USA«Mini-Trump Vance bringt Republikanern kaum zusätzliche Stimmen»
Donald Trump hat J.D. Vance zu seinem Vize-Kandidaten gemacht. Für US-Wahlkampf-Experte Guido Weber eine schwache Wahl, weil dieser ausserhalb der Trump-Basis kaum mobilisieren könne.
Darum gehts
Donald Trump hat J.D. Vance zu seinem Vize-Kandidaten für die Präsidentschaftswahl ernannt.
Für US-Wahlkampf-Experte Guido Weber ist es die falsche Wahl, da Vance ausserhalb der Trump-Basis kaum neue Wähler mobilisieren könne.
Trump hätte besser wahlarithmetische Überlegungen machen sollen: So hätte Nikki Haley bei den Frauen Stimmen holen können, Marco Rubio bei den Hispanics.
J.D. Vance soll Vize-Präsident werden, sollte Donald Trump am 5. November zum Präsidenten der USA gewählt werden. Vance hatte Trump noch vor wenigen Jahren scharf kritisiert, mittlerweile ist er grosser Fan und vertritt sehr ähnliche Positionen. Für US-Wahlkampf-Experte Guido Weber ist die Wahl ein Fehler. Im Interview erklärt er, wieso.
Sie sagen, Vance sei eine «schwache Wahl». Wieso?
Guido Weber: «Wenn man seinen Vize auswählt, überlegt man sich normalerweise, wie viele zusätzlichen Stimmen er einbringt. Bei Biden war das relativ klar: Er ist ein alter weisser Mann und braucht deshalb eine junge farbige Frau als Ergänzung. Doch Vance ist ein Mini-Trump, er bringt den Republikanern kaum zusätzliche Stimmen.»
Was heisst «Mini-Trump»?
«Vance tritt rhetorisch sehr ähnlich auf wie Trump und spricht dieselbe Zielgruppe an. Trump hat sich in der Wahl von seiner Persönlichkeit leiten lassen: Er suchte jemanden aus, der ihn bewundert und ihm zujubelt, ausserdem ist Vance wesentlich jünger. Die Hierarchie ist klar, Vance kann Trump auch nicht gefährlich werden, was die mediale Aufmerksamkeit angeht.»
Was wäre die bessere Wahl gewesen?
«Eine Möglichkeit wäre gewesen, wahlarithmetisch zu überlegen: Wenn Trump etwa weiss, dass er einen südlichen Swing State gewinnen muss, hätte er eine Persönlichkeit von dort ernennen können. Nikki Haley hätte bei den Frauen Stimmen holen können, Marco Rubio bei den Hispanics.»
Vance kommt aus Ohio und entstammt der Arbeiterklasse. Ist das nicht ein Vorteil?
«Seit George W. Bush in Ohio gegen John Kerry gewonnen hat, ist Ohio kein Swing State mehr, sondern republikanisch. Das bringt Trump also nichts. Und dass Trump die weisse Arbeiterklasse für sich gewinnen konnte, ist die Basis seines Erfolgs. Auch dort wird Vance ihm also kaum Stimmen bringen, die er den Demokraten nicht eh schon abgejagt hat.»
War Vance die erwartbare Wahl?
«Kurz nach dem Attentat gab Trump sich versöhnlich und deutete an, dass er in die Breite gehen und andere Wählergruppen ansprechen wolle. Davon ist er offenbar schnell wieder abgekommen. Hätte er das gewollt, hätte er jemand anderes zum Vize-Kandidaten gemacht.»
Entschieden wird die Wahl in den Swing States. Was erwarten Sie dort für einen Wahlkampf?
«In den drei südlichen Swing States Arizona, Nevada und Georgia hat Trump eh schon die besseren Chancen. Wenn er die drei Staaten für sich gewinnen kann, hat er die Wahl trotzdem noch nicht gewonnen, er braucht einen der nördlichen Industrie-Swing-States Wisconsin, Michigan und Pennsylvania. Biden hingegen weiss, dass er die Wahl gewonnen hat, wenn er die drei nördlichen Swing States holt. Ich gehe darum davon aus, dass diese drei Staaten für beide Lager die wichtigsten sein werden und dass der Wahlkampf sich dort konzentrieren wird. Und, immerhin: Vance kommt aus dem Rustbelt, was ein Vorteil sein kann.»
Inwiefern?
«Ohio unterscheidet sich von seiner sozioökonomischen Struktur her nicht sehr stark von Michigan, Pennsylvania oder Wisconsin. Er wird also versuchen, in diesen Staaten mit seiner Herkunft zu punkten und möglichst viele Menschen zu beackern.»
Was können die Demokraten mit der Ernennung von Vance anfangen?
«Es ist noch nicht sehr lange her, dass Vance Trump mit Hitler verglichen und als ungeeignet für den Job als Präsidenten bezeichnet hat. Das werden die Demokraten sicher hervorkramen und diese Videos hochkochen. Aber eben: Bei den allermeisten Menschen sind die Meinungen gemacht. Gegen Hillary Clinton hat Trump mit total 87'000 Stimmen Unterschied die drei nördlichen Swing States gewonnen. Die wenigen unentschlossenen Wähler in diesen drei Staaten werden letztlich darüber entscheiden, wer der nächste Präsident der USA wird.»
Wird J.D. Vance Trump zum Sieg verhelfen?
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