Fashion: Trotz Adidas-Kooperation will dieses Berner Modelabel nichts verkaufen

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FashionTrotz Adidas-Kooperation will dieses Berner Modelabel nichts verkaufen

Das Berner Modelabel NCCFN reflektiert mit seinen Upcycling-Kollektionen die Probleme der Modebranche. Kooperationen mit Adidas und den Young Boys Bern zeigen: Ihr Tun stösst auf Anklang.

Für die Kollektion «We only look expensive, we only look cheap» kooperierte NCCFN mit Rework. Kundinnen und Kunden mussten mit den Verkäufern über den Preis der Kleidung verhandeln.
Das aktuellste NCCFN-Projekt läuft unter dem Namen «No thing is forever». Für dieses kollaborierte das Kollektiv mit den Berner Young Boys.
Designerin Nina Jaun (rechts) hat das Label NCCFN lanciert. Dimitri Reist (links) ist seit drei Jahren an Bord.
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Für die Kollektion «We only look expensive, we only look cheap» kooperierte NCCFN mit Rework. Kundinnen und Kunden mussten mit den Verkäufern über den Preis der Kleidung verhandeln.

NCCFN © 2022

Darum gehts

  • In der Modebranche treffen diverse Schattenseiten der globalisierten Welt aufeinander: Umweltprobleme, mangelnde Arbeitsrechte, Ungleichheiten.

  • «Ich merkte rasch, dass irgendetwas einfach falsch läuft», sagt die Designerin Nina Jaun. Mit der Abschlussarbeit ihres Studiums gründete die Bernerin darum das Modelabel NCCFN.

  • NCCFN richtet sich nicht nach Marktlogiken. Dem Kollektiv aus Künstlern, Handwerkern und Designern geht es nicht darum, Kleidung zu verkaufen, sondern darum, zum Nachdenken anzuregen.

  • Kooperationen mit Adidas und den Young Boys Bern zeigen: Ihr Konzept trifft einen Nerv. Das nächste NCCFN-Projekt startet im April in Appenzell Ausserrhoden.

Wahrscheinlich kennen mehr Leute Nina Jauns Arbeit als ihren Namen: Die Designerin verantwortete etwa die Kostüme im Schweizer Film «Mad Heidi», das Styling bei Musikvideos von Nativ und Lo & Leduc – und sie initiierte das Modelabel NCCFN.

Die erfolgreiche Arbeit der Bernerin kommt nicht von ungefähr. Die heute 33-Jährige ist seit ihrer Jugend in der Modebranche unterwegs: von der Schneiderlehre über den Verkaufsjob bei H&M bis zur Arbeit beim Label Jahnkoy in New York. «Ich merkte rasch, dass irgendetwas einfach falsch läuft», sagt Jaun im Gespräch mit 20 Minuten.

In der Modebranche treffen diverse Schattenseiten der globalisierten Welt aufeinander. Zum Beispiel verantwortet die Modeindustrie gemäss Vereinten Nationen bis zu zehn Prozent der globalen CO2-Emissionen. Gleichzeitig produziert die Branche geschätzte 92 Millionen Tonnen Textilabfälle pro Jahr. Die Textilproduktion hat sich seit dem Jahr 2000 trotzdem verdoppelt – und zwischen 2015 und 2030 sollen die Textilabfälle der Branche um 60 Prozent zunehmen.

Die Produkte sind nicht das Ziel

Für Nina Jaun war klar: Sie möchte die Dinge anders angehen. Die Abschlussarbeit ihres Studiums wurde daher zur Geburtsstunde von NCCFN, dessen Abkürzung für «Nothing Can Come From Nothing» steht. Drei Jahre später blickt das Label unter anderem auf Kooperationen mit Adidas und den Young Boys Bern zurück.

Was macht NCCFN anders? «Zwei Gedanken sind prägend für NCCFN», erklärt Dimitri Reist. Der 36-jährige Grafikdesigner ist seit drei Jahren Mitglied von NCCFN: «Das Kollektiv und der Prozess.» Es sind nicht nur Jaun oder er selbst, die NCCFN ausmachen, sondern eine breite Gruppe aus Gleichgesinnten – von Künstlern über Handwerker bis zu Designern. Der Gedanke, unter dem sie sich zusammenfinden: Sie wollen nicht in erster Linie Produkte auf den Markt bringen, sondern eine Idee verkörpern. Mode ist das Mittel, nicht der Zweck.

Upcycling-Kollektionen zu frei wählbaren Preisen

Für die aktuellste Kollektion verarbeitete NCCFN Restposten des Berner Fussballclubs Young Boys zu Shirts, Shorts oder Röcken. Die Kollektion benannte es mit «No Thing is Forever», keine Sache ist für immer. Das Labelkollektiv erklärt den Namen damit, dass unsere Ressourcen begrenzt sind und dass es an die Freiheit der Veränderung glaubt. Denn: «Veränderung ist die Fähigkeit, etwas zu erhalten.»

Die limitierte Upcycling-Kollektion vertrieb NCCFN zu frei wählbaren Preisen zwischen 20 und 150 Franken. NCCFN spielt gerne mit der Idee von Preisen: Über den Wert der Stücke der Vorgängerkollektion «We only look cheap. We only look expensive» verhandelten die Kundinnen und Kunden direkt mit dem Verkaufspersonal. Dank solchen Spielereien würden Kundinnen und Kunden dazu animiert, über den Wert nachzudenken, den sie einer Ware, ihren Materialien und der Arbeit dahinter zuschreiben.

Ausstellung in Appenzell Ausserrhoden

«Unser Antrieb ist nicht kapitalistischer Natur», sagt Nina Jaun. Und Dimitri Reist ergänzt: «Trotzdem sind wir auch Teil des kapitalistischen Systems Mode und arbeiten ganz bewusst mit globalen Firmen, die die Produktion so wachsen liessen, dass die Branche ignorant gegenüber den Menschen, dem Material und der Natur wurde.» NCCFN sei zwar keine Rebellion, aber ein radikaler Umgang mit der Realität. Reist: «Wir sind ein Rechercheexperiment, in dem die Probleme der Branche reflektiert werden können.» NCCFN will kein Label sein, das auf Nachhaltigkeit setzt, aber trotzdem zum Konsum anregt. Es will den Raum und die Zeit bieten, um über die Realität nachzudenken.

Ab dem 1. April steht das nächste Projekt von NCCFN an: In Teufen in Appenzell Ausserrhoden wird das Kollektiv die Ausstellung «Applied Utopia» eröffnen. Diese soll dazu anregen, über globale Lieferketten und den eigenen Konsum nachzudenken. «Wie können und wollen wir in Zukunft leben, ohne unsere Lebensgrundlage zu zerstören?», heisst es dazu in der Medienmitteilung.

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