«Unhaltbar»«Schäme mich für Italien»: Italo-Schweizer verzweifeln an Chaos-Beamten
Italo-Schweizer beklagen sich über unhaltbare Zustände in den italienischen Konsulaten in der Schweiz. Man warte Monate, um lediglich einen Termin zu vereinbaren.
Darum gehts
Die italienischen Konsulate in der Schweiz sind ein Graus für Italo-Schweizer.
Will man Pässe erneuern oder beantragen, wartet man Monate für einen Termin.
Die italienische Konsulin in Basel erklärt, warum derzeit solch chaotische Zustände herrschen.
Eigentlich sollten die italienischen Konsulate in der Schweiz für die über 650'000 Italiener und Italo-Schweizer, die hier leben, eine Hilfe sein: etwa, wenn es darum geht, neue Pässe zu beantragen, offizielle Formulare auszufüllen oder die ID zu verlängern.
Tatsächlich herrschen in der italienischen Diaspora aber vor allem Ärger, Unverständnis und Verzweiflung: «Ich bin zwar stolze Italienerin, wenn das aber so weitergeht, werde ich meine italienische Staatsbürgerschaft abgeben», sagt die 47-jährige Italo-Schweizerin Morena Rodriguez aus dem aargauischen Riniken. Man brauche bereits Geduld, einen Mitarbeiter telefonisch für eine Terminvereinbarung zu erreichen. «Zig Male habe ich es probiert, erst nach einem Monat ging überhaupt jemand ran. Es ist absurd. Jedes Mal, wenn ich meinen italienischen Pass beim Konsulat in Basel erneuern will, wird mir übel.»
«Ich schäme mich als Italienerin»
Versuche man es dann über den Online-Weg, verzweifle man völlig, wie eine weitere Schweiz-Italienerin, Alexandra N. aus Bergdietikon AG, erzählt: «Seit zwei Monaten versuche ich, für meine zwei Kinder Pässe zu beantragen. Täglich gehe ich ins Onlineportal, um einen Termin-Slot zu kriegen, erfolglos.» Bereits vor Jahren versuchte die 36-jährige Doppelbürgerin, die Dokumente zu beantragen. Irgendwann hätte sie damals aber die Geduld verloren und gab ihr Vorhaben auf: «Ich schäme mich als Italienerin. Das sind doch keine Zustände.»
Auch anderen Schweiz-italienischen Doppelbürgerinnen und Doppelbürgern geht es so: «Will man einen Termin im Online-Tool ergattern, muss man kurz nach Mitternacht rein, wenn die neuen Termine freigeschaltet werden, sonst hat man keine Chance», erzählt einer. Eine weitere 20-Minuten-Leserin sagt: «Einen Termin beim Konsulat zu bekommen, ist jeweils Arbeit für mehrere Tage: Jeden Tag sperre ich mir eine halbe Stunde, um zu versuchen, durch die Warteschleife zu kommen.»
Google-Bewertung von 1,7 Sternen
Die Unzufriedenheit der Kunden zeigt sich auch in den Google-Rezensionen. Im Vergleich zum spanischen (3,7), dem serbischen (3,1) oder dem französischen (3,5) schneidet das italienische Konsulat in Basel mit einer Bewertung von gerade einmal 1,7 von fünf möglichen Sternen miserabel ab.
In Zürich befindet sich ein weiteres italienisches Konsulat. Auch dort sind die Kunden gemessen an der Bewertung von 2,7 Sternen kaum zufriedener. In den Rezensionen ist der Tenor der gleiche: «Ich habe ein halbes Jahr auf einen Termin gewartet. Ich glaube, für das Konsulat ist der beste Kunde derjenige, der nicht auftaucht.» Ein weiterer Google-User fragt hämisch: «Muss ich wirklich nach Italien reisen, um meine ID zu erneuern?»
Wie empfindest du die Zustände in den italienischen Konsulaten in der Schweiz?
«Situation ist nicht perfekt»
Wie die italienische Konsulin von Basel, Benedetta Romagnoli, gegenüber 20 Minuten einräumt, sei die Situation derzeit «nicht perfekt». Den Unmut ihrer italienischen Landsleute und die miserablen Google-Rezensionen könne sie nachvollziehen. Allerdings habe dies auch seine Gründe: «Bei uns sind derzeit 13 Mitarbeitende beschäftigt, die allein in unserem Einzugsgebiet von fünf Kantonen über 100’000 italienische Auslandschweizer betreuen müssen.»
«Konnten Wartezeit von neun auf fünf Monate reduzieren»
Seitdem Romagnoli vor sieben Monaten in Basel das Amt als Konsulin übernommen habe, habe sich die Situation bereits merklich verbessert: «Die Einrichtung eines Online-Terminbuchungssystems vor einem halben Jahr hat wesentlich dazu beigetragen. Wir konnten damit die durchschnittliche Wartezeit der Kunden von noch neun Monaten im Jahr 2022 auf fünf Monate im 2023 reduzieren.» Im letzten Jahr sei ausserdem die Zahl der monatlich vom Konsulat ausgestellten Pässe um 32,3 Prozent gestiegen.
Mit der Einführung der Online-Buchung habe sich laut Romagnoli auch in den anderen Konsulaten in Zürich, Bern, Genf und Lugano das Serviceangebot trotz Personalabbau wesentlich verbessert: «In letzter Zeit erhalten wir immer häufiger positive Rückmeldungen unserer Landsleute. Wir sind zuversichtlich, dass sich die eingeleiteten Veränderungen weiterhin positiv auf das Image der italienischen Konsulate in der Schweiz auswirken.»
Keine News mehr verpassen
Mit dem täglichen Update bleibst du über deine Lieblingsthemen informiert und verpasst keine News über das aktuelle Weltgeschehen mehr.
Erhalte das Wichtigste kurz und knapp täglich direkt in dein Postfach.