SRF3 und KlassikTiere hören vor dem Schlachten Musik
Bevor sie getötet werden, bekommen manche Schlachttiere noch ein bisschen SRF3 oder Klassik zu hören. Dadurch sollen sie sich wohler fühlen – das ist laut den Firmen auch für die Qualität des Fleisches gut.
Darum gehts
Dank Musik sollen sich Schlachttiere wohler fühlen.
Bei Coop und Migros hören sie darum SRF3 und Klassik vor dem Tod.
Andere Schlachtbetriebe setzen lieber auf Ruhe.
Noch ein bisschen SRF3 vor dem Tod: Beim Fleischverarbeiter Bell wird für die Tiere vor dem Schlachten Musik abgespielt. Laut CEO Lorenz Wyss ist das am Standort in Oensingen bereits heute so und es soll auch im für 2024 dort geplanten, neuen Rinderschlachthof so sein. Das sagt der Chef der Coop-Tochter im Interview mit der «Handelszeitung».
Die Musik soll zum Tierwohl beitragen, sagt Bell-Sprecher Fabian Vetsch zu 20 Minuten: «In unseren Schlachtbetrieben hat das Tierwohl den höchsten Stellenwert.» Die Licht- und Geräuschkulisse hätten ebenfalls einen Einfluss auf das Wohlbefinden der Tiere – die Radiomusik trage im Schlachthof Oensingen dazu bei.
Das ist der Schlachthof von Bell in Oensingen.
BellDas Wohlbefinden der Tiere sei sowohl aus ethischen als auch aus qualitativen Gründen wichtig, sagt Vetsch weiter. Die Beschallung der Tiere sorgt laut Bell also auch für besseres Fleisch.
Klassische Musik bei Migros
Auch bei der Migros-Tochter Micarna wird den Tieren vor dem Tod Musik abgespielt. Es handle sich um klassische Musik, heisst es auf Anfrage. Zumindest ist das im Schweineschlachthof in Courtepin der Fall. Micarna betreibt lediglich diesen Schlachthof selbst. Weitere Standorte würden in Kooperation mit anderen Firmen betrieben und Micarna entscheide dort nicht über die Musik.
Nicht alle Schweizer Fleischverarbeiter beschallen ihre Tiere vor dem Schlachten. Bei Lucarna Macana etwa ist es umgekehrt: «Uns ist wichtiger, dass die Tiere Ruhe haben», sagt Geschäftsleiter Martin Hollenstein zu 20 Minuten. Man achte darum vor allem darauf, dass die Tiere ruhig abgeladen werden und etwa Türen nicht laut klappern. Hollenstein kann sich aber schon vorstellen, dass Musik für die Tiere wie auch für Mitarbeiter positive Effekte haben könnte.
Rückläufiger Fleischverbrauch
Schweizer Konsumenten haben im Jahr 2019 rund 441’281 Tonnen Fleisch verbraucht. Das sind über 3000 Tonnen weniger als im Vorjahr. 80,8 Prozent des verbrauchten Fleisches stammte aus der Schweiz. Der leicht rückläufige Verbrauch sei auf gesellschaftliche Themen wie den zunehmenden Tierschutzaktivismus und die aktuellen Klimadiskussionen zurückzuführen, schreibt die Branchenorganisation Proviande. Zudem sei es heute einfach, sich fleischlos und trotzdem kulinarisch abwechslungsreich zu ernähren. Die Zahlen für den Fleischverbrauch im Jahr 2020 erscheinen am 24. März.
«Tiere wollen nicht Musik vor ihrem gewaltsamen Tod hören – sie wollen unbeschadet leben.»
Dass sich manche Verarbeiter so sehr ums Tierwohl kümmern, dass sie ihnen sogar Musik abspielen, werten Gegner des Fleischkonsums als Zeichen dafür, dass auch der Fleischindustrie bewusst ist, wie sensibel Tiere sind. Die Massnahme schiesse darum aber am eigentlichen Problem vorbei, findet Laura Lombardini, Geschäftsleiterin der Veganen Gesellschaft Schweiz: «Ob der Bolzenschuss mit Beethoven weniger schmerzt, ist zu bezweifeln.»