Turnfeststimmung im Letzigrund

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Madonna-KonzertTurnfeststimmung im Letzigrund

Wurst, Bier, Oldies und eine ältere Dame in Leggins. Eidgenössisches Turnfest? Nein: Die einstige Queen of Pop spielte in Zürich.

von
Niklaus Riegg

Sie war einst der grösste Popstar des Planeten. Heute schafft es Madonna nicht einmal mehr, das Zürcher Letzigrundstadion zu füllen - im Gegensatz etwa zu Coldplay. Am Abend des 18. Augusts versuchten Händler vor dem Stadion verzweifelt, Tickets an die Frau oder den Mann zu bringen - teilweise für unter 30 Franken. Laut Veranstalter Goodnews wurden rund 40 000 Tickets verkauft, dafür war das Stadion jedoch ziemlich leer.

Der dürftige Publikumsaufmarsch mag auch mit Madonnas letztem, gelinde gesagt desaströsen, Schweizer Konzert vor vier Jahren zusammenhängen. Wohl aber auch mit der Ausstrahlung der mittlerweile 54-Jährigen: War sie jahrzehntelang die coolste Frau im Pop, wirkt sie seit einigen Jahren eher ratlos. Und die über den Grossteil ihrer Karriere bestechende Mischung aus Pop und Provokation wirkte auch am Samstag im Letzigrund eher hilflos als berauschend.

Keine Gefahr mehr

Wo ein Pop-Konzert in seinen besten Momenten aufregend und gefährlich sein sollte, mahnte die Stimmung im Letzigrund eher ans eidgenössische Turnfest: Auch dort tanzen angejahrte Damen in Leggins zu Oldies wie «Papa don't Preach» oder «Like a Virgin», während sich das Publikum an Bier und Wurst gütlich tut.

Zwischenzeitlich versuchte Madonna immerhin etwas Gefahr auf der Bühne verströmen zu lassen. Doch in Zeiten, in denen Pussy Riot für ihren Aufritt in einer Kirche in Lagerhaft gesetzt werden, wirkt ihre Provokation mit kirchlichen Symbolen nur noch seltsam hohl (Den Russinnen widmete sie den Song «Turn up the Radio», deren Bandnamen hatte sie sich auf den Oberarm geschrieben und skandierte ihn diverse Male während der Show).

Und das Posieren mit Knarren sollte sie den Gangsterrappern überlassen - die wenigstens teilweise damit umgehen können. Oder wenigstens der Sängerin M.I.A - von deren Coolness Madonna dank einer Zusammenarbeit zu profitieren hoffte -, die damit auch eine Botschaft verknüpft. Bei der einstigen Queen of Pop wirkten die ganzen aufgesetzten Provokationen, Erschiessungen, Kirchenanspielungen, Travestietänze und das Zeigen ihres nackten Pos hingegen nur noch wie ein zweitklassiger Klamauk.

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Die Ratlosigkeit von Madonna zeigte sich auch darin, dass sie «Born this Way» von ihrer Nachfolgerin Lady Gaga coverte - wohl im Wissen, seit Jahren keinen ebenbürtigen Song veröffentlicht zu haben.

Was bleibt nach der gut zweistündigen Show im Letzigrund? Die Hoffnung, dass sich das Pop-Chamäleon doch noch einmal neu erfindet. Und wieder aufregend wird. Damit würden die Jahre um 2010 als Madonnas schwache Phase in die Geschichte eingehen. Auf eine solche hat schliesslich jede Ikone ein Anrecht.

Madonna: «Like a Prayer» im Letzigrund

(Quelle: YouTube/Alpinerbergen)

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