SalezTäter war nicht mehr ansprechbar
Ein Opfer des Angreifers von Salez SG ist seinen schweren Verletzungen erlegen. Auch der Täter ist verstorben. Das erschwert die Ermittlungen zum Motiv.
Brennbare Flüssigkeit und Messer: Ein 27-Jähriger hat am 13. August 2016 mehrere Mitreisende in einem Zug angegriffen.
Nach einem Flammen-Angriff in einem Zug im St. Galler Rheintal sind am Wochenende der mutmassliche Täter und eines seiner Opfer gestorben. Fünf weitere Personen wurden verletzt. Eine 17-jährige Frau, die schwer verletzt wurde, stammt aus Triesenberg in Liechtenstein, berichtet die Tageszeitung «Liechtensteiner Vaterland». Ihr Zustand sei nach unbestätigten Informationen mittlerweile stabil.
Die Polizei tappt über das Motiv des Täters weiter im Dunkeln. Bisher spreche nichts für ein terroristisches oder politisches Motiv. Die Attacke ereignete sich am Samstagnachmittag kurz vor dem Bahnhof Salez-Sennwald in einem Regionalzug der Südostbahn (SOB) auf der Strecke zwischen Buchs und Sennwald. Der 27-jährige mutmassliche Schweizer Täter schüttete eine entflammbare Flüssigkeit aus, welche gemäss Polizei «in Brand geriet». Zudem ging der Schweizer mit einem Messer auf Passagiere los.
Nachdem im brennenden Zug der Rauchmelder losgegangen war, brachte der Lokführer den Zug im Bahnhof Salez-Sennwald zum Stehen. Ein Mann, der gerade auf dem Perron stand, als der Zug einfuhr, eilte zu Hilfe und zog den brennenden Angreifer aus dem Zug.
Ein Opfer in kritischem Zustand
Am Sonntag erlagen eine 34-jährige Frau und der Täter selbst ihren schweren Verletzungen. Beim Angriff waren auch ein sechsjähriges Mädchen, zwei Frauen im Alter von 17 und 43 Jahren sowie zwei Männer im Alter von 17 und 50 Jahren verletzt worden.
Das Mädchen und die beiden Frauen lagen auch am Sonntag noch in Kliniken, wo ihre schweren Brand- und Stichverletzungen behandelt wurden. «Der Zustand der 17-Jährigen ist noch immer kritisch», sagte Polizeisprecher Gian Andrea Rezzoli auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda.
Der Regionalzug war zum Zeitpunkt der Attacke mit mehreren dutzend Fahrgästen besetzt. Wer wollte wurde von einem Mitglied eines Care-Teams psychologisch betreut. Der Angriff hatte am Samstag einen Grosseinsatz von Rettungs- und Sicherheitskräften ausgelöst.
Zugkamera filmte mit
Was den 27-jährigen zu seiner extremen Tat bewogen hat, liegt weiter im Dunkeln. Er hatte sich selbst schwere Brandverletzungen und Schnittwunden zugezogen.
Doch trotz einer Notoperation noch am Samstagabend verstarb der junge Mann am Sonntag – ohne dass er vorher über seine Beweggründe Auskunft gegeben hätte. «Der Mann war nicht mehr ansprechbar», sagte Polizeisprecher Rezzoli.
Attacke in Zug bei Salez SG
Dies dürfte die Suche nach dem Motiv erschweren. Es werde in alle Richtungen ermittelt, hiess es dazu bei der Polizei. Die Polizei geht davon aus, dass der Mann keine Mittäter hatte: Aufgrund von Videomaterial aus dem Zug gehe man von einem Einzeltäter aus, hiess es.
Kein Terroranschlag
Es gebe bislang auch keine Anzeichen für eine terroristisch oder politisch motivierte Tat. Die Attacke erregte in den Medien international grosses Aufsehen – Spekulationen über einen möglichen Terroranschlag in der Schweiz schossen sofort ins Kraut. Gar bei der Nachrichtenagentur sda gingen Anfragen von internationalen Medien ein so aus Israel für Korrespondentenberichte zum «Terroranschlag» in der Schweiz.
Viele Medien zogen Parallelen zum Anschlag von Würzburg in Deutschland vom 18. Juli. Dort hatte ein 17-jähriger Flüchtling in einem Regionalzug mehrere Menschen mit einer Axt und einem Messer schwer verletzt.
Polizeilich nicht bekannt
Noch am Samstag wurde beim Täter von Salez, der in einem Nachbarkanton von St. Gallen wohnte, eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Der Mann war bei der Kantonspolizei St. Gallen sowie in seinem Wohnkanton kriminalpolizeilich nicht verzeichnet. Auch im Schweizerischen Strafregister bestand kein Eintrag über ihn.
Die Gewalttat von Salez dürfte die Sicherheitsdebatte auch in der Schweiz wieder anheizen. Die Südostbahn, in deren Zug sich der Angriff ereignet hatte, war am Sonntag für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Die SBB teilte auf Anfrage mit, sie beurteile die Sicherheitslage laufend, wolle aber die Untersuchungsergebnisse der Behörden abwarten. Dank «kontinuierlicher Präsenz von Sicherheitskräften» sei das Sicherheitsempfinden der SBB-Kundschaft hoch.
Strafuntersuchung eröffnet
Die Staatsanwaltschaft des Kantons St.Gallen hat eine Strafuntersuchung eröffnet. Ermittelt wird unter anderem wegen schwerer Körperverletzung und Brandstiftung. Der beschädigte Teil des Zuges wurde sichergestellt, hiess es weiter.
Der Sachschaden am Zug beträgt über 100'000 Franken. Der Bahnhof Salez-Sennwald war lange für den Bahnverkehr nur eingeschränkt befahrbar und wurde am Samstag erst gegen 21 Uhr wieder für den Verkehr freigegeben. (kko/fal/sda)
SBB passen Sicherheitsvorkehrungen nicht an
Die SBB wollen die Untersuchungsergebnisse der Behörden abwarten und dann wenn nötig Anpassungen vornehmen. Die SBB beurteilen «laufend und gemeinsam mit den zuständigen Behörden des Bundes und der Kantone die Sicherheitslage», wie ihr Sprecher Christian Ginsig mitteilte. Beispielsweise passte die Bahn ihre Sicherheitsvorkehrungen nach den Anschlägen in Paris innerhalb eines Tages an und stimmte sich mit den betroffenen Stellen ab.
Auf mögliche Veränderungen in der Sicherheitslage - etwa Grossanlässe, Extrazüge, die Lage im Ausland - reagieren die SBB situativ, so Ginsig. Dank «kontinuierlicher Präsenz von Sicherheitskräften» und Präventionsmassnahmen sei das Sicherheitsempfinden der SBB-Kundschaft hoch. Neben der Bahnpolizei patrouillieren auch Mitarbeitende der Firma Securitrans, letztere «lagebedingt» vorwiegend am Abend.
Zugreisende, die etwas Verdächtiges beobachten, sollen sich an das Zugpersonal oder an die Polizei wenden, rät der SBB-Sprecher weiter. Wird jemand Zeuge von Gewalt, sollte die Notrufnummer der Polizei (117) oder jene der Transportpolizei (0800 117 117) gewählt werden. Viele Züge sind ausserdem mit speziellen Notrufknöpfen ausgestattet, über welche die SBB-Transportpolizei direkt kontaktiert werden kann.