«Thiels Polemik zielt auf die Muslime»

Aktualisiert

Patrick Frey«Thiels Polemik zielt auf die Muslime»

Nach dem Eklat in der Sendung «Schawinski» meldet sich nun Kabarettist Patrick Frey zu Wort. Der 63-Jährige verurteilt das Verhalten von Andreas Thiel.

Yves Schott
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Yves Schott
Die dramatischsten Szenen bei Roger Schawinski: Das Gespräch mit Andreas Thiel artete in persönliche Anfeindungen aus.
Roger Schawinski warf das Buch von Psychologin Catherine Herriger durchs Studio, bezeichnete es als «Schrott».
Der damalige SVP-Parteipräsident Ueli Maurer verliess das Tele-24-Studio, nachdem er von Schawinski als «Parteipräsident von Blochers Gnaden» bezeichnet worden war.
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Die dramatischsten Szenen bei Roger Schawinski: Das Gespräch mit Andreas Thiel artete in persönliche Anfeindungen aus.

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In der Geschichte zwischen Roger Schawinski und Andreas Thiel stellen Sie sich ganz klar hinter Herrn Schawinski. Wieso?

Es geht mir weniger darum, für Roger Schawinski Position zu beziehen. Seine Interview-Technik hat mich auch schon das eine oder andere Mal aufgeregt. Es geht mir um Andreas Thiel und seine klar destruktive Strategie in diesem Gespräch.

In welchem Sinn destruktiv?

Dass Thiel zuerst als embedded Kabarettist in der «Weltwoche» ein zwar leicht bescheuertes, aber bitter ernst gemeintes Pamphlet abliefert, dann aber in der Sendung überhaupt nicht wirklich über seine ultranaive Diffamierung des Korans diskutieren will, sondern eigentlich nur eine einzige Strategie verfolgt: es dem Schawinski mal so richtig zu zeigen. Und es ist klar: So einen Gockelkampf muss man Schawi natürlich nicht zweimal anbieten.

Die meisten Experten sind der Meinung, dass ein solcher Ausraster einem erfahrenen Medienprofi wie Roger Schawinski nicht hätte passieren dürfen.

Hinsichtlich der über 500'000 Clicks, die die Sendung bis jetzt hatte, sollten diese «Experten» vielleicht eher mal kurz applaudieren. Das sind keine Experten, sondern Heuchler. Letztlich warten wir doch alle darauf, dass endlich mal was Reales passiert am Medium Fernsehen, dass sich da einer mal so richtig empört und persönlich wird und von mir aus auch die Fassung verliert. Solche authentischen emotionalen Ausrutscher sind doch das Tollste, was dem Fernsehen passieren kann. Wer sich nicht echauffiert, soll keine Talkshow machen.

Was denken Sie, wieso die meisten Menschen in den Online-Foren sich hinter Thiel stellen?

Der Shitstorm, der über Schawinski hereingebrochen ist, sollte eher Thiel zu denken geben. Nachdem er sich seit längerem schon willig vor den rechtsnationalen Karren der «Weltwoche» spannen lässt, ist er nun zum Hero der Entrechteten geworden, dieser Schnittmenge aus nichtlinken, macht- und kulturfernen Billag-, Schwawinski-, SRF- und Islam-Hassern. Ich wünsche ihm viel Glück in dieser Rolle.

Schawinski hat Thiel in der Sendung als Rassisten bezeichnet. Würden Sie diese Aussage unterstützen?

Ob Thiel ein Rassist ist, weiss ich nicht. Ich glaube, er kokettiert damit, pseudo-dadaistisch. Das Schlimme bei ihm ist, dass er weder nur gegen die gewaltverherrlichenden Stellen im Koran polemisiert, noch gegen die Salafisten, Wahhabiten oder die Gräueltaten der Taliban oder des IS, sondern schlicht gegen den Islam. Thiels Polemik zielt auf die Muslime. Und ja, wenn jemand eine ganze ethnische Gruppe in intellektuelle Geiselhaft nimmt, kann man das getrost Rassismus nennen.

Thiel trat auch bei «Giacobbo/Müller» auf.

Was bei «Giacobbo/Müller» passiert ist, finde ich äusserst fragwürdig. Für einen Satire-Guerillero, den Thiel zu mimen versucht, braucht es ein Mindestmass an Intelligenz, um zu erkennen, wann die Spasslogik aufhört und der bittere Ernst beginnt. Wenn man sich zuerst von der «Weltwoche» hat instrumentalisieren lassen, ist es nichts als zynischer Opportunismus, nachher zu «Giacobbo/Müller» zu gehen und zu sagen: «Hallo Leute, es war alles nur Spass!» Satire darf alles, bla bla. Dass sich Viktor Giacobbo und Mike Müller mit keinem Wort zu der ganzen Sache geäussert haben, finde ich mindestens so problematisch.

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