Wagner-Chef Prigoschin lässt Ex-Häftlinge frei

Aktualisiert

Russland«Vergewaltigt keine Frauen» – Freilassung von Häftlingen verängstigt Bevölkerung

Seit Monaten rekrutieren die russische Armee und die Wagner-Gruppe für den Ukraine-Krieg Häftlinge direkt aus den Gefängnissen. Nun haben die ersten ihre Freiheit wiedererlangt.

In diesem Video spricht Jewgeni Prigoschin zu einer Gruppe Wagner-Söldnern, die zuvor in Russland im Gefängnis sass.

20Min/noh

Darum gehts

  • Nach ihrem Kampfeinsatz in der Ukraine hat eine erste Gruppe russischer Häftlinge ihre Freiheit wiedererlangt.

  • Die Ankündigung stiess in der Bevölkerung auf laute Kritik.

  • Der Rat des Wagner-Chefs Prigoschin, «keine Drogen zu nehmen und keine Frauen zu vergewaltigen», dürfte die Ängste vor den ehemaligen Häftlingen, die nun wieder in die Gesellschaft zurückkehren sollten, zusätzlich verstärken.

Eine erste Gruppe russischer Sträflinge ist dem Chef der Söldnergruppe Wagner zufolge nach dem Kampfeinsatz in der Ukraine begnadigt und freigelassen worden. «Sie haben Ihren Vertrag erfüllt. Sie haben ehrenhaft gearbeitet, mit Würde», sagte Jewgeni Prigoschin in einem am Donnerstag von der russischen Nachrichtenagentur Ria Nowosti verbreiteten Video. Darin ist zu sehen, wie Prigoschin zu einer Gruppe teils verletzter Männer spricht, deren Gesichter verpixelt waren.

Jewgeni Prigoschin gibt Tipps

Die Männer sollten von der Gesellschaft nach dem Abschluss ihres sechsmonatigen Vertrags «mit dem tiefsten Respekt behandelt werden», fordert der Geschäftsmann Prigoschin im Video vor den Männern. «Trinken Sie nicht viel zu viel, nehmen Sie keine Drogen, vergewaltigen Sie keine Frauen, machen Sie keine Dummheiten», sagt der Kreml-Vertraute weiter.

Die Ankündigung wurde von der russischen Bevölkerung sehr negativ aufgefasst, wie ein Blick in die Kommentarspalte der staatlichen russischen Agentur zeigt. «Sollen wir uns freuen? Im Gegenteil, ich bin beunruhigt, denn wer weiss, für welche Verbrechen sie inhaftiert waren. Ich hoffe, es sind keine Banditen, Vergewaltiger und Mörder unter ihnen», schreibt eine Nutzerin.

Grosse Sorge in der Bevölkerung

Diese Hoffnung dürfte deplatziert sein – so sass Jewgeni Nuschin, ein Häftling, der bei seinem Einsatz in ukrainische Kriegsgefangenschaft geriet und nach seiner Rückkehr von Kameraden vor laufender Kamera mit einem Vorschlaghammer erschlagen wurde, etwa wegen Mordes und Körperverletzung im Gefängnis. Ein weiterer kommentiert sarkastisch: «Kriminelle, die jetzt auch über Kampferfahrung verfügen, kehren in die Gesellschaft zurück? Ermutigend.»

Die Kämpfer der Gruppe Wagner stehen in Moskaus Offensive in der Ukraine an vorderster Front, vor allem im Kampf um die Stadt Bachmut, die die russischen Streitkräfte seit dem Sommer erfolglos einzunehmen versuchen. Vor dem Konflikt in der Ukraine waren Wagner-Söldner bereits in Syrien, Libyen, Mali und der Zentralafrikanischen Republik gesichtet worden.

Im September war ein Video aufgetaucht, in dem ein Prigoschin sehr ähnlich sehender, glatzköpfiger Mann Inhaftierten in einem Gefängnishof Verträge für einen Kampfeinsatz in der Ukraine mit abschreckenden Bedingungen anbietet. «Wenn Sie in der Ukraine ankommen und entscheiden, dass es nichts für Sie ist, werden wir das als Fahnenflucht betrachten und Sie erschiessen», sagt er im Video und führt fort: «Noch Fragen, Jungs?»

Wagner-Söldnern ist Kapitulation verboten

Auch befiehlt der Glatzköpfige den Männern, sich nicht zu ergeben, und erklärt, für den Fall einer Gefangennahme hätten sie Granaten dabei: «Wenn Sie sterben, wird Ihr Leichnam an den Ort rückgeführt, den Sie auf das Formular geschrieben haben.»

Es war nicht möglich zu verifizieren, ob es sich bei dem Mann im Video um Prigoschin handelt. Sein Unternehmen Concord bestritt dies aber zumindest nicht. Der Konzern zitierte ihn mit den Worten: «Wenn ich ein Häftling wäre, würde ich natürlich davon träumen, dieser freundlichen Gruppe beizutreten, um meine Schuld gegenüber dem Vaterland nicht nur zu tilgen, sondern sie mit Zins zurückzuzahlen.» 

Keine News mehr verpassen

Mit dem täglichen Update bleibst du über deine Lieblingsthemen informiert und verpasst keine News über das aktuelle Weltgeschehen mehr.
Erhalte das Wichtigste kurz und knapp täglich direkt in dein Postfach.

(AFP/bho)

Deine Meinung zählt

21 Kommentare
Kommentarfunktion geschlossen