Suwaida, aus der sie auch stammt.

Aiham al-Schufi, eine Aktivistin in der Region, bezeichnete al-Mahithaui als eine der führenden Figuren in den Protesten gegen die inzwischen gestürzte Regierung von Machthaber Baschar al-Assad. Sie sei «eine der ersten Frauen bei der friedlichen Bewegung in der Provinz Suwaida gegen die Regierung» gewesen. Trotz Schikanen der Regierung habe sie sich dabei nicht vom Weg abbringen lassen, sagte al-Schufi der Deutschen Presse-Agentur.
Es ist die dritte Ernennung einer Frau auf einen höheren offiziellen Posten in der Übergangsregierung. Auch die geschäftsführende Direktorin der Zentralbank und die Leiterin des Büros für Frauenangelegenheiten sind Frauen. (DPA)
35'000 syrische Flüchtlinge kehren zurück
Seit dem Sturz des Machthabers Baschar al-Assad in Syrien vor rund drei Wochen sind nach offiziellen Angaben rund 35'000 syrische Flüchtlinge aus der Türkei in ihr Heimatland zurückgekehrt. Damit hätten seit Anfang Dezember so viele Syrer das Land verlassen wie sonst in drei Monaten, sagte der türkische Innenminister Ali Yerlikaya im Sender NTV.
Die Türkei hat im weltweiten Vergleich die meisten Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland Syrien aufgenommen. Zurzeit leben nach Angaben von Yerlikaya noch rund 2,9 Millionen syrische Flüchtlinge im Land. Davon seien fast ein Drittel in der Türkei geborene Kinder. Diese erhalten nicht die türkische Staatsbürgerschaft, sondern haben wie ihre Eltern vorübergehenden Schutzstatus. (DPA)

Ukraine und Syrien nehmen Beziehungen wieder auf
Die Ukraine und Syrien wollen nach Jahren der diplomatischen Eiszeit eine «strategische Partnerschaft» aufbauen. Es werde Beziehungen auf politischer, wirtschaftlicher und sozialer Ebene geben, sagte Asaad al-Schaibani, Syriens Aussenminister der neuen Übergangsregierung, nach einem Treffen mit seinem ukrainischen Kollegen, Andrij Sybiha.
An dem Treffen in der syrischen Hauptstadt nahm auch der syrische De-facto-Herrscher Ahmed al-Scharaa teil. Er ist Anführer der islamistischen Aufständischen, die den Staatschef Baschar al-Assad gestürzt haben. Assad hatte über viele Jahre engste Verbindungen nach Russland, wo er vor Wochen auch Zuflucht gefunden hat.

Der Aussenminister der Ukraine, Andrij Sybiha
Fabian Sommer/dpaSybiha sicherte Syrien Unterstützung zu. Bereits am Mittwoch sollen LKW mit 500 Tonnen ukrainischen Mehls in Syrien eintreffen, sagte er.
Im Gegenzug gehe Kiew davon aus, dass sich die neue Führung unter Führung der Islamisten an internationales Recht halte und die unter Syriens gestürzten Machthaber al-Assad vollzogene Anerkennung der völkerrechtswidrigen russischen Annexion ukrainischer Gebiete rückgängig mache. Er erinnerte daran, dass sowohl Syrien als auch die Ukraine unter Russland und dem Iran gelitten hätten.
Die diplomatischen Beziehungen zwischen Syrien und der Ukraine wurden 2022 abgebrochen. Auslöser war unter anderem Syriens Anerkennung der Separatistengebiete Luhansk und Donezk als unabhängige Staaten.
