«Rassistisches Wandbild»Aktivisten bedanken sich bei Berner Wandbild-Übermalern
In der Primarschule Wylergut in Bern hat eine Gruppe Unbekannter ein altes Wandalphabet übermalt. Sie fordern damit die Entfernung des Werkes. Organisatoren der «Black Lives Matter»-Demo bedanken sich für die Tat.
Darum gehts
- Ein Wandalphabet mit drei stereotyp dargestellten Menschen in einer Berner Schule, sorgt seit längerem immer wieder für Wirbel
- Nun wurden Teile des Bildes mit schwarzer Farbe übermalen
- In einem Bekennerschreiben legen die Täter ihre Gründe dafür dar
- Die Organisatoren der «Black Lives Matter»-Demo in Bern bedanken sich für die Aktion
Unbekannte haben Teile eines Wandbildes in einem Berner Schulhaus mit schwarzer Farbe übermalt. Das Wandbild der Künstler Eugen Jordi (1894-1983) und Emil Zbinden (1908-1991) prangt seit 1949 im Schulhaus Wylergut. Es zeigt ein Alphabet, das die Buchstabenfolge mit Tierbildern, einzelnen Pflanzen und Artefakten, aber auch mit drei stereotyp dargestellten Menschen aus Afrika (Buchstabe N), Asien (Buchstabe C) und Amerika (Buchstabe I) illustriert. Das Sgraffito ist denkmalpflegerisch als «erhaltenswert» eingestuft.
«Der Akt geschah am Montagnachmittag während den regulären Öffnungszeiten der Schule, wurde jedoch von niemanden aktiv bemerkt», sagt Schulleiter Jürg Lädrach zu 20 Minuten. Die Schule habe den Vorfall der Stadt gemeldet. Unbekannte hätten die drei Buchstaben N, I und C mit schwarzer Farbe übermalt.
Bekennerschreiben aufgetaucht
Die Täter melden sich in einem Bekennerschreiben zu Wort, das der «Bund» am Dienstag publik machte und auch der Nachrichtenagentur Keystone-sda vorliegt. Mit dem Bild würden «drei Menschen stereotypisiert, rassistisch und fremdbezeichnend dargestellt». Die Gruppe kritisiert damit den «heuchlerischen» Umgang der Stadt Bern mit dem Kulturerbe aus der Kolonialzeit. Sie stört sich daran, dass die Stadt Bern das Wandbild nicht «wegmacht».
Schulleiter Lädrach versteht die Kritik teilweise: «Die Zuordnung der Bilder und Buchstaben ist teilweise problematisch.» Im Schulhaus Wylergut, wo das Bild seit mehreren Jahrzehnten hinge, hätte man aber in den Jahren einen Weg gefunden, mit dem Wandbild umzugehen: «Wir haben jeweils sehr viel mit den Schülerinnen und Schülern über das Bild gesprochen und die einhergehende Problematik von verschiedenen Seiten beleuchtet.»
Stadt suchte Lösungsweg
Die Stadt Bern hatte im Herbst 2019 einen Ideenwettbewerb lanciert, die das Kulturerbe aus der Kolonialzeit «kritisch und zeitgemäss» einordnen solle. Das Siegerprojekt sollte dieses Jahr realisiert werden. «Mit dem Akt, der nun verübt wurde, ist die Zielsetzung des Projekts teilweise torpertidert worden», so Lädrach. Das empfindet der Schulleiter als Schade – er hielt viel von diesem Weg: «Das Team, das sich damit auseinandersetzte war ausgewogen aufgestellt.» So sei die Kunst-Seite, welche das Bild als erhaltenswert einstufe, genauso vertreten, wie der Bereich Antirassimus, welcher findet, dass das Bild entfernt werden müsse.
Die bekennenden Täter wussten von diesem Wettbewerb. In ihren Augen war dies jedoch eine «Schein-Auseinandersetzung» mit der «rassistischen und kolonialen Vergangenheit der Schweiz». Historische Relikte und Denkmalschutz würden höher gewertet als «institutionelle und alltägliche Rassismen», heisst es im Bekennerschreiben dazu.
BLM-Aktivisten bedanken sich
Bei den Berner Organisatoren der «Black Live Matter»-Demo, welche am Samstag auf dem Bundesplatz stattfand und mehrere Tausend Demonstranten anzog, kommt die Aktion gut an: «Wir möchten uns bei denjenigen bedanken, die die Übermalung tätigten», teilen die Organisatoren 20 Minuten über ihren Insta-Account Black Panther Party Reloaded mit. Sie seien erfreut darüber, wie sich das kollektive Bewusstsein der Schweiz entwickle: «Menschen beginnen zu hinterfragen, Menschen beginnen zu handeln».