Nur noch jeder zehnte Europäer glaubt an einen Sieg der Ukraine

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UmfrageNur noch jeder zehnte Europäer glaubt an einen Sieg der Ukraine

Menschen aus zwölf europäischen Ländern wurden zum Krieg und zur Ukraine-Unterstützung befragt – mit teils optimistischen, teils ernüchternden Resultaten.

Nach zwei Jahren Krieg ... 
... glauben in Europa nur noch zehn Prozent an einen Sieg der Ukraine (im Bild: Fürstenfeldbruck, Süddeutschland, 28. Juli 2023). 
In fünf EU-Ländern wird die Forderung nach einer Einigung mit Kiew befürwortet: Ungarn, Griechenland, Italien, Rumänien, Österreich (im Bild: Rom, 24. August 2023).
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Nach zwei Jahren Krieg ... 

AFP

Darum gehts

  • Eine Umfrage zum Krieg in der Ukraine wurde in zwölf Ländern durchgeführt.

  • Es zeigte sich: Russlands Krieg wird jetzt als ein europäischer Krieg angesehen, für den die Europäer verantwortlich sind.

  • Es herrscht Pessimismus betreffend eines ukrainischen Sieges vor.

  • Der «Trump-Effekt» auf die Weltpolitik ist bereits im Gange.

  • «Um weiter überzeugende Argumente für die Unterstützung der Ukraine vorzubringen», raten die Studienautoren den Verantwortlichen der EU: «Sie müssen ihren Grundtenor ändern, damit sie der skeptischen Öffentlichkeit nicht unrealistisch erscheinen.»

In Europa wachsen Pessimismus und Sorge wegen des Kriegsausgangs in der Ukraine. Das zeigt eine neue Umfrage des «European Council on Foreign Relations».

Ziel war, die aktuelle Meinungslage zur Ukraine zu verstehen und «eine Strategie zu erarbeiten, wie die EU-Führung die europäische Unterstützung für Kiew in einem schwierigeren Umfeld am besten begründen kann».

Befragt wurden Menschen in zwölf EU-Mitgliedstaaten: Deutschland, Frankreich, Griechenland, Italien, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Spanien und Ungarn. Das meinen sie zum Ukraine-Krieg:

  • Nur noch zehn Prozent der Befragten glauben an einen Sieg der Ukraine. Doppelt so viele (20%) sehen einen russischen Sieg voraus.

  • Das schwindende Vertrauen in die ukrainischen Kriegsanstrengungen zeigt sich in ganz Europa. Selbst in den optimistischsten der befragten Mitgliedstaaten (Polen, Schweden, Portugal) glaubt weniger als jeder Fünfte (17%) noch an einen Sieg Kiews.

  • In Europa besteht dennoch ein breiter Rückhalt für die Ukraine, wenngleich in einigen Ländern die Mehrheit Kiew zur Annahme einer Einigung drängen würde.

  • In drei Ländern spricht sich die Mehrheit dafür aus, die Ukraine bei der Rückeroberung ihres Staatsgebiets zu unterstützen: Schweden (50%), Portugal (48%), Polen (47%).

  • In fünf Ländern wird die Forderung nach einer Einigung mit Kiew befürwortet: Ungarn (64%), Griechenland (59%), Italien (52%), Rumänien (50%) und Österreich (49%).

  • In anderen Ländern ist die Öffentlichkeit gespalten: Frankreich (35% Gegenwehr vs. 30% Verhandlungslösung), Niederlande (34% vs. 37%), Spanien (35% vs. 33%) und Deutschland (32% vs. 41%).

Die Autoren der Umfrage halten fest: Nach zwei Jahren Ukraine-Krieg sind die Menschen in Europa nicht in «Heldenstimmung» oder optimistisch, was den Ausgang angeht. Dennoch sei ihre Einsatzbereitschaft, einen russischen Sieg zu verhindern, ungebrochen.

Untermauert wird dies durch die in der Öffentlichkeit vertretene Position, wonach die EU ihren Rückhalt für Kiew auch im Falle eines amerikanischen Rückzugs mindestens beibehalten sollte.

  • 43 Prozent der Europäer denken, dass eine Trump-Präsidentschaft einen ukrainischen Sieg unwahrscheinlicher machen wird. Nur neun Prozent äussern sich gegenteilig.

  • 41 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass die EU ihre Unterstützung für die Ukraine verstärken oder im aktuellen Umfang beibehalten sollte, falls die USA unter Trump ihre Hilfen einstellen.

  • Ein Drittel der Befragten (33%) zieht es dagegen vor, wenn die EU den USA bei der Reduzierung der Hilfsleistungen folgen würde.

«Unsere Umfrage zeigt, dass die meisten Europäer unbedingt einen russischen Sieg abwenden wollen. Allerdings glauben sie nicht daran, dass die Ukraine in der Lage sein wird, ihr gesamtes Staatsgebiet zurückzugewinnen», so Co-Autor und ECFR-Gründungsdirektor Mark Leonard.

Ob mit oder ohne USA – soll Europa die Ukraine im Krieg weiter unterstützen?

Argumente für skeptische Öffentlichkeit

«Um weiterhin überzeugende Argumente für die Unterstützung der Ukraine vorzubringen, müssen die Verantwortlichen in der EU ihren Grundtenor ändern, damit sie der skeptischen Öffentlichkeit nicht unrealistisch erscheinen.»

Das überzeugendste Argument für die skeptische Öffentlichkeit sei, dass eine militärische Unterstützung der Ukraine zu einem dauerhaften, ausgehandelten Frieden zugunsten Kiews und nicht zu einem Sieg Putins führen könnte.

Europas Rechte wollen keinen Trump-Sieg

56 Prozent der Befragten in der ECFR-Umfrage wären «ziemlich enttäuscht» oder «sehr enttäuscht», sollte Donald Trump in den USA als Präsident wiedergewählt werden – nur in Ungarn geben 27 Prozent an, darüber «erfreut» zu sein (gegen 31% «enttäuscht»). Eine hoffnungsvolle Mehrheit auf einen Trump-Sieg findet sich – in allen befragten Ländern – lediglich unter den Anhängern der ungarischen Fidesz-Partei.

Von anderen rechtsgerichteten Gruppierungen, die einst mit dem ehemaligen US-Präsidenten sympathisierten, wäre nur noch etwa ein Drittel der Anhänger der deutschen AfD, der österreichischen FPÖ oder der italienischen Fratelli d'Italia «erfreut» über Trumps Rückkehr. Bei den Unterstützern der französischen «Rassemblement National» (RN) und der polnischen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) ist die Tendenz noch schwächer.

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