Während der Assad-Herrschaft war Russland die wichtigste Schutzmacht Syriens. Nicht zuletzt dank des russischen Militäreinsatzes gelang es ihm mit seinen Anhängern bis zu seinem Sturz rund zwei Drittel des Landes zu kontrollieren. Die russische Regierung distanzierte sich zuletzt vom gestürzten Assad. (DPA)
Russland distanziert sich von Baschar al-Assad
Die russische Regierung hat sich vom gestürzten syrischen Machthaber Baschar al-Assad distanziert. Der russische Aussenminister Sergei Lawrow sagte der staatlichen Nachrichtenagentur Tass, der schnelle Umsturz in Syrien vor gut drei Wochen sei auch auf die Unfähigkeit von Ex-Präsident Assad zurückzuführen, die sozialen Probleme im Land zu beheben. «Wir können bereits jetzt sagen, dass einer der Gründe für die Verschlechterung der Lage die Unfähigkeit der damaligen Regierung war, die Grundbedürfnisse der Bevölkerung im sich hinziehenden Bürgerkrieg zu befriedigen.»

Baschar al-Assad (l.) und Wladimir Putin trafen sich im Juli dieses Jahres. (24. Juli 2024)
AFPBis zum Umsturz am 8. Dezember war Russland neben dem Iran Schutzmacht des Gewaltherrschers Assad gewesen. Der Kreml wurde aber ebenso wie Assad vom raschen Vordringen der islamistischen Rebellen überrascht und flog ihn ins Exil nach Moskau aus, als die Hauptstadt Damaskus erobert wurde. Kremlchef Wladimir Putin hatte danach deutlich gemacht, die Entmachtung des syrischen Präsidenten nicht als eine Niederlage für Russlands dort seit 2015 stationiertes Militär anzusehen. (DPA)
Rebellenführer al-Scharaa will Syrien zu Wahlen führen
Syriens Rebellenführer Ahmed al-Scharaa will das Land nach eigenen Worten schrittweise zu einer neuen Verfassung und Wahlen führen. Bis zum Entwurf für eine Verfassung könnten rund drei Jahre und bis zu Wahlen ein weiteres Jahr vergehen, sagte al-Scharaa im Interview des Nachrichtenkanals Al-Arabija.
Das arabische Land ist nach mehr als zehn Jahren Bürgerkrieg zersplittert und konfessionell stark gespalten. Auch nach dem Sturz von Machthaber Baschar al-Assad kämpfen verfeindete Milizen um die Macht.

Syriens Rebellenführer Ahmed al-Scharaa (rechts im Bild) will das Land schrittweise zu einer neuen Verfassung und Wahlen führen.
Syrian Presidency/APA Images via ZUMA Press Wire/dpaSchon in einer UN-Resolution von 2015, die der UN-Sicherheitsrat nach Beginn des Bürgerkriegs im Jahr 2011 verabschiedete, gab es die Forderung nach fairen und freien Wahlen. Nachdem al-Scharaas Islamistengruppe HTS im Nordwesten Syriens jahrelang autoritär regiert hatte, gibt es weiter Zweifel, ob eine solche Wahl in Syrien stattfinden könnte. Menschenrechtler haben unter der HTS-Herrschaft etwa Folter und Tötungen politischer Gegner dokumentiert. Zugleich hat al-Scharaa aber etwa den Schutz von Minderheiten angemahnt.
«Syrien wird für niemanden eine Quelle für Unruhe bedeuten», sagte er Al-Arabija. Die von ihm angeführte Miliz HTS, die Syriens Regierung nach einer Blitzoffensive stürzte, solle aufgelöst werden. Den Schritt werde er bei einer Konferenz für nationalen Dialog offiziell bekanntgeben. (DPA)
Geheimdienstchef will alle Geheimdienstorganisationen auflösen
Der neue syrische Geheimdienstchef Anas Chattab hat die Auflösung aller Geheimdienstorganisationen und eine anschliessende grundlegende Neuorganisation angekündigt. Die unter dem gestürzten Machthaber Baschar al-Assad als Instrument der Unterdrückung gefürchteten Geheimdienste würden vollständig aufgelöst, erklärte Chattab am Samstag laut der staatlichen Nachrichtenagentur Sana. Anschliessend sollten die Sicherheitsdienste so neu strukturiert werden, «dass sie unserem Volk Ehre machen».

