Eltern-Burnout - Verein will «Oase für ausgelaugte Eltern» schaffen

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Eltern-BurnoutVerein will «Oase für ausgelaugte Eltern» schaffen

Eine Anlaufstelle in Sursee soll bald ausgebrannte Eltern vor dem Burnout bewahren. Eltern verlieren in vielen Situationen den Boden unter den Füssen, so die Initiantin.

In diesem Gebäude in Sursee soll eine Anlaufstelle für ausgebrannte Eltern entstehen.
Initiantin Sévérine Bächtold (2. v. links) und ihr Team wollen mit verschiedenen Angeboten Eltern vor einem Burnout bewahren.
«Es gibt viele Situationen, bei denen Eltern den Boden unter den Füssen verlieren können», sagt Bächtold. Deshalb wolle man Betroffenen verschiedene Angebote unterbreiten: Beispielsweise sportliche und gestalterische Angebote oder auch Unterstützung bei der Vorbereitung einer psychologischen Behandlung.
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In diesem Gebäude in Sursee soll eine Anlaufstelle für ausgebrannte Eltern entstehen.

Hauszeit mit Herz

Darum gehts

  • Die Strapazen des Elterndaseins bringen manche Mütter und Väter zur totalen Erschöpfung.

  • In Sursee soll nun ein Angebot entstehen, das ausgelaugte Eltern vor dem Eltern-Burnout bewahren soll.

«Ich bekam vier Monate nach der Geburt meiner ersten Tochter eine postpartale Depression», sagt Sandra Müller (50). Zuerst haben bei ihr die Glücksgefühle überwogen, doch «irgendwann bemerkte ich, dass der Akku einfach leer war.» Die frisch gewordene Mutter bekam körperliche Symptome: Herzrasen, Schwäche, Appetit- und Schlaflosigkeit.

«Ich dachte mir: ‹Jetzt bist du endlich Mami, sei doch glücklich!› Ich bemerkte zuerst fast nicht, dass ich am Limit bin. Das kam schleichend und ich wollte mir auch nicht eingestehen, dass ich Hilfe brauche.» Als eine befreundete Mutter ihr von ähnlichen Symptomen berichtete, wollte sich Müller Hilfe holen. Ihr Gynäkologe schlug zur Behandlung Beruhigungsmittel vor. «Das war nicht das, was ich gesucht hab. Ich brauchte einfach mehr Unterstützung», sagt sie. Im Haushalt war dies damals nicht einfach. «Mein Mann musste viel arbeiten.»

Oase für ausgelaugte Eltern

Müller ging zur Stillberatung. «Dort bin ich schliesslich zusammengebrochen.» Bei der Stillberatung konnte sie gleich bleiben und erhielt auch psychologische Unterstützung und Medikamente. «Ich war eine Woche im Spital und habe fast nur geschlafen.» Danach holte ihre Mutter sie in ihre Heimat nach Bayern, wo sich Müller von den Strapazen des Elterndaseins erholen konnte. Hätte sie eine Anlaufstelle gekannt, bei der man sich frühzeitig melden kann, wäre sie wohl nicht mit einem Eltern-Burnout im Spital gelandet, sagt sie.

Mit dem Projekt (H)auszeit mit Herz will Initiantin Sévérine Bächtold genau in solchen Fällen Personen vor einem Eltern-Burnout bewahren. «Ich begegnete immer wieder Müttern oder Vätern, bei denen ich merkte: Die müssen einfach mal Pause machen können.» Deshalb will Bächtold mit ihrem Team eine «Oase für ausgelaugte Eltern schaffen, in der diese schnell entlastet werden und sich vorübergehend erholen können.»

Schnelle, unbürokratische Hilfe

«Es gibt viele Situationen, bei denen Eltern den Boden unter den Füssen verlieren können», sagt Bächtold, selbst Mutter von vier Kindern und einem Pflegekind. «Sei es nun eine emotionale Angelegenheit, die Arbeitsbelastung oder auch, wenn ein Kind krank wird. Mama und Papa sind Anker, und wenn diese ins Schwanken kommen, kann es schwierig werden.» Da fehlt laut ihr ein geeignetes Angebot in der Schweiz: Mutter-Kind-Kuren wie in Deutschland, bei denen sich etwa Fachkräfte über einen beschränkten Zeitraum um Betroffene und Kinder kümmern, gebe es bei uns nicht. «Oft kommt bei uns schnell die Psychiatrie ins Spiel oder es gibt Kuren, bei denen Betroffene längere Zeit weg sind.» Wichtig ist laut Bächtold auch, dass die Hürden für Betroffene tief sind und rasche, unbürokratische Hilfe angeboten werden kann.

Ausgebrannten Eltern will Bächtold in Sursee ein Haus zur Erholung anbieten, per Crowdfunding wird derzeit Geld dafür gesammelt. Das Angebot ist dabei flexibel. «Wir haben viele Angebote: Sei es nun, dass jemand nur einfach mal nichts tun möchte und einen Tag Pause machen kann, oder eine Massage oder ein Coaching braucht um sich zu reflektieren und um neue Kräfte zu mobilisieren.» Auch gestalterische oder sportliche Programme will man anbieten. «Wenn jemand merkt, dass künftig eine psychologische Begleitung nötig ist, können wir auch da bei der Vorbereitung helfen», so Bächtold. Für das breite Angebot arbeite man mit verschiedenen Organisationen und Freiwilligen zusammen, die ehrenamtlich arbeiten. Die Kosten für einen Aufenthalt sollen je nach Einkommen der Betroffenen berechnet werden.

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