Team Jorge: Israelische Geheimtruppe manipuliert weltweit Wahlen

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Israel«Team Jorge» – die Geheimtruppe manipuliert weltweit Wahlen

Cyberangriffe, Rufschädigungen, Wahlmanipulation: Ein internationales Rechercheteam hat ein Team von israelischen Spezialisten entlarvt, die für viel Geld in politische Prozesse eingreifen – und offenbar beängstigend viel Erfolg haben.

Der Leiter des «Team Jorge» wurde als Tal Hanan entlarvt.
Das Team operiert aus einem Gewerbebau in der Kleinstadt Modi’in heraus.
Desinformation ist eines der zentralen Elemente der Arbeit von «Team Jorge».
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Der Leiter des «Team Jorge» wurde als Tal Hanan entlarvt.

Screenshot Youtube/ The Guardian

Darum gehts

  • Ein Rechercheteam mehrerer Medien aus diversen Ländern hat ein Unternehmen entlarvt, das politische Einflussnahme auf Demokratien anbietet.

  • Das Team aus Israel besteht aus ehemaligen Agenten und Mitgliedern von Spezialeinheiten. Es arbeitet mit Hackern, die Informationen klauen sowie Zehntausenden von Fake-Accounts in Social Media.

  • Mit diesen fragwürdigen Methoden habe man etliche Male Erfolge gehabt.

  • Auftraggeber sind jeweils schwerreiche Politiker oder Unternehmen, die Millionen für die Verfolgung ihrer Ziele ausgeben.

Desinformation, Gerüchte streuen, Politiker unter Druck setzen und das Vertrauen in den Staat untergraben: Dies und mehr bietet ein Team von Spezialisten aus Israel schwerreichen internationalen Kunden an, damit diese ihre Ziele erreichen können. Dabei greifen die Mitglieder des sogenannten «Team Jorge» auf modernste Technologien zurück und verfügen über Legionen von gefälschten Social-Media-Profilen, die sie nach Belieben einsetzen können.

Das Team, das teils aus ehemaligen Militärs und Geheimdienstlern besteht, ist nun von einem Rechercheteam mehrerer internationaler Medien – etwa vom «Spiegel», dem «Guardian», der «Washington Post», «Le Monde», «Haaretz» und weiteren – auch der «Tages-Anzeiger» war an Bord – entlarvt worden. Unter dem Vorwand, der geheimen Truppe einen lukrativen Auftrag zuschanzen zu wollen, veranlasste das Team «Storykillers» ein Treffen mit den Spezialisten. Zwei israelische und ein französischer Reporter, die sich als Auftraggeber ausgaben, konnten so mehrere Stunden Videomaterial beschaffen, das einen Blick in die Arbeitsweise des «Team Jorge» erlaubt.

Team Jorge hat 27 Mal erfolgreich manipuliert

Im Lauf der Gespräche zwischen den Manipulations-Spezialisten – deren Chef «Jorge» angeblich ein israelischer Geschäftsmann und Ex-Militär namens Tal Hanan ist – und den Journalisten entstand ein Bild, das auf erschreckende Weise diverse Methoden zur politischen Einflussnahme zeigt. Darunter sind etwa Fake-News-Kampagnen, Hackerangriffe, gezielte Schmutzkampagnen und das Verbreiten gestohlener Daten – dies alles mit dem Ziel, eine Wahl zu verschieben oder das Vertrauen der Bevölkerung zu untergraben.

Bisher, so der Chef des «Team Jorge» im Gespräch mit den angeblichen Kunden, habe man 33 Mal in nationale Wahlkämpfe eingegriffen – etwa in Nigeria und Kenia – und dabei 27 Mal Erfolg gehabt. Auch in Griechenland, Bosnien, Indonesien und der Ukraine sei man zeitweise präsent, erklärte Hanan den «Interessenten». 

30’000 Fake-Accounts auf Social Media

Für seine Einsätze habe das Team eine eigene Plattform namens Aims entwickelt, mit der es verifizierte Nutzerkonten schaffen könne. So verfüge es über ein Heer von 30’000 Fake-Konten auf Social Media, die etwa dabei helfen können, Zweifel an der Integrität einer Person zu streuen. Und auch vor dem Datenklau, also etwa Mailverkehr oder Bilder abzugreifen, schrecken die Experten nicht zurück. Mithilfe von Schmutzkampagnen und gestohlenen Informationen könne so die öffentliche Meinung gezielt beeinflusst werden. Als Beweis zeigte der Chef des Teams den Undercover-Journalisten, wie er sich live in den Mail-Account eines afrikanischen Politikers einschaltete. Aus diesem sowie dem Telegram-Account des Mannes könne er beliebig Nachrichten verschicken.

Die Werkzeuge des «Team Jorge» für sich arbeiten zu lassen, hat seinen Preis. Zwischen 400’000 und 600’000 Dollar im Monat kosten die Dienstleistungen. Ein Grosseinsatz am Wahltag in einem afrikanischen Land komme auf gut sechs Millionen Dollar zu stehen, eine ganze Präsidentschaftskampagne kann auch mal 15 Millionen kosten.

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(trx)

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