Zahllose Menschen verschwanden in den Gefängnissen der syrischen Geheimdienste. (25. Dezember 2024)
AFP/Sameer al-DoumyChattab beklagte in einer von Sana verbreiteten Erklärung «die Unterdrückung und Tyrannei des alten Regimes» unter Assad. Dieses habe der Bevölkerung mithilfe des Sicherheitsapparats schweres Leid zugefügt. «Die Sicherheitsdienste des alten Regimes waren zahlreich und vielfältig, aber allen war gemeinsam, dass sie dem Volk aufgezwungen wurden, um es fünf Jahrzehnte lang zu unterdrücken», erklärte der neue Geheimdienstchef.
Während der jahrzehntelangen Herrschaft von Baschar al-Assad und dessen Vater Hafis verschwanden zahllose Menschen in den von den Geheimdiensten betriebenen Gefängnissen. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte starben allein während des syrischen Bürgerkrieges in den vergangenen fast 14 Jahren mehr als 100’000 Menschen in syrischen Gefängnissen, viele davon unter Einwirkung von Folter. (AFP)
Assad-General festgenommen
Das Militärische Einsatzkommando der neuen syrischen Führung hat die Verhaftung von General Mohammad Kanjo Hassan in Khribat Al-Mazza im ländlichen Tartus bekannt gegeben. Dieser soll für unzählige Todesurteile im Folter-Gefängnis Saydnaya unter der Herrschaft von Assad verantwortlich gewesen sein. Dies teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Donnerstag mit.
Zuvor soll Kanjo Hassan für einen Hinterhalt, bei dem mehrere Menschen getötet worden sind, verantwortlich gewesen sein. (fos)
Tote bei Festnahme von Ex-Offizier
In der westsyrischen Provinz Tartus sind bei Zusammenstössen zwischen Sicherheitskräften und bewaffneten Männern nach Angaben von Aktivisten 17 Menschen getötet worden.
Wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Mittwoch in einer aktualisierten Bilanz mitteilte, wurden in der Ortschaft Chirbet al-Maasa «14 Mitglieder der allgemeinen Sicherheitskräfte» der neuen syrischen Regierung sowie «drei bewaffnete Männer» getötet, nachdem die Sicherheitskräfte zuvor versucht hatten, einen Offizier des gestürzten Machthabers Baschar al-Assad festzunehmen. Dabei seien sie in einen Hinterhalt geraten.
Der Offizier soll den Angaben zufolge zu den Verantwortlichen für die Verbrechen im berüchtigten Saidnaja-Gefängnis gehören. Er habe «Todesurteile und willkürliche Urteile gegen Tausende von Gefangenen verhängt», hiess es weiter.
Der neue «Innenminister» kündigte über Telegram ein hartes Vorgehen gegen «jeden an, der es wage, die Sicherheit Syriens zu untergraben oder das Leben seiner Bürger zu gefährden».

Proteste in Syrien nach Zerstörung eines Heiligtums
In Damaskus und weiteren syrischen Städten haben zahlreiche Menschen nach der Zerstörung eines Heiligtums protestiert. Das berichtete die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Demnach ist in der nordwestlichen Provinz Aleppo der Schrein eines muslimischen Scheichs in Brand gesetzt worden, der von Alawiten verehrt wird.
