Thanksgiving erobert die Schweiz: Ein Experte erklärt, wieso

Thanksgiving etabliert sich in der Schweiz. Man feiert es am 4. Donnerstag im November.
Beim Friendsgiving feiert man mit Freunden.
Unterschiedliche Familienmodelle machen Friendsgiving immer beliebter.
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Thanksgiving etabliert sich in der Schweiz. Man feiert es am 4. Donnerstag im November.

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Mehrere GründeThanksgiving erobert die Schweiz: «Kein Kommerz, ein Bedürfnis»

Immer mehr Menschen in der Schweiz feiern das US-Fest Thanksgiving. Ein Kulturwissenschaftler erklärt, was dahinter steckt.

Schweizer und Schweizerinnen feiern zunehmend Thanksgiving und Friendsgiving, auch diese Woche. Wie kommt es, dass sich das traditionelle Fest auch in der Schweiz etabliert? «Die US-amerikanische Populärkultur und Hollywoodfilme sind prägend», erklärt PD Dr. Konrad Kuhn, Kulturwissenschaftler an der Universität Basel. Aber nicht nur das.

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Thanksgiving zu feiern, wird immer beliebter. Vier junge Frauen erzählen, wofür sie das US-amerikanische Fest hierzulande schätzen.

«Im Bereich Brauchtum und Tradition gehen wir davon aus, alles sei festgefahren. Dabei sind Traditionen sehr dynamisch», so Kuhn. Durch den Konsum von Serien, aber auch Nachrichten werden wir offener: «Der US-amerikanische Präsident begnadigt einen Truthahn – das kriegen wir mit und lassen uns beeinflussen.»

Was ist Thanksgiving?

Interessant findet der Experte, dass Thanksgiving ein traditionelles Familienfest abbildet, während sich unser Bild des Konzepts Familie stark verändert: «Bräuche wie dieser dienen dazu, die Familie immer wieder herzustellen – wir kennen das vom Weihnachtsfest.» Statt Mutter, Vater, Kind, gebe es heute aber viele Modelle: «Patchworkfamilien oder queere Familien, die sich nicht über christliche Familienmodelle definieren.»

Feierst du Thanksgiving oder Friendsgiving?

Aufwand und hohe Kosten

Vor allem Friendsgiving halte Kuhn als Kulturwissenschaftler für eine spannende Bewegung: «Es gibt scheinbar den Bedarf nach Familie, aber wir finden mit Friendsgiving einen etwas anderen Weg.» Die Funktion des Festes sei das Zusammenkommen und das gemeinsame Essen. Und sich zu zeigen, dass man sich gegenseitig wichtig ist – ein starkes Bedürfnis.

«Dass Friendsgiving nun auch in der Schweiz gefeiert wird, ist für mich der Beweis, dass Traditionen die Bedürfnisse der Menschen abbilden», so Kuhn. «Wir haben das Bedürfnis, zusammen zu sein. Wir machen das, weil wir es wirklich wollen. Solch ein Fest ist schliesslich mit viel Aufwand und hohen Kosten verbunden.» Kein Wunder, dass sich beim Friendsgiving der Potluck-Style etabliert hat: Hier bringen alle Gäste Speisen mit.

PD Dr. Konrad Kuhn, Kulturwissenschaftler der Universität Basel.

PD Dr. Konrad Kuhn, Kulturwissenschaftler der Universität Basel.

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«Frauensache? Heute nicht mehr»

Auch für den Potluck-Style hat Kuhn eine Erklärung: Beim klassischen Weihnachts- oder Thanksgiving-Fest habe bislang die Mutter in der Küche gestanden, für alle gekocht und den Tisch dekoriert: «Das war früher alles Frauensache – heute ist das nicht mehr die Realität.»

Ein Thanksgiving-Fest ist mit viel Aufwand und hohen Kosten verbunden.
«In vielen Haushalten hängt nicht mehr alles an der Frau», so der Experte.
Heute helfen alle mit grosse Feste vorzubereiten.
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Ein Thanksgiving-Fest ist mit viel Aufwand und hohen Kosten verbunden.

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Ob Thanksgiving in der Schweiz am Ende so populär wird wie Halloween? Laut Experte gut möglich: «Man kann schon sagen: ‹Alles nur Kommerz›, aber ich als Kulturwissenschaftler sage: Das ist ein Bedürfnis.» Es sei zudem ein einfacher Brauch, findet Kuhn. «Man muss nicht in einem bestimmten Verein sein oder ein Instrument beherrschen – alle können mitmachen.»

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