Kompostbestattung: Nachhaltige Alternative für Besttatungen

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Ökologisch und sanftNach Erdbestattung und Kremation gibts jetzt auch die Kompostbestattung

Ökologisch und sanft: In den USA ist die Kompostbestattung bereits auf dem Vormarsch. Auch in der Schweiz scheint man offen zu sein für die alternative Bestattungsmethode.

von
Gabriella Alvarez-Hummel
So sieht die Kompostbestattung bei der US-Firma Recompose aus.

So sieht die Kompostbestattung bei der US-Firma Recompose aus.

Recompose

Darum gehts

  • In der Schweiz sind zwei Formen der Bestattung die verbreitetsten: die Erd- und die Feuerbestattung (Kremation). Nun ist eine weitere Methode auf dem Vormarsch: die Kompostbestattung. In den USA wird sie bereits vereinzelt angeboten, in Grossbritannien vielleicht bald.

  • Bei der Kompostbestattung wird der Körper in einem mikrobiologischen Prozess während 30 Tagen in nährstoffreiche Komposterde umgewandelt.

  • Aus ökologischer Sicht wäre die Kompostbestattung eine umweltfreundlichere Alternative zu den herkömmlichen Bestattungsmethoden.

  • In der Stadt Zürich gibt es nun erste Schritte, um die Kompostbestattung einzuführen.

Es war der Tod ihrer Grossmutter, der in Lina Hänni die Frage auslöste: Welche ökologischen Auswirkungen bringt eigentlich das Sterben mit sich? So stiess die ETH-Studentin auf die Kompostbestattung, über die sie 2022 ihre Bachelorarbeit schrieb. Die Bilanz: Die Kompostbestattung hätte nicht nur ökologische, sondern auch gesellschaftliche und emotionale Vorteile.

Lina Hänni, wie muss man sich eine Kompostbestattung konkret vorstellen?

Der Prozess dauert ungefähr 30 Tage und findet in einer Anlage statt. Der Körper wird in eine Art Wanne gelegt. Darin wird mit Pflanzenmaterial, Sauerstoff und Feuchtigkeit ein Milieu generiert, durch das die Mikroorganismen in unserem Körper denselben abbauen – und in Erde umwandeln.

Wie viel ökologischer ist die Kompostbestattung im Vergleich zu bekannten Bestattungsmethoden?

Dazu haben wir nur Zahlen aus den USA, die nicht direkt mit der Schweiz vergleichbar sind. Aber im Vergleich zu einer amerikanischen Kremation und Erdbestattung wird im Durchschnitt eine Tonne CO2 pro bestattete Person eingespart. Ausserdem benötigt die Kompostbestattung nur ein Achtel der Energie.

Wie entsteht diese enorme Einsparung?

Die Kremation benötigt diverse Ressourcen wie Sarg, Inhalt und Urne. Kremationsöfen laufen ununterbrochen, was viel Energie benötigt. Durch das Verbrennen gehen sämtliche Nährstoffe in unserem Körper verloren. Als Nebenprodukt der Kremation bleibt zudem giftige Filterasche zurück, die als Sondermüll in Bergwerken gelagert wird.

Der verstorbene Körper wird in eine Art Wanne gelegt, …
… wo er sich schliesslich etwa 30 Tage lang in einer Art Kapsel selbst zersetzt. 
Übrig bleibt fruchtbare Erde.
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Der verstorbene Körper wird in eine Art Wanne gelegt, …

Getty Images for Recompose

Was ist mit der klassischen Beerdigung?

Es ist ein bestimmtes Milieu nötig, damit sich der Körper bei der Grabruhe komplett zersetzt. Bei der Erdbestattung allerdings wird der Körper in etwa zwei Metern Tiefe vergraben. Aber das Bodenleben ist eigentlich in den obersten 50 Zentimetern am aktivsten. Bei der Kompostbestattung wird der Körper zu Humus, was eine nährstoffreiche Erde ist, die wieder neues Leben nähren kann.

Was passiert mit der Erde?

Die Firma Recompose in den USA arbeitet mit einem Naturschutzprojekt zusammen, das die Erde wieder in den Kreislauf zurückführt. Die Erde ist übrigens komplett unproblematisch, da durch den mikrobiologischen Prozess Pharmazeutika, Pathogene und Schadstoffe eliminiert werden. Sie kann auch auf Friedhöfen eingesetzt werden oder die Angehörigen können sie nach Hause nehmen.

Warum hat man nicht schon früher daran gedacht, tote Körper zu kompostieren?

Bestattungen gehen sehr mit dem Zeitgeist. Vor etwa 100 Jahren wurde die Kremation eingeführt, was ein Prozess war, weil die katholische Kirche sie zunächst ablehnte. Sie entstand aus dem Hygienekult: Die Städte wurden grösser und man benötigte eine hygienische, sichere Methode, um Menschen zu bestatten. Dadurch, dass nun Umweltthemen wichtiger werden, ist es an der Zeit, ökologische Bestattungsmethoden zu finden.

Für Ihre Bachelorarbeit haben Sie mit unterschiedlichsten Menschen über die Kompostbestattung gesprochen. Wie war deren Reaktion? Oder anders gefragt: Ist die Schweiz bereit für die Kompostbestattung?

Alle waren auf unterschiedliche Weise sehr berührt. Die Kompostbestattung hat diverse Vorteile: einerseits ökologische. Andererseits ist es eine sanfte Art der Bestattung. Ein anderer Punkt ist, dass es etwa 30 Tage dauert, bis die Umsetzung abgeschlossen ist. Das ist ein neues Zeitfenster, das aufgeht. Die Hinterbliebenen haben Zeit zu verstehen, dass der verstorbene Körper bald nicht mehr da ist. Ich glaube, es gibt ein Potenzial, auch für uns als Gesellschaft: uns wieder mit dem Tod auf eine positive Art auseinanderzusetzen.

Sie haben auch mit Verantwortlichen der Stadt Zürich gesprochen.

Das Bestattungswesen in Zürich ist sehr offen und interessiert an nachhaltigen Lösungen. Wir sind im Gespräch, wie wir die Kompostbestattung einführen und anbieten könnten. Grundsätzlich bräuchte es zunächst eine gesetzliche Änderung.

Schauen wir in die Zukunft: Werden wir dann bald alle kompostiert?

Es geht mir nicht darum, die anderen Methoden abzuschaffen, sondern darum, das Bestattungsangebot zu erweitern. Und abgesehen davon: Es gibt viele direkte und indirekte Faktoren, die eine Bestattung ökologischer machen können. Wurden die Blumen von weit her eingeflogen? Kommt der Grabstein aus China? Und das Holz, aus dem der Sarg gemacht ist? 

Was hältst du von einer Kompostbestattung?

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