Tödlicher Lachgas-UnfallAMG-Lenker (21) vor Prozess: «Lass die Strassen sprechen»
Der 21-Jährige, der am Steuer sass, als sein Mitfahrer tödlich verunglückte, feiert seinen Lifestyle weiter in den sozialen Medien. Am Mittwoch beginnt der Prozess in Muttenz.
Darum gehts
Ein tödlicher Unfall unter Lachgaseinfluss führt einen 21-Jährigen vor das Strafgericht.
Der Unfallfahrer posiert trotz des Vorfalls weiterhin mit Luxusautos auf Social Media.
Die Anklage lautet auf vorsätzliche Tötung und mehrfachen versuchten Tötung.
Der Prozess beginnt am Mittwoch in Muttenz, mit den Angehörigen des Opfers als Privatkläger.
Einer der Schlüsselmomente des Abends vom 12. November 2021 ist in einem Video festgehalten. Es zeigt den 21-jährigen Beschuldigten in voller Fahrt in seinem 639-PS-Boliden, grölend, aus den Boxen klingt «Nullkommaneun» von SSIO. «V12-Maschinen auf Backsteinen geparkt», heisst es im Lied.
Auch der Mercedes AMG GT 63 des Beschuldigten, in dem sein Mitfahrer tödlich verunfallte, hatte einen V12-Motor. Der 180'000 Franken teure Sportbolide war geleast, der 21-Jährige wurde erst zwei Monate vor dem tödlichen Unfall volljährig. Das Auto hat er von seinem Vater bekommen. Dieser ergriff gegenüber 20 Minuten nach dem Unfall Partei. Auch die Schwester des Angeklagten nahm ihren Bruder in Schutz. Das Auto sei wie ein «Panzer», sagte sie damals.
Danach sieht es im Video nicht aus. Das Bild wackelt im Video, das kurz vor der Kollision entstanden ist und danach auf Snapchat die Runde machte und auch dieser Redaktion vorliegt.
Ein Video aus der Unfallnacht zeigt, wie der Lenker und weitere Insassen während der Fahrt Lachgas konsumierten. Die Aufnahme ist spiegelverkehrt.
PrivatIn diesem Moment soll der Beschuldigte durch eine Bewusstseinstrübung infolge seines Lachgaskonsums bereits kurz die Herrschaft über sein Fahrzeug verloren haben, heisst es in der Anklageschrift der Baselbieter Staatsanwaltschaft. Der Wagen soll dadurch ins Wanken geraten sein. Dies sei von «den Mitfahrenden mit lautem Grölen quittiert worden».
Beschuldigter posiert mit Hochpreis-Autos
Für einen der vier endete die Fahrt tödlich, die anderen drei wurden schwer verletzt. Sie kannten sich von einem Fussballclub. Am Mittwoch steht der Baselbieter vor dem Muttenzer Strafgericht. Als Privatkläger treten seine damaligen Kollegen auf, sowie die Angehörigen des Verstorbenen.
Mehr als drei Jahre nach dem Unfall posiert der Beschuldigte in den sozialen Medien weiterhin mit hochpreisigen Autos wie Lamborghinis und AMGs. Mit teuren Uhren und an Partys. «Big Man», kommentiert jemand zu einem Post vom Januar 2025. Und: «Gratulierereien.» Der Beschuldigte schreibt dazu in der Caption: «Lass die Strassen sprechen.» Viele der Posts sind mittlerweile gelöscht. 20 Minuten liegen Screenshots vor.
In diversen Posts raucht er vor den Autos eine Zigarette – auch unmittelbar nach dem Unfall soll er laut der Anklageschrift geraucht haben. Dies vorschriftswidrig an der «merklich durch Treibstoff und Öl verunreinigten Unfallstelle».
Angeklagt wegen vorsätzlicher Tötung
«Anstatt sich sofort um seine offensichtlich verletzten Mitfahrer zu kümmern und die Polizei zu alarmieren, ergriff der Beschuldigte die Lachgasflasche und warf sie in Richtung Gebüsch», heisst es in der Anklage zum Verhalten des Beschuldigten nach dem Unfall. An diesem scheint man sich in seinem Umfeld zu stören: «Er lebt sein Leben weiter, als wäre nichts passiert», sagt eine Frau im Januar zu 20 Minuten.
Für den 21-Jährigen steht am Mittwoch viel auf dem Spiel. Die Baselbieter Staatsanwaltschaft erhebt Anklage wegen vorsätzlicher Tötung, sowie mehrfacher versuchter vorsätzlicher Tötung. Der Beschuldigte habe es «zumindest billigend» in Kauf genommen, die Kontrolle über sein Fahrzeug zu verlieren und einen Verkehrsunfall mit tödlicher Kollision zu verursachen, heisst es in der Anklage.
Dies «einzig in der Absicht, sich durch den fortgesetzten Konsum von Lachgas und dem erwünschten Lachgasrausch die Zeit zu vertreiben und sich während der Fahrt lustig zu fühlen». Anstatt den Konsum von Lachgas nach dem ersten Kontrollverlust «während des Liedes ‹Nullkommaneun›» einzustellen, «forderte er die Unfallfolgen geradezu heraus», heisst es in der Anklageschrift der Basler Staatsanwaltschaft weiter.
Vier bis fünf Ballone Lachgas in 15 Minuten
Es sind Szenen aus einem «Lachgasrausch», die in der Anklage beschrieben sind. Eine Aneinanderreihung von Fahrlässigkeiten, die der 21-Jährige begangen haben soll. «Chum wänd mer Lachgas go kaufe», soll der Beschuldigte am 12. November zu seinem 18-jährigen Kollegen gesagt haben. Der Weg in den Ü16-Club in Bern sei lang und «es werde sicher lustig».
Für 90 Franken habe dieser in der Basler Buddha Bar im Auftrag des Beschuldigten eine Gasflasche namens «Exotic Whip» erworben. Mit seinen vier Kollegen fährt der Beschuldigte in seinem geleasten Mercedes AMG in Richtung Bern.
Die Gasflasche soll sich dabei zwischen seinen Beinen befunden haben. Vier bis fünf Ballone mit reinem Lachgas soll der 21-Jährige während seiner fünfzehnminütigen Fahrt ab Basel inhaliert haben. Und das, obwohl ihm seine Mitfahrer davon abrieten und ihn warnten.
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