Bisphenol AUmstrittener Weichmacher in Bio-Lebensmitteln
Verblüffendes Resultat: Nach fünf Tagen Biokost hatten die vermeintlich gesund ernährten Probanden bis zu hundertfach höhere BPA-Werte im Urin als der Durchschnitt der Bevölkerung.

In Bio-Gewürzen wie gemahlenem Zimt und Cayenne-Pfeffer fanden die Forscher 700 Nanogramm BPA und im gemahlenen Koriander (Bild) sogar 21'400 Nanogramm pro Gramm.
Bisphenol A (BPA) ist ein Weichmacher für Kunststoffe. Es stört bei Tieren den Hormonhaushalt und fördert beim Menschen wahrscheinlich Übergewicht und Diabetes. Jetzt zeigt eine kleine US-Studie, dass die Chemikalie auch in biologisch erzeugten Milchprodukten, Gemüse und Gewürzen vorkommt.
Die Forscher hatten eigentlich untersucht, ob eine Ernährung mit frisch zubereiteten Bioprodukten die Belastung durch den Weichmacher verringern kann, schreibt der Online-Dienst wissenschaft.de. Nach fünf Tagen Biokost hatten die vermeintlich gesund ernährten Probanden bis zu hundertfach höhere BPA-Werte im Urin als der Durchschnitt der Bevölkerung.
An der Studie nahmen zehn Familien teil. Die eine Hälfte erhielt Tipps, um BPA zu vermeiden, und ernährte sich sonst normal. Die andere Hälfte wurde gebeten, sich mit eigens gelieferten Bio-Lebensmitteln zu versorgen.
Extrem überrascht
Entgegen den Erwartungen waren die BPA-Werte der Bio-Esser um das mehr als 30-Fache angestiegen. Bei den normal essenden Familien blieben die Werte dagegen nahezu gleich, wie die Forschenden im Fachblatt «Journal of Exposure Science and Environmental Epidemiology» berichten.
«Wir waren davon extrem überrascht, wir hatten erwartet, dass die Konzentrationen für die Eltern und Kinder in der Bio-Gruppe deutlich sinken würden», sagt erklärt Erstautorin Sheela Sathyanarayana von der University of Washington.
Koriander hoch belastet
Weitere Analysen enthüllten grosse Mengen Weichmacher in den Bio-Lebensmitteln. In Milchprodukten und Milch fanden die Forschenden bis zu 673 Nanogramm BPA pro Gramm, in Bio-Gewürzen wie gemahlenem Zimt und Cayenne-Pfeffer sogar 700 Nanogramm und im gemahlenen Koriander 21'400 Nanogramm pro Gramm.
Möglicherweise seien bessere und strengere Kontrollen nötig, um diese Belastung zu vermeiden, erklären die Forscher. Da Weichmacher nicht deklariert werden müssten, sei es für Verbraucher kaum möglich, belastete Produkte zu meiden. «Es ist extrem schwer, diesen Chemikalien aus dem Wege zu gehen, selbst wenn man es versucht», sagt Sathyanarayana.
BPA findet sich in Kunststoffen oder Konservendosen. Schon länger ist bekannt, dass es im Körper ähnlich wirkt wie das Geschlechtshormon Östrogen und damit zahlreiche hormonabhängige Prozesse beeinflussen kann. In Studien an Mäusen und Fischen störte BPA die Sexualentwicklung und «verweiblichte» die männlichen Tiere. (whr/sda)
In der Schweiz nicht verboten
Im Februar 2009 hatte das Schweizer Bundesamt für Gesundheit (BAG) die wissenschaftlichen Berichte verschiedener Lebensmittelsicherheitsbehörden ausgewertet und als Ergebnis zusammengefasst, «dass die Einnahme von Bisphenol A durch Lebensmittel kein Risiko für den Konsumenten darstellt. Dies gilt auch für Neugeborene und Säuglinge». Die Behörde argumentierte zu Gunsten von BPA: «Ein Verbot von BPA würde unweigerlich dazu führen, dass die Hersteller von Verpackungen und Bedarfsgegenständen (Produkte für den Lebensmittelkontakt) auf andere Stoffe ausweichen müssten, deren Toxizität weniger gut bekannt ist. Das würde bedeuten, dass ein gut charakterisiertes Risiko durch ein deutlich schlechter einschätzbares Risiko ersetzt würde.» (wikipedia.ch)