GrundwassernutzungUnser Wasserverbrauch verändert die Erdrotation messbar
Die Erdachse verschiebt sich. Wir Menschen sind daran nicht unschuldig. Zumindest ein Teil dieser Polwanderung geht auf unser Konto. Das steckt dahinter.
Darum gehts
Die Menschheit hat in den letzten Jahren so viel Grundwasser abgepumpt, dass sich dadurch die Rotationsachse der Erde verschoben hat.
Das berichtet ein internationales Forschungsteam im Fachjournal «Geophysical Research Letters».
Sie erwarten vorerst keine besonderen Konsequenzen.
Auf lange Sicht könnte das aber anders aussehen.
Die Rede ist von Jahrtausenden oder einem noch längeren Zeitraum.
Die Erdrotation ist nicht absolut gleichmässig. Selbst kleine Veränderungen der Masseverteilung an der Erdoberfläche beeinflussen, wie schnell sich die Erde dreht und wo ihre Rotationsachse verläuft. Sie eiert sozusagen. «Es gibt eine Reihe von Faktoren, die zur Polardrift beitragen, und alle summieren sich», sagt Clark R. Wilson von der University of Texas in Austin. Dazu zählen etwa Erdbeben oder schmelzende Gletscher – aber auch der Grundwasserverbrauch des Menschen, wie der Geologe gemeinsam mit Kollegen im Fachjournal «Geophysical Research Letters» schreibt.
Dass das Fördern von Grundwasser – etwa zur Trinkwassergewinnung, zum Füllen von Stauseen oder für die Landwirtschaft – eine Rolle spielt, war klar. Unklar war bislang aber, wie gross die Auswirkungen sind.
Das haben die Forschenden herausgefunden
Das Team um Studienleiter Ki-Weon Seo von der Seoul National University in Korea konzentrierte sich in seiner Studie auf den Zeitraum zwischen den Jahren 1993 und 2010. In diesen rund zwei Jahrzehnten hat die Menschheit mehr als 2000 Gigatonnen Grundwasser gepumpt. Dadurch habe es eine grosse Gewichtsverlagerung von Wasser gegeben. Diese hat einerseits zu einem Anstieg des Meeresspiegels geführt. Andererseits hat sie dafür gesorgt, dass sich der Rotationspol der Erde – auch geografischer Nordpol genannt (siehe Box) – in den knapp 20 Jahren um etwa 80 Zentimeter in Richtung Osten verschoben hat. Konkret wanderte er durch unsere Grundwassernutzung um 4,36 Zentimeter pro Jahr in Richtung der russischen Arktisinsel Nowaja Semlja.
Wie Wilson auf Newscientist.com sagt, liege dies vor allem an den grossen Grundwasserleitern in mittleren Breiten, die den grössten Einfluss auf die Polardrift haben. Im untersuchten Zeitintervall waren dies hauptsächlich Grundwasserreservoirs im westlichen Nordamerika und im Nordwesten Indiens.
Laut der Studie liefert die Entleerung der unterirdischen Wasserreservoirs im Untersuchungszeitraum den zweitwichtigsten Beitrag zur Verschiebung der Erdachse. Das Einzige, was die Drift stärker beeinflusste als Veränderungen im Grundwasser, war das Schmelzen des grönländischen Eises.
Magnetischer Pol vs. geografischer Pol
Während der geografische Nordpol genau am nördlichen Ende der Erdachse zu finden ist, so ist der magnetische Nordpol dort, wo die Kompassnadel hinzeigt. Doch diese beiden Pole haben nicht die gleichen Koordinaten und befinden sich mehrere Hundert Kilometer weit voneinander entfernt.
Was bedeutet das jetzt?
Zunächst einmal nichts. Die Forschenden erwarten vorerst keine besonderen Konsequenzen in Bezug auf Änderungen der Tageslänge oder der Jahreszeiten. Doch im Laufe von Jahrtausenden oder noch längeren Zeiträumen könnte dies anders aussehen: Wenn sich die Erdachse um mehrere Grad verschiebt, dann könne dies die Erdneigung gegen die Sonne und damit das Klima beeinflussen, heisst es in einer Mitteilung. Aber der Befund verdeutliche, wie viel Wasser die Menschen gepumpt haben, zitiert Newscientist.com den Geophysiker Manoochehr Shirzaei von der Virginia Tech: «Die genaue Zahl spielt keine Rolle», sagt er. Wichtig sei, dass das Volumen «so gigantisch ist, dass es die Polardrift der Erde beeinflussen kann».
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