Verhütung der Zukunft?Vaginalgel aus Garnelen und Pilzen soll künftig Spermien stoppen
Verhütungsmittel gibt es einige. Gleichzeitig läuft die Suche nach weiteren, besseren Alternativen auf Hochtouren. Schwedische Forschende berichten nun von einem nicht-hormonellen Kandidaten auf Basis von Garnelen und Pilzen.
Spermien stoppen statt abtöten – das soll das Vaginalgel künftig leisten. In Laborproben macht es bereits jetzt einen deutlichen Unterschied.
20minDarum gehts
Beim Thema Garnelen und Pilze denken wohl die meisten Menschen nur an ein feines Menü. Anders Forschende aus Schweden. Das Team um Biochemikerin Ulrike Schimpf von der Königlichen Technischen Hochschule (KTH) im schwedischen Stockholm denkt noch weiter – an ein neuartiges Vaginalgel, das in Zukunft als Verhütungsmittel zum Einsatz kommen könnte. Dieses enthält den Wirkstoff Chitosan, der aus den Schalen von Garnelen und anderen Krebstieren gewonnen werden kann und auch in Pilzen vorkommt.
Das Chitosan bildet in der Vagina Verbindungen zu Proteinen im Zervixschleim, der natürlich im Gebärmutterhals (Zervix) produziert wird. Dadurch wird der Schleim dicker. Das sorgt dafür, dass Spermien kaum in die Gebärmutter und Eileiter eindringen können, wie Tests mit Schafen zeigten.
Spermien aufhalten statt abtöten
Für ihre im Fachjournal «Science Translational Medicine» erschienene Studie brachten die Forschenden das Chitosan-Verhütungsgel mithilfe einer Spritze in die Nähe des Muttermunds weiblicher Schafe ein. Durch diesen müssen Spermien gelangen, um eine Eizelle zu befruchten. Bei Schafen und Menschen funktioniert dies anatomisch ganz ähnlich. Auf diese Weise führten Schimpf und ihre Kolleginnen und Kollegen eine Stunde später auch die Samenprobe eines Schafbocks ein.
Dann prüften sie, wie weit die Spermien in den folgenden Stunden Richtung Gebärmutter vordrangen. Im Schnitt reduzierte sich die Spermienzahl in der Gebärmutter um 98 Prozent im Vergleich zu der bei unbehandelten Schafen. Nur bei einem Schaf fanden sich lediglich zwei Spermien im Gebärmutterkörper. «Dieser neue Wirkmechanismus hat das Potenzial, sehr effektiv zu sein, da er eine Barriere verstärkt, die bereits im Fortpflanzungstrakt der Frau existiert», so Schimpfs Kollege Thomas Crouzier. Weitere Untersuchungen zeigten, dass die Chitosan-Mixtur die Spermien nicht abtötete, sondern eine physikalische Barriere aufbaute, die die Spermien kaum durchdringen konnten. Hinweise auf Reizungen oder Entzündungen fanden die Forschenden nicht.
In Labortests mit menschlichem Zervixschleim und Spermien zeigte das Chitosan eine ähnliche Wirkung. Es verstärkte die Schleimbarriere schnell, wobei das Eindringen von Spermien bereits nach einer Minute und die vollständige Blockierung von Spermien nach fünf Minuten festgestellt wurde (siehe Video oben).
Verträglicher als andere Verhütungsgele
Dieser Aspekt stellt laut den Forschenden einen Vorteil gegenüber bisher verfügbaren Verhütungsgelen dar. Anders als das von ihnen entwickelte Gel auf Chitosan-Basis, das nur den Zugang zur Gebärmutter behindert, lähmen oder zerstören diese die Spermien. Zudem wirken sie durch Milchsäure auf das Scheidenmilieu ein, was unter Umständen zu Pilzinfektionen und allergischen Reaktionen führen kann. Das Chitosan-Gel scheint verträglicher zu sein.
Ob die Neuentwicklung dereinst alleine angewendet werden kann, ist fraglich. Denn noch ist offen, welchen Pearl-Index (siehe Box) sie haben wird.
Der Pearl-Index
Welchen Pearl-Index und welche Vor- und Nachteile die bisher erhältlichen Verhütungsmethoden haben, erfährst du in der folgenden Bildstrecke. Die Pearl-Index-Werte variieren je nach Quelle und dienen nur als Anhaltspunkt.
Verhütest du?