Kritik an WissenschaftlernUeli Maurer bezeichnet Taskforce als Besserwisser
Bundesrat Ueli Maurer wirft den Experten in der Corona-Krise Kurzsichtigkeit vor. Sie sähen nur die Gesundheit. Eine SP-Nationalrätin verurteilt die Aussagen.
Bundesrat Ueli Maurer ist mit dem Vorgehen der Experten nicht einverstanden. Unten rechts zu sehen ist die Moderatorin der Online-Fragerunde «SVP bi de Lüt».
Facebook / SVP SchweizDarum gehts
Die Experten in der Corona-Krise moralisierten und wüssten alles besser, behauptet Bundesrat Ueli Maurer (SVP).
SP-Nationalrätin Flavia Wasserfallen lässt die Kritik nicht zu: «Wir kommen in dieser Krise nicht weiter, wenn wir mit dem Finger aufeinander zeigen. Wir schaffen das nur gemeinsam.»
Die wissenschaftliche Taskforce des Bundes ist im Kampf gegen das Coronavirus an vorderster Front dabei. Regelmässig informiert sie die Bevölkerung und hält sie dazu an, sich an die Regeln zu halten. Auch sieht sie sich als warnende Stimme. Für Bundesrat Ueli Maurers (SVP) Geschmack scheint die Taskforce aber zu weit zu gehen.
Durchblicken liess er dies, als er am Dienstagabend im Format «SVP bi de Lüt» online den Mitgliedern seiner Partei Red und Antwort stand. Er sprach von Experten, die den Bundesrat eine halbe Stunde nach dessen Auftritt «schon wieder» kritisierten. «Ihr seid auch die, die moralisieren und alles besser wissen», fuhr er adressiert an die Experten fort (siehe Video oben).
«Sehen nur gerade ihre Gesundheit»
Sie müssten zwar Experten sein, räumte Maurer ein. «Aber sie sehen nur gerade ihre Gesundheit.» Seine Aussage untermalte er mit einer Geste der Engstirnigkeit. Dabei müssten sie noch die Wirtschaft und die Gesellschaft sehen. «Die Kinder müssen in die Schule. Wir müssen leben, wir müssen Geld verdienen können, einkaufen können.» Ein pragmatischer Weg in der Mitte fehle etwas.
Seinen Antworten vorausgegangen war die Frage, warum die SVP keine Corona-Oppositionspolitik mache. Einleitend in seiner Antwort bezeichnete der Finanzminister Corona als ein schwieriges Thema. «Wir stellen jetzt ja fest, dass wir sehr viele Ansteckungen haben und dass Leute Angst haben.» Die hohen Ansteckungszahlen müsse man herunterbringen. Schliesslich wolle man keinen Haufen Kranke und Infizierte.
«Was ich manchmal auch bezweifle und kritisiere, sind diese Expertengläubigkeit und der absolute Glaube, dass alles richtig ist, was uns gesagt wird», so Maurer. Das dürfe man ja nicht laut sagen. «Ich glaube, wir müssen solche Sachen wirklich diskutieren.»
«Me darf nüm säge, was me dänkt!»
Auf den Beitrag haben über 200 User mit Kommentaren reagiert. Viele bedanken sich für Maurers «klare Worte». «Zuerst mal Chapeau an Ueli Maurer, seine Worte – me darf nüm säge, was me dänkt!», schreibt ein User etwa.
SP-Nationalrätin Flavia Wasserfallen hält Maurers Kritik für bedenklich: «Wir kommen nicht durch diese Krise, wenn wir einen Keil zwischen Wissenschaft und Politik treiben. Wir schaffen das nur gemeinsam.» Auch lässt sie den Vorwurf von engstirnigen Experten nicht gelten. «Die Taskforce besteht aus Mitgliedern mit verschiedenen Blickwinkeln, dazu gehören auch Stimmen aus der Ökonomie.» In dieser Krise gebe es keinen Konflikt zwischen Gesundheitsschutz und Wirtschaft. «Eine funktionierende Wirtschaft ist nur mit gesunden Menschen möglich.»
Auch bei anderen Politikern dürfte Maurers Attacke auf die Experten schlecht ankommen. Kürzlich forderten etwa die Nationalrätinnen Yvonne Feri (SP) und Sibel Arslan (Grüne) mehr Gehör für die Wissenschaft. Zur Kritik von Ueli Maurer wollten auf Anfrage weder die Taskforce des Bundes noch das Eidgenössische Departement des Innern Stellung nehmen.
Keine Covid-App und Fail mit Maske
In der Corona-Krise sorgte SVP-Bundesrat Ueli Maurer immer wieder für Schlagzeilen. «Ich chume nöd drus mit dem Zügs», sagte er im Juli in der Sendung «Samstagsrundschau» von Radio SRF in Bezug auf die Swiss-Covid-App. Deshalb habe er sie nicht installiert. Im September machte er mit einem Masken-Lapsus von sich reden. Anlässlich des Treffens mit Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz trug Maurer die Maske nicht nur zu weit oben, sondern auch gleich noch verkehrt herum.
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