«Wir sind erschüttert»Mehrfach-Verdacht auf K.o.-Tropfen – Club unterbricht Halloween-Party
In einem Freiburger Lokal meldeten sich mehrere Personen beim Sicherheitsdienst. Die Party wurde unterbrochen, die Gäste gewarnt. Danach wurde weitergetanzt.
Darum gehts
Wegen Verdachts auf K.o.-Tropfen wurde die Halloween-Party im Fri-Son unterbrochen.
Die Veranstaltenden zeigen sich auf Social Media erschüttert.
Mutmassliche Opfer haben sich noch nicht bei der Kapo Freiburg gemeldet.
Bei einer Halloweenparty im Fri-Son wurden am Sonntag mutmasslich mehrere Personen mit K.o.-Tropfen (GHB) betäubt. Das Kulturzentrum postete am Mittwoch eine entsprechende Mitteilung in den sozialen Medien. Auch das Lokal Nouveau Monde schloss sich dem Aufruf an. Freiburg sei von der GHB-Welle der letzten Wochen nicht verschont geblieben, heisst es. «Wir sind erschüttert und wütend, dass dies auch in unseren Kulturhäusern passiert ist.» Das Portal «Frapp» hatte zuerst über den Vorfall berichtet.
Demnach war die Party im Fri-Son unterbrochen worden, nachdem sich Betroffene beim Sicherheitsdienst gemeldet hatten.
«Die Untersuchung läuft»
Auf Anfrage von 20 Minuten bestätigten Fri-Son und Nouveau Monde die Vorfälle. Unklar ist, wie viele Personen betroffen waren. «Es gibt zur Zeit keine genauen Angaben, die wir weiterleiten können. Die Untersuchung läuft», heisst es beim Fri-Son. «Uns liegt keine Information über eine Hospitalisierung vor.» Die Party sei nach der Unterbrechung weitergegangen.
Die mutmassliche Verabreichung von K.o.-Tropfen im Nouveau Monde reiche schon länger zurück. «Ein Zwischenfall geschah vor einigen Wochen», heisst es auf Anfrage von 20 Minuten. «Wir versuchen, so gut wie möglichst Prävention zu betreiben und unseren Besuchenden wie unserem Staff einen Safe-Place zu gewährleisten.»
«Die Kantonspolizei Freiburg ist sich der verschiedenen Nachrichten bewusst, die unter anderem in den sozialen Netzwerken verbreitet werden», sagt die Kapo auf Anfrage. Sie sei jedoch weder über derartige Vorfälle informiert noch nach solchen Sachverhalten gefragt worden. «Bislang hat sich noch kein Opfer bei unseren Diensten gemeldet», heisst es weiter. «Wir fordern alle Opfer solcher Vorfälle auf, Strafanzeige zu erstatten.»
Das sagt der Experte
20 Minuten sprach mit Prof. Dr. Wolfgang Weinmann vom Rechtsmedizinischen Institut der Uni Bern.
War es richtig, die Musik anzuhalten und die Gäste zu warnen?
Ja, das war richtig. Auf diese Weise kann man sich überlegen, ob man sein Getränk weiter trinken oder ausschütten will.
Wie schätzen Sie die Tipps ein, die Fri-Son und Nouveau Monde auf Social Media publizierten?
Diese Tipps hören sich vernünftig an. Ich finde das positiv, dass die beiden Lokale so kommuniziert haben. Wenn man die Tipps einmal gelesen hat, erinnert man sich vielleicht daran, wenn man einmal in der betreffenden Situation ist. Was noch wichtig wäre: eine Anzeige bei der Polizei zu machen.
Hätte die Polizei also alarmiert werden müssen?
Ja, bei einem dringenden Verdacht, dass Personen Substanzen gegen ihren Willen verabreicht bekommen haben, hätte die Polizei alarmiert werden müssen. In solchen Fällen ist es dann auch schon zu Razzien gekommen.
Wie zeigt sich die Wirkung von GHB und wie lange bleibt es nachweisbar?
GHB wirkt anfangs leicht euphorisierend und anregend, ähnlich wie Alkohol. Man wird kontaktfreudiger. Es schwappt dann aber relativ schnell ins Gegenteil um: Man wird müde, orientierungslos, verliert die Koordination und teilweise das Bewusstsein. Zehn bis 15 Minuten nach der Konsumation stellen sich bereits erste Effekte ein. Oft müssen die Opfer erbrechen, was in Verbindung mit einer Bewusstlosigkeit dann lebensgefährlich werden kann. Die Wirkung hört je nach Dosierung nach zwei bis vier Stunden auf, wobei das schwierig zu beurteilen ist, da die Opfer dann aufgrund von Müdigkeit in den frühen Morgenstunden allenfalls weiterschlafen.
Im Blut ist GHB rund sechs Stunden nachweisbar, im Urin bis zu maximal etwa 16 Stunden. Das Problem ist, dass der Körper auch selber GHB produziert. Darum ist es nach einer gewissen Zeit nicht mehr möglich, zu sagen, ob das nachgewiesene GHB körpereigen ist, oder nicht.
Wie verbreitet ist das Verabreichen von sogenannten K.o.-Tropfen in der Schweiz derzeit?
Es kommt in der Region eher wenig vor, rund ein- bis zweimal pro Monat überprüfen wir einen Verdachtsfall. Eine Schwierigkeit ist, dass Menschen stark alkoholisiert nicht unterscheiden können, ob das, was sie spüren von einer ihnen verabreichten Droge oder vom übermässigen Alkoholkonsum stammt. Ausserdem ist der Konsum von Arzneimitteln wie Xanax ebenfalls verbreitet. Xanax und Alkohol zusammen entfalten eine ähnliche Wirkung wie sogenannte K.o.-Tropfen. Das soll aber nicht heissen, dass es das Problem nicht gibt. Gerade weil solche Substanzen im Körper nicht lange nachgewiesen werden können und weil viele Betroffene nicht zur Polizei gehen, ist die Dunkelziffer als hoch einzuschätzen.

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