Arbeiter in Kenia optimierten ChatGPT für 2 Dollar pro Stunde

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Künstliche Intelligenz«Traumatisch» – Kenianer mussten für 2 Dollar die Stunde für ChatGPT schuften

Das amerikanische Magazin «Time» hat in einer Recherche die dunkle Kehrseite der gehypten Software aufgedeckt. 

Laut einem Bericht hat das Unternehmen OpenAI ein Unternehmen in San Francisco damit beauftragt, ChatGPT «weniger toxisch» zu machen. 
Arbeiterinnen und Arbeiter in Kenia, Uganda und Indien sollten sexistische, rassistische und gewalttätige Inhalte herausfiltern. Sie berichten von traumatischen Erfahrungen. 
OpenAI befindet sich Berichten zufolge derzeit in Gesprächen mit Investoren, um Mittel im Wert von 29 Milliarden US-Dollar zu beschaffen. Auch Microsoft will sich mit zehn Milliarden US-Dollar beteiligen. 
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Laut einem Bericht hat das Unternehmen OpenAI ein Unternehmen in San Francisco damit beauftragt, ChatGPT «weniger toxisch» zu machen. 

AFP

Darum gehts

  • Eine externe Firma hat für die Künstliche Intelligenz ChatGPT unangemessene Begriffe herausgefiltert.

  • Die Mitarbeitenden berichten von traumatischen Erlebnissen in Zusammenhang mit dieser Arbeit. 

  • Verträge zeigen, dass dem Unternehmen das Sechs- bis Neunfache mehr bezahlt wurde, als die Mitarbeitenden erhielten.  

In seinem Bestreben, ChatGPT «weniger toxisch» zu machen, hat OpenAI gemäss einem neuen Bericht im amerikanischen Newsmagazin «Time» kenianische Arbeitende eingesetzt. Verdient hätten die Arbeiterinnen und Arbeiter dabei weniger als zwei Dollar pro Stunde. Ihre Aufgabe hätte darin bestanden, unangemessene Begriffe herauszufiltern. 

Diese Aussortierung sei für OpenAI wichtig gewesen, denn der Vorgänger GPT 3 habe teils auch gewalttätige, sexistische und rassistische Bemerkungen erstellt. Selbst ein Team von Hunderten von Menschen hätte Jahrzehnte gebraucht, um den enormen Datensatz manuell zu durchsuchen. Um den Schaden einzudämmen, sei der Aufbau eines zusätzlichen KI-gestützten Sicherheitsmechanismus nötig gewesen.

Das Unternehmen bezeichnet sich selbst als «ethisch»

Das von OpenAI beauftragte Unternehmen in Kenia war Sama, ein in San Francisco ansässiges Unternehmen, das Mitarbeiter in Kenia, Uganda und Indien beschäftigt. Diese kennzeichnen Daten für Silicon-Valley-Kunden wie Google, Meta und Microsoft. Sama vermarktet sich laut «Time» selbst als «ethisches KI»-Unternehmen. In einer Erklärung bestätigte ein OpenAI-Sprecher gegenüber dem Magazin, dass Mitarbeitende dieses Unternehmens zu einem Tool beigetragen hätten, das zur Erkennung toxischer Inhalte entwickelt wurde. 

«Unsere Mission ist es, sicherzustellen, dass die gesamte Menschheit von künstlicher allgemeiner Intelligenz profitiert. Wir arbeiten hart daran, sichere und nützliche KI-Systeme zu entwickeln, die Vorurteile und schädliche Inhalte begrenzen», sagte der Sprecher.

Die «Time» konnte verschiedene Verträge einsehen. In einem sei unter anderem vereinbart, dass OpenAI Sama einen Stundensatz von umgerechnet 11,50 Franken für die Arbeit zahlen würde, was zwischen dem Sechs- und Neunfachen des Betrags lag, den Sama-Mitarbeiter im Projekt pro Stunde erhielten. 

Laut drei Sama-Mitarbeitern erhielten die Jüngsten der «Datenbeschrifter» ein Grundgehalt von 21’000 kenianischen Schilling (rund 150 Franken) pro Monat. Aufgrund der expliziten Art ihrer Arbeit hätten sie ausserdem eine monatliche Prämie von rund 65 Franken und eine Provision für die Erfüllung wichtiger Leistungsindikatoren wie Genauigkeit und Geschwindigkeit erhalten.

«Wiederkehrende Visionen»

Die «Time» konnte mit vier Mitarbeitenden von Sama sprechen. Alle hätten beschrieben, dass sie von der Arbeit seelisch gezeichnet waren. Pro Neun-Stunden-Schicht hätten sie zwischen 150 und 250 Textpassagen lesen und beschriften sollen. Diese Snippets seien zwischen 100 bis weit über 1000 Wörter lang gewesen. Zwar hätten sie an Sitzungen mit «Wellness»-Beratern teilnehmen können, allerdings seien diese nicht hilfreich gewesen.

Ein Mitarbeitender erzählt, dass er unter «wiederkehrenden Visionen» gelitten habe, nachdem er eine detaillierte Beschreibung einer sexuellen Handlung, in die auch ein Kind involviert gewesen sei, gelesen hatte. Die «traumatische Natur» der Arbeit habe schliesslich dazu geführt, dass Sama im Februar 2022, acht Monate früher als geplant, seine gesamte Arbeit für OpenAI beendete.

Was ist ChatGPT?

Der intelligente Chatbot und Textgenerator ChatGPT ist seit dem 30. November 2022 für die Öffentlichkeit frei zugänglich und zog innerhalb der ersten fünf Tage eine Million Nutzer an. Als sprachbasierte Anwendung bietet ChatGPT die Möglichkeit zum dialogischen Austausch. Es kann einfache und komplexe Fragen beantworten, Gespräche führen – und ganze IT-Applikationen programmieren.

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