Lugano-Konferenz: «Demokratische Länder dank Ukraine wieder vereint»

Livetickeraktualisiert am Dienstag, 5. Juli, 2022

Lugano-Konferenz«Demokratische Länder dank Ukraine wieder vereint»

Am Montag und Dienstag fand in Lugano die «Ukraine Recovery Conference». Alle Infos dazu findest du im Ticker.

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Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski wurde per Video zugeschaltet.
Die Konferenz fand am Montag und Dienstag in Lugano statt.
Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen war vor Ort.
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Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski wurde per Video zugeschaltet.

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Dienstag, 05.07.2022

Zusammenfassung

Mit einem Versprechen zur rigorosen Bekämpfung der Korruption ist die erste grosse Ukraine-Wiederaufbaukonferenz in der Schweiz am Dienstag zu Ende gegangen. Die Regierung aus Kiew und Vertreter von Geberländern, internationalen Organisationen und Finanzinstituten einigten sich in der «Erklärung von Lugano» auf sieben Grundprinzipien. Nach Grossbritannien im nächsten Jahr will Berlin die Wiederaufbaukonferenz 2024 ausrichten.

In der Erklärung geht es um die Verpflichtung auf einen demokratischen Prozess, an dem die ganze Gesellschaft teil hat, die Einbindung privater Unternehmen, eine grüne Transformation hin zu einer CO2-freien Gesellschaft, eine digitalisierte Verwaltung und Aufbauprojekte frei von Vetternwirtschaft und Bereicherung. «Der Wiederaufbauprozess muss transparent sein», heisst es darin. «Die Rechtsstaatlichkeit muss systematisch gestärkt und die Korruption ausgemerzt werden.»

«Die Korruptionsbekämpfung ist ein ganz wichtiges Thema», sagte Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) der Deutschen Presse-Agentur in Lugano. Die ukrainische Regierung wolle alles tun, um die Korruption zu bekämpfen. «Deutschland hilft da sehr. Wir haben geholfen, kommunale Strukturen aufzubauen, wo man genau nachvollziehen kann, was mit dem Geld passiert, das dort hingeht.»

Trotz grosser Reformanstrengungen stand die Ukraine vor dem Krieg im Korruptionsindex von Transparency International auf Platz 122 von 180. Die ukrainische Regierung habe bereits digitale Plattformen für Regierungsdienstleistungen aufgebaut, die Korruption unmöglich machen sollen, sagte Regierungschef Denys Schmyhal. Dieser Ausbau gehe weiter. Der per Video zugeschaltete ukrainische Präsident Wolodimir Selenski versprach «maximale Transparenz» bei allen Projekten.

Montag, 04.07.2022

Milliarden für Wiederaufbau

Die ukrainische Regierung will den Wiederaufbau ihres kriegszerstörten Landes zu einem grossen Teil mit russischem Geld finanzieren. Nötig seien nach Schätzungen mindestens 750 Milliarden Dollar, sagte Regierungschef Denys Schmyhal am Montag bei der ersten grossen Wiederaufbau-Konferenz in Lugano in der Schweiz. Der Wiederaufbau sei eine «gemeinsame Aufgabe der zivilisierten Welt», sagte Präsident Wolodimir Selenski per Videoschalte. «Diese Konferenz kann zum ersten grossen Schritt für den historischen Sieg der demokratischen Welt werden», meinte er.

Herangezogen werden sollten die rund 300 bis 500 Milliarden Dollar Vermögenswerte des russischen Staates und von Oligarchen, die weltweit eingefroren seien, sagte Schmyhal. Sein Land habe schon Infrastruktur im Wert von 100 Milliarden Dollar verloren. Juristen betonen dagegen, wie schwierig es sei, eingefrorene Vermögenswerte zu konfiszieren und auszugeben. Nötig wären unter Umständen Urteile vor internationalen Gerichten. Oligarchen müsste eine direkte Verantwortung für Beiträge zum Kriegsgeschehen nachgewiesen werden.

Ursula von der Leyen

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hielt ebenfalls eine Rede. Sie bedankte sich bei Cassis und Selenski für die Organisation der Konferenz. «Ukraine will Teil der EU werden. Die Ukraine hat viel Arbeit vor sich. Wir werden der Ukraine helfe, sie muss aber die Führung übernehmen», so von der Leyen.

Kulturelles Projekt

Es folgt ein musikalischer Einschub. Denn neben dem Projekt zum Wiederaufbau der Ukraine wurde auch ein kulturelles Projekt für Ukrainerinnen und Ukrainer ins Leben gerufen.

«Wiederaufbau ist ein grosses Projekt»

«Solange der Aggressor darauf hoffen kann, dass die Hoffnung hier stirbt, wird er nicht aufgeben. Die demokratischen Länder sind aber dank der Ukraine wieder vereint und bereit, für ihre Werte einzustehen», sagt Selenski. «Der Wiederaufbau der Ukraine ist ein grosses Projekt. Die Welt wird sehen, dass jeder seine Ziele erreichen kann, um das Land voran zu bringen.» Er lädt alle in die Ukraine ein, um das wundervolle und starke Land zu sehen.

