Taxi-AppUber-Konkurrent Bolt auch in Zürich: Fallen jetzt die Preise?
Das estnische Unternehmen Bolt expandiert nach Zürich. Schweiz-Länderchef Patrick Frei sagt im 20-Minuten-Interview, was Bolt besser machen will als Uber und ob ein allfälliger Preiskampf auf dem Rücken der Fahrer ausgetragen wird.
Darum gehts
20 Minuten hat mit Bolt-Länderchef Patrick Frei gesprochen.
Ab sofort bietet Bolt auf seiner App einen Fahrvermittlungsservice an.
Was Zürcherinnen und Zürcher von Bolt erwarten dürfen und ob die Fahrer und Fahrerinnen fair kompensiert werden, sagt Frei im Interview.
Erst im Januar hat Patrick Frei sein Fintech-Unternehmen an eine Firma mit Hauptsitz in London verkauft. Nun arbeitet er für das estnische Unternehmen Bolt und ist dafür verantwortlich, dass Zürcherinnen und Zürcher nach E-Scootern und E-Bikes ab sofort auch Fahrten über die App buchen können.
Herr Patrick Frei, das Motto von Bolt lautet: «Make cities for people, not cars.» Und jetzt sorgt euer Angebot dafür, dass noch mehr Autos durch die Strassen kurven.
Nein, unsere Plattform sorgt dafür, dass die bereits bestehenden Fahrzeuge in der Stadt besser genutzt werden. In den Driver-Onboardings haben wir gesehen, dass viele unserer Fahrer schon bestehende Taxifahrer sind oder für unsere Konkurrenz unterwegs sind. Unseretwegen fahren also nicht mehr Fahrzeuge durch die Stadt.
Ihr sperrt euch also nicht dagegen, wenn etwa jemand für Uber und Bolt gleichzeitig fahren will?
Nein, überhaupt nicht, das ist uns sogar recht. Das ist die Unabhängigkeit, die sich die Fahrer wünschen und wir gewährleisten. Dass wir das Quasi-Monopol von Uber aufbrechen, kommt an: Zum Launch am Dienstag sind 400 bis 600 Fahrer am Start. Es ist ein Schneeballeffekt, täglich steigen die Zahlen, jeder will dabei sein.
«Zum Launch bleiben 95 Prozent der Einnahmen im Portemonnaie des Fahrers»
Und was will Bolt besser als Uber oder die etablierten Taxidienste machen?
Mit der Bolt-Plattform haben wir eine hochtechnologische Lösung mit verschiedenen Anpassungen für Zürich entwickelt, mit welchen wir uns stark von der Konkurrenz abheben. Kurz gesagt sind wir effizienter und schaffen so, mit weniger Manpower, mehr Leistung zu bringen.
Wir akzeptieren nur Fahrer auf der Plattform, die alle nötigen Voraussetzungen mitbringen. Wir achten dabei stark darauf, dass die Fahrer gut Deutsch sprechen können.
Und was bedeutet das konkret für den Kunden? Fallen jetzt die Preise?
Aufgrund unseres Effizienzvorsprungs können wir mehr von der Marge zurückgeben und in den Markt reinvestieren. Durch das bieten wir sowohl für die Kundinnen und Kunden als auch für die Drivers attraktivere Konditionen: Der Passagier zahlt weniger und auch der Fahrer kann mehr Geld selbst behalten.
Von welchem Anteil sprechen wir hier?
Wir bieten ein faires Kompensationspaket an. Zum Launch bleiben 95 Prozent der Einnahmen im Portemonnaie des Fahrers, nur fünf Prozent muss er abgeben. Später werden wir ungefähr auf eine Quote von 20 Prozent gehen. Das ist aber immer noch eine deutliche Differenz zur Konkurrenz, wo 25 Prozent und mehr gefordert werden.
«Wenn man zu 100 Prozent nur für uns arbeitet, ist das schlecht»
In Genf musste Uber rückwirkend mehrere Millionen Franken Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Fahrer gelten seither nicht mehr als Selbstständige, sondern als Angestellte. Wie sieht es bei Bolt aus?
Wir sind kein Arbeitgeber, sondern nur eine Fahrvermittlungsplattform. Wir halten uns aber an die geltende Gesetzgebung.
Kann jemand, der nur für Bolt arbeitet, von seinem Lohn leben?
Wenn man zu 100 Prozent nur für uns arbeitet, ist das schlecht. Wir wollen ja, dass die Fahrer unabhängig sein können, möglichst viele Aufträge erhalten und ihre Umsätze entsprechend maximieren können.
Als selbstständige Person sollte man daher auf verschiedenen Plattformen unterwegs sein, um möglichst viel zu verdienen – genau wie ein freischaffender Fotograf etwa auch. Wenn ein Fahrer allerdings die ganze Zeit ausgelastet ist und stets Aufträge erhält, kann er mit einem Brutto-Umsatz von 7000 bis 8000 Franken pro Monat rechnen.
Benutzt du Ridesharing-Apps wie Uber oder Bolt?
Und die Taxifahrer sind jetzt nicht hässig, dass sie noch mehr Konkurrenz kriegen?
Wir haben uns vor unserem Markteintritt extensiv mit allen Interessensgruppen ausgetauscht, unter anderem auch mit Taxifahrern und -unternehmen. Dort war das Feedback durchwegs positiv. Es wurde erkannt, dass wir eine Ergänzung sind und sie nicht vom Markt verdrängen wollen, im Gegenteil. So hat jeder Taxifahrer eine zusätzliche Gelegenheit, etwas zu verdienen.
Wie geht es jetzt weiter? Folgen bald weitere Städte oder ein Delivery-Service in Zürich?
Stand heute fokussieren wir uns auf den Fahrvermittlungsdienst in Zürich. Wenn wir uns hier bewiesen haben, folgen allenfalls weitere Schweizer Städte und die weiteren Verticals von Bolt, beispielsweise Bolt Food oder Bolt Drive.
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