Neue PlattformTiktok springt auf den Social-Media-Shopping-Trend auf
Bei einem Live-Event testet Tiktok nächste Woche erstmals eine Shopping-Funktion aus. E-Commerce-Experten erklären, wieso sich das lohnt.
Darum gehts
Instagram bietet schon seit längerer Zeit eine Shopping-Funktion auf der Plattform an, auf welcher kleinere und grössere Unternehmen ihre Waren direkt anpreisen. Nun will auch Tiktok auf den Social-Media-Shopping-Trend aufspringen. Wie BBC berichtet, plant die Kurzvideo-Plattform am kommenden Mittwoch in Grossbritannien erstmals einen Live-Shopping-Event, bei welchem Userinnen und User Produkte direkt über die Plattform kaufen können.
«Das ist ein wirklich bedeutender Moment. E-Commerce ist eine wichtige Chance für Tiktok und wir investieren einiges darin», erklärt Rich Waterworth, Tiktok-General-Manager in der EU und Grossbritannien. Diese Aussage kommt nicht von ungefähr. Tatsächlich ist Online-Shopping auf Social Media zu Zeiten der Pandemie, während welcher viele Geschäfte geschlossen bleiben mussten oder sich die Kundinnen und Kunden weniger häufig in die Läden trauen, drastisch angestiegen. Allein in den USA ist die Anzahl an Social-Media-Käuferinnen und -Käufern um 25 Prozent gestiegen.
«Alle können profitieren»
Darius Zumstein, Dozent für E-Commerce der ZHAW, sieht das Verkaufspotenzial der Social-Media-Plattformen. «Zumindest für alltägliche Gebrauchs- und Konsumgüter wird das funktionieren. Denn Social-Shopping auf Tiktok und Instagram ermöglicht ein nahtloses, schnelles, einfaches, bequemes und benutzerfreundliches Einkaufserlebnis, ohne dass der Käufer für den Kaufabschluss die Plattform verlassen muss.» Aber auch für die Verkäufer lohne sich der Sprung auf Social Media. So zeigte sich in der Social-Commerce-Studie der ZHAW, dass 72 Prozent der Onlinehändler durch Social-Selling über alle Kanäle hinweg mehr verkaufen.
«Davon können alle, sowohl kleine als auch grosse Firmen profitieren, welche einen Tiktok-, Facebook- oder Instagram-Account haben», erklärt Zumstein, wobei Grossunternehmen mit grossen Marketingbudgets nach wie vor im Vorteil seien. Das Interesse bei den Händlern sei aber durchaus vorhanden. «Fast jeder dritte Schweizer Onlinehändler will Social-Selling betreiben. 42 Prozent wollen aber erst noch abwarten.»
Das soziale Modell
Auch E-Commerce-Experte Uwe Leimstoll sieht eine grosse Zukunft für Social Shopping. «Konsumentinnen und Konsumenten nutzen heute die unterschiedlichsten Kanäle und so ist es sinnvoll, auf diesen Kanälen zumindest einen Touch-Point zu haben», erklärt er. Vornehmlich eigne sich diese Art des Verkaufs aber für Impuls- und Spontankäufe. «Konsumentinnen und Konsumenten werden auf Social Media in privaten Situationen zum Beispiel von einem Influencer auf Produkte aufmerksam gemacht, die sie sonst vielleicht gar nicht kaufen würden. Es ist davon auszugehen, dass Live-Shopping-Events ähnliche Absichten verfolgen.»
Für den grossen Handel sehe er dagegen weniger Chancen. «Die Mehrheit der Händler befriedigt eher geplante Bedarfe, man sucht also im Laden oder im Onlineshop nach Produkten, die den eigenen Ansprüchen genügen – zum Beispiel das Möbel, das in die Wohnung passen muss oder der Laptop, der meine Anforderungen erfüllen aber nicht zu teuer sein darf», so Leimstoll.
Über eine vermehrte Vermischung von Werbung und Inhalt macht sich der Experte keine Sorgen: «Die Vermischung von Inhalt und Werbung findet man bereits heute in fast jedem Onlineshop. Die vom Anbieter im Shop veröffentlichte Produktbeschreibung ist in den allermeisten Fällen keine neutrale und oft keine für den Kunden wirklich nützliche Beschreibung.» Daher habe die Bedeutung von «echten» Kundenbewertungen in den vergangenen Jahren stark zugenommen. «Auf Social-Media-Plattformen geht es ja gerade darum, Produkte in einem privaten oder Freizeitkontext – also ausserhalb von eigentlichen Shopping-Kontexten – zu kommunizieren. Die Vermischung von Inhalten, Werbung und konkreten Kaufangeboten ist Teil oder Teilziel des Modells.»