Maximale Sicherheit im Zentrum

Beim Wiederaufbau soll maximale Sicherheit im Zentrum stehen, genau so wie maximaler technologischer Fortschritt. Selenski lädt Investoren aus der ganzen Welt ein, in die Ukraine zu investieren und beim Aufbau und Fortschritt zu helfen. «Wir müssen den Lebensstandart weiterbringen», sagt er.

Selenski bedankt sich

«Der Wiederaufbau wird die demokratischen Länder, die beim Wiederaufbau der Ukraine helfen, zusammenbringen. Wir werden die Resultate von allen sehen», sagt Selenski. Er bedankt sich bei den Regierungen, die die Initiative ergriffen haben.

«Gefühl von Sicherheit zerstören»

«Russland zeigt mit den Angriffen auf Krankenhäuser, dass die Ukraine kein Recht auf medizinische Behandlung hat», sagt Selenski. «Russland will zeigen, dass unsere demokratischen Werte nichts wert sind. Russland zerstört unsere Wohnhäuser. Der Grund dafür ist, dass sie das Gefühl von Sicherheit und Zuhause zerstören wollen.»

Hunderttausende Quadratkilometer wurden laut Selenski zerstört. «Millionen von Menschen wurden verjagt. Wir sehen Kinder, die von einer Zukunft träumten und jetzt traumatisiert sind. Die Kinder wurden von Russland zu Waisen gemacht», sagt Selenski. «Es ist kein lokaler Krieg, den Russland führt, sondern ein Krieg gegen all das, wofür wir stehen.»

«Sie gehen brutal vor»

Selenski sagt, der Krieg von Russland gegen die Ukraine ist nicht nur die Zerstörung des Landes, sondern auch die Destabilisierung der demokratischen Werte in Europa. «Krisen, die durch den Krieg ausgelöst wurden, sind enorm. Aber die grösste Krise ist die brutale Kriegsführung von Russland. Sie zerstören Kindergärten und Schulen. Sie gehen brutal vor», so Selenski.

Rede von Selenski

Cassis übergibt das Wort an den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski. Er befindet sich in Kiew und wird per Video zugeschaltet.

«Erklärung von Lugano»

«Russlands Akt der Aggression hat die Welt zusammengeschweisst. In einem ersten Schritt soll ein Dokument erstellt werden, in dem festgehalten wird, wie die politische Arbeit zum Aufbau der Ukraine aussehen soll», sagt Cassis. «Das Dokument von Lugano ist der erste wichtige Meilenstein», sagt Cassis. Der Wiederaufbau soll zur Heilung für das ukrainische Volk beitragen. Mit der «Erklärung von Lugano» will man der Ukraine helfen und das Land stärken.

Cassis eröffnet Konferenz

Bundespräsident Ignazio Cassis ergreift das Wort. «Die Schweiz und die Ukraine haben hart daran gearbeitet, dass diese Konferenz stattfinden kann. Was alle in diesem Raum verbindet, ist die Fassungslosigkeit und der Schock zu den Zuständen in der Ukraine. Es ist aber nie zu früh, zu planen, was passiert, wenn die Waffen schweigen werden.»

Eröffnungsfeier

Um 13.30 Uhr ist die Eröffnungsfeier geplant. Bundespräsident Ignazio Cassis und der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski werden dabei Ansprachen halten. Selenski wird per Video zugeschaltet.

Sicherheitsmassnahmen

Vor dem Kongresszentrum hat sich die Polizei positioniert.

20min/Matthias Spicher

Ursula von der Leyen eingetroffen

Die Konferenz hat offiziell um 11 Uhr begonnen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist bereits eingetroffen.

AFP

Selenski wird digital zugeschaltet

Ursprünglich sollte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski nach Lugano reisen und an der Seite von Bundespräsident Ignazio Cassis den Vorsitz der Konferenz übernehmen. Wegen des Kriegs in der Ukraine wird Selenski aber nur virtuell an den Beratungen teilnehmen. Er wird in Lugano von Regierungschef Denys Schmyhal vertreten, der unter anderem von Aussenminister Dmytro Kuleba und weiteren Ministern sowie mehreren Abgeordneten begleitet wird.

Konferenz startet am Montag

Am Montag beginnt in Lugano die «Ukraine Recovery Conference». Aus 37 Ländern reisen Delegationen an. Unter anderem haben EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und die Ministerpräsidenten Polens, Tschechiens und Litauens ihre Teilnahme zugesagt. Die Teilnehmenden wollen eine Strategie entwerfen, um die Ukraine nach dem Krieg wieder aufzubauen.

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