Unklare RechtslageSo nutzen Dating-Apps die Scham der Singles für Abo-Fallen
Die Suche nach der grossen Liebe kann bei Dating-Apps richtig teuer werden. Statt eines Halbjahresabos zahlt Peter plötzlich 838 Franken für ein weiteres Jahr.
Dating-Apps: Darum gehts
Dating-Apps wie Parship und Elitepartner haben strikte Kündigungsfristen.
Viele Nutzer zahlen hohe Beträge, weil sie die Kündigungsfrist übersehen oder keine Erinnerung erhalten.
Die Scham, Hilfe zu suchen, hält viele davon ab, rechtliche Schritte einzuleiten.
Für Singles stehen zahlreiche Dating-Apps zur Auswahl. Doch viele der Partnerbörsen sind Abo-Fallen. Parship und Elitepartner verlängern das Abo automatisch, ohne klare Vorabinformation, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet.
Der 71-jährige Peter buchte ein sechsmonatiges Abo bei Parship und wollte es zweieinhalb Monate vor Ablauf wieder kündigen. Doch die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Darauf verweise das Unternehmen aber erst gegen Ende der Anmeldungsbestätigungs-Mail. Eine Erinnerung vor Ablauf der Kündigungsfrist habe er nicht erhalten.
838 Franken fürs Jahresabo
Darauf stellte ihm Parship 838 Franken für ein zusätzliches Jahresabo in Rechnung. Nachdem Peter Mahnungen erhalten hatte, überwies er auf Anraten seines Rechtsschutzes die Hälfte des geforderten Betrags und reichte nochmals die Kündigung ein.

Parship wirbt mit der grossen Liebe, doch wer die automatische Aboverlängerung nicht bezahlt, hat das Inkassobüro am Hals.
IMAGO/DepositphotosDoch die Partnervermittlungsagentur liess nicht locker, schickte weitere Zahlungsaufforderungen und beauftragte das Inkassobüro. Um Ruhe zu haben, bezahlte Peter schliesslich den Gesamtbetrag und sogar den vom Inkassobüro geforderten Verzugsschaden. Dabei ist der Verzugsschaden laut Konsumentenschutz in den meisten Fällen ungerechtfertigt hoch.
Tausende Fälle pro Jahr
In dem Bericht kommen weitere Betroffene zu Wort. Christian Jenny, Leiter Rechtsdienst der Reklamationszentrale Schweiz, geht von mehreren Tausend Fällen pro Jahr in der Schweiz aus. Denn so viele würden nach dem Thema googeln und auf der Seite seines Konsumentenschutzportals landen.
Das Unternehmen nutze die unklare Rechtslage in der Schweiz aus. Bei Partnervermittlungsbörsen müsste laut Jenny der Partnerschaftsvermittlungsvertrag des Schweizer Obligationenrechts (Art. 406a.) zum Tragen kommen. Das bedeutet, dass sich die Verträge nicht automatisch verlängern können und Kündigungen jederzeit möglich sind.

Dreimonatige Kündigungsfrist bei Parship: Ist es planbar, zu welchem Zeitpunkt man sich verliebt?
imago images/Jürgen RitterParship und Elitepartner beziehen sich hingegen auf einen sogenannten Innominatskontrakt. Dieser ist bei Fitnesscentern gebräuchlich und nicht im Gesetz geregelt. Die automatische Verlängerung ist daher Auslegungssache.
Laut Rechtsexperte Jenny bräuchte es einen Entscheid des Bundesgerichts, um Rechtsklarheit zu schaffen. Daran hätten die Dating-App-Betreiber aber kein Interesse.
Viele schämen sich
Ein entscheidender Faktor beim Geschäftsmodell der Apps sei die Scham der Betroffenen, sich bei jemandem Hilfe zu holen. Viele möchten nicht, dass jemand erfahre, dass sie via Onlinedating einen Partner suchten und wegen der Abogebühren belangt würden, und zahlten darum die Rechnungen in der Hoffnung, es höre auf.
Wie stehst du zu automatischen Aboverlängerungen bei Online-Diensten?
Die deutsche PE Digital GmbH ist Betreiberin von Parship und Elitepartner. Sie verweist auf Anfrage der Zeitung auf den Hinweis der Kündigungsfrist in der Bestellbestätigung. Die Rechtslage sei in mehreren Punkten umstritten und bislang nicht geklärt. Parship und Elitepartner betrachteten ihre Tätigkeit nicht als Auftrag zur Partnerschaftsvermittlung gemäss Schweizer Obligationenrecht.
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