Die Alawiten sind eine religiöse Minderheit mit schiitischen Wurzeln, die heute vor allem in Syrien lebt. Auch die Familie des gestürzten Langzeit-Machthabers Baschar al-Assad gehört den Alawiten an. (DPA)
Bewaffnete Gruppen sagen Auflösung zu
Die neuen Machthaber in Syrien haben nach eigenen Angaben eine Vereinbarung mit «allen bewaffneten Gruppen» über deren Auflösung und die Integration in die regulären Streitkräfte getroffen. «Ein Treffen der Chefs der Gruppen» mit dem neuen syrischen Machthaber Ahmad al-Scharaa «hat zu einem Abkommen über die Auflösung aller Gruppen und ihre Integration unter Aufsicht des Verteidigungsministeriums geführt», meldeten die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana und die neuen Behörden im Onlinedienst Telegram. (AFP)

Syriens neue Machthaber wollen alle Waffen unter staatliche Kontrolle stellen
Syriens neue Machthaber wollen alle Waffen im Land unter staatliche Kontrolle stellen. Der Chef der islamistischen Miliz Hajat Tahrir al-Schams (HTS), Ahmed al-Scharaa, sagte am Sonntag bei einer Pressekonferenz mit dem türkischen Aussenminister Hakan Fidan, alle bewaffneten Gruppen in Syrien würden bald «ihre Auflösung» bekanntgeben und sich der Armee anschliessen. Die HTS-Miliz werde nicht zulassen, «dass es im Land Waffen ausserhalb der staatlichen Kontrolle gibt» – auch nicht in den Gebieten unter der Kontrolle der von Kurden angeführten Demokratischen Kräfte Syriens (SDF).(AFP)
Syrien: Treffen zwischen US-Diplomaten und neuem Machthaber positiv
Ranghohe US-Diplomaten haben mit Syriens neuem De-facto-Machthaber Ahmed al-Sharaa nach eigenen Angaben positive Gespräche über den politischen Übergang des Landes geführt und eine Aufhebung des Kopfgeldes auf ihn beschlossen. Man habe in Damaskus unter anderem darüber gesprochen, wie wichtig es sei, dass terroristische Gruppen weder innerhalb Syriens noch nach aussen eine Bedrohung darstellen, sagte Barbara Leaf, für den Nahen Osten zuständige Spitzendiplomatin im US-Aussenministerium.
Der Anführer der Islamistengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) habe dies zugesagt, sagte Leaf im Anschluss an das Treffen mit al-Scharaa zu Journalisten. Die USA hatten vor einigen Jahren ein Kopfgeld in Höhe von zehn Millionen US-Dollar auf al-Schaara ausgelobt, der bis vor kurzem unter seinem Kampfnamen Mohammed al-Dschulani aufgetreten war. Auf der Grundlage ihres Gesprächs habe sie ihm gesagt, dass die USA das Kopfgeld auf ihn jetzt «nicht weiterverfolgen würden», sagte Leaf im Anschluss an das Treffen.
Es war laut Leaf der erste Besuch von US-Diplomaten in Syrien seit 2012, als die USA nach Beginn des Bürgerkriegs im Jahr zuvor die diplomatischen Beziehungen zu dem Land Syrien abgebrochen hatten. Neben Leaf nahmen auch der US-Sondergesandte für Geiselnahmen, Roger Carstens, und der US-Sondergesandte für Syrien, Daniel Rubinstein, an den Gesprächen mit Vertretern der Islamistengruppe HTS teil – wenngleich die Gruppe von den USA und der Europäischen Union bislang als Terrororganisation eingestuft wird. (DPA)
Erdogan: Intervention in Syrien
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat eine umfassende Intervention seines Landes gegen Kurden im Norden Syriens ins Spiel gebracht. Das Ziel einer solchen Aktion wäre laut Erdogan, Bedrohungen für die Sicherheit der Türkei durch syrisch-kurdische Gruppen zu eliminieren. Zuvor hatten Medien über Gefechte zwischen von der Türkei unterstützten Kämpfern und den von Kurden geführten Syrischen Demokratischen Kräften (SDF), die von den USA unterstützt werden, nahe der Grenzstadt Kobane und am Tischrin-Staudamm am Fluss Euphrat berichtet.
«Wir werden zeigen, dass die Zeit gekommen ist, um die in Syrien präsenten Terrororganisationen zu neutralisieren», sagte Erdogan am Donnerstagabend (Ortszeit) vor Journalisten. Eine Abschrift seiner Äusserungen wurde am Freitag veröffentlicht. «Wir werden dies tun, um zu verhindern, dass künftige Bedrohungen aus dem Süden unsere Grenzen erreichen.»

Die Türkei betrachtet die SDF als Terrororganisation, da ihnen eine Gruppe angehört, die der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei (PKK) nahesteht. Jüngst hatten die SDF konstatiert, die US-Vermittlungsbemühungen hätten keinen dauerhaften Frieden im Norden Syriens gebracht.
«Es gibt keinen Platz in der Zukunft der Region für Terroristen», sagte Erdogan. «Die PKK-Terrororganisation und ihre Ausläufer haben ihr Verfallsdatum überschritten.» Durch die Sicherung des Grenzgebiets in Syrien werde die Türkei die PKK auch daran hindern, Rekruten anzuwerben.
Daneben begrüsste Erdogan, dass viele Länder sich um Kontakte zu den neuen Anführern in Syrien bemühen. Es sei ein «Zeichen des Vertrauens» in die neue Regierung. Die Türkei werde dem Land helfen, neue «staatliche Strukturen» aufzubauen. Der türkische Aussenminister Hakan Fidan werde bald nach Syrien reisen. (DPA)
Türkei weist Trump-Äusserungen über «feindliche Übernahme» in Syrien zurück
Die Türkei hat Äusserungen des designierten US-Präsidenten Donald Trump zurückgewiesen, in denen der Republikaner den Sturz des Machthabers Baschar al-Assad in Syrien als «feindliche Übernahme» durch die Türkei bewertete. «Wir würden es nicht Übernahme nennen, weil es ein schwerer Fehler wäre», die Geschehnisse in Syrien so darzustellen, sagte der türkische Aussenminister Hakan Fidan am Mittwoch im Interview mit dem Sender al-Jazeera.
«Für das syrische Volk ist es keine Übernahme», fuhr Fidan fort. «Ich denke, wenn es überhaupt eine Übernahme ist, dann ist es der Wille des syrischen Volkes, der nun übernimmt.»
Trump hatte am Montag gesagt, die Türkei habe das «schlau» angestellt: «Die Türkei hat eine feindliche Übernahme vollzogen, ohne dass dabei viele Menschen ums Leben gekommen sind», sagte er vor Journalisten.
Seit den frühen Tagen der Massenproteste gegen Assad im Jahr 2011 gilt die Türkei als wesentliche Unterstützerin der Opposition gegen den früheren Machthaber. Millionen von Syrern sind in die Türkei geflohen, das Land beherbergte politisch Andersdenkende und unterstützte Gruppen, die gegen die Armee der syrischen Regierung kämpften.
Fidan sagte, es wäre inkorrekt, die Türkei als die Macht darzustellen, die am Ende Syrien regiere. «Ich denke, das wäre das Letzte, was wir wollen, denn wir ziehen enorme Lehren aus dem, was in unserer Region passiert ist, weil die Kultur der Vorherrschaft selbst unsere Region zerstört hat», sagte Fidan. Wesentlich müsse die Zusammenarbeit sein. «Unsere Solidarität mit dem syrischen Volk sollte heute nicht so charakterisiert oder definiert werden, als ob wir tatsächlich Syrien beherrschen würden. Ich denke, das wäre falsch», fuhr Fidan fort.
In Antwort auf eine Frage zu Gerüchten, die Türkei könnte eine Offensive auf die von Kurden gehaltene Grenzstadt Kobane starten, sagte Fidan: «Es gibt jetzt eine neue Regierung in Damaskus. Ich denke, das ist jetzt in erster Linie ihre Angelegenheit.» Wenn diese das «Problem richtig angehen, gibt es für uns keinen Grund einzugreifen», führte der Aussenminister aus.
Im Nordosten Syriens wird eine grössere Eskalation zwischen den von den USA unterstützten Demokratischen Kräften Syriens (SDF) und den von der Türkei unterstützten Gruppen befürchtet. Die SDF bekämpften 2019 mit Unterstützung der USA erfolgreich die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat in Syrien.
Ankara erachtet jedoch die zu den SDF gehörende Kurdenmiliz YPG als verlängerten Arm der in der Türkei als terroristisch eingestuften und verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Die Türkei hatte nach dem Machtwechsel in Syrien ihre Angriffe auf kurdisch kontrollierte Gebiete verstärkt. (AFP)
Russland zieht Luftverteidigung aus Syrien ab
Russland hat nach dem Sturz seines Verbündeten Baschar al-Assad seine Luftabwehr aus verschiedenen Teilen Syriens abgezogen. Nach einem Medienbericht und Angaben aus Militärkreisen wurde sie teilweise ins nahe Bürgerkriegsland Libyen verlegt.

Eine russische Transportmaschine wird in Syrien beladen. (13. Dezember 2024)
AFP/Maxar TechnologiesEin ehemaliger Offizier unter Assad berichtete der Deutschen Presse-Agentur, dass einige der Anlagen und auch Panzer in das vom abtrünnigen General Chalifa Haftar beherrschte Ostlibyen verlegt worden seien. Den Abzug der Luftabwehr bestätigte auch die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Zuerst hatte das «Wall Street Journal» unter Berufung auf amerikanische und libysche Quellen berichtet.
Westliche Militärs schauen auf Libyen
Libyen gilt als ein sogenannter gescheiterter Staat, der nach dem Sturz und Tod von Langzeitmachthaber Muammar al-Ghadhafi im Oktober 2011 im Chaos versank. Seit Jahren ist Libyen zwischen konkurrierenden Machtzentren in West und Ost zerrissen.
Westliche Militärs beobachten nach dpa-Informationen seit Tagen genau, ob Moskau seine Präsenz in Libyen ausbaut. «Grundsätzlich bietet sich Russland auch die Möglichkeit, über den ostlibyschen Machthaber Haftar einen privilegierten Zugang zum Hafen von Tobruk zu erhalten, um dort gegebenenfalls auch Munition umzuschlagen», hiess es bereits am 11. Dezember in einer Lageanalyse des deutschen Verteidigungsministeriums, die der dpa vorliegt.
Haftar wird seit Jahren von Russlands Präsident Wladimir Putin unterstützt. Im Streit um die Macht mit der Regierung in Tripolis im Westen des Landes kommen ihm eine bessere Luftverteidigung sowie Angriffswaffen gelegen. In Libyen halten sich Schätzungen zufolge auch Tausende Söldner der russischen Wagner-Gruppe auf.
Dem «Wall Street Journal» zufolge hatten russische Frachtflugzeuge zuletzt Ausrüstung für die Verteidigungsanlagen S-400 und S-300 in den Osten Libyens geflogen.
Auch Wagner-Söldner in Libyen
Allerdings sei Haftar grundsätzlich auch um ein ausgeglichenes Verhältnis zum Westen bemüht, hiess es in der Analyse des deutschen Verteidigungsministeriums weiter. Zudem sähen andere ostlibysche Eliten eine zu grosse Nähe zu Russland kritisch. (DPA)
Neue syrische Führung will mit UN zusammenarbeiten
Syriens neue Führung will eng mit den Vereinten Nationen zusammenarbeiten. Die von den Rebellen angeführte syrische Übergangsregierung habe sich zu einer «ehrgeizigen Aufstockung der lebenswichtigen humanitären Hilfe» verpflichtet, sagte der neue UN-Nothilfekoordinator Tom Fletcher am Dienstag.
Die Lieferungen von Hilfsgütern in das kriegsgebeutelte Land wurden Anfang des Monats durch das Chaos nach dem plötzlichen Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad unterbrochen. In einer Videobotschaft aus der syrischen Hauptstadt Damaskus teilte Fletcher dem UN-Sicherheitsrat am Dienstag mit, dass sich die Hilfsströme langsam stabilisieren würden. (